Kategorie: "Geschichte des Nationalsozialismus"
Deckname Annelies: Helene Jäger als Illegale
Januar 9th, 2017Einen lebendigen, wenn auch nicht unbedingt objektiven Eindruck über die illegalen Aktivitäten des BDM und auch von Helene Jäger erhält man in dem nach dem Anschluss erschienen Erlebnisbericht der Gebietsmädelführerin von Österreich, Herta Weber-Stumfohl: „Ostmarkmädel: ein Erlebnisbuch aus den Anfangsjahren und der illegalen Kampfzeit des BDM in der Ostmark“.
Weber-Stumfohl hat Anfang der 30er Jahre eine Mädelgruppe in Hietzing geleitet und könnte dort Helene Naber-Binder, spätere Helene Jäger, kennengelernt haben. In der als Tagebuch aufgebauten Veröffentlichung notiert sie unter „28. November 1936, In Berlin“:
„Nebenbei führe ich einen brieflichen Kampf, um mir eine Führerin für Niederösterreich zu holen. Helli-Naber-Binder musste mit ihren Eltern im Vorjahr flüchten und sitzt jetzt in Königsberg und arbeitet am Obergau. Sie ist mit ihren neunzehn Jahren ungewöhnlich energisch, selbständig und klug, und ich halte sie für geeignet, aus Niederösterreich, das gleichsam leblos und stumpf dahinbrütet, wieder regsame, kampfesfrohe und lebendige Mädel herauszufinden.“ (S. 132)
Die Angaben zum Aufenthalt Helenes stimmen mit den uns aus dem Anmeldebogen für den Beitritt zur NSDAP bekannten überein.
Am „31. Januar 1937“ kann Stumfohl berichten:
„In Mauer bei Wien habe ich die Niederösterreichischen Führerinnen zusammengeholt, um ihnen ihre neu ernannte illegale Untergauführerin zu bringen. Helli Naber-Binder ist also endlich, sogar mit Zustimmung der Eltern, nach Österreich zurückgekommen. Als ‚Annelies‘ stelle ich sie der Führerinnenschaft Niederösterreichs vor. Ich glaube fest daran, dass nun ein Arbeitsabschnitt voll Schwung und Erfolg für diesen Untergau beginnen wird.“ (S. 147)
Der Tarnname „Annelies“ kommt nicht von ungefähr, heißt Helene doch mit ihren weiteren Namen „Anna Lisa“. Stumfohl bleibt in ihren weiteren Erwähnungen überaus begeistert von Helene, immer wieder hebt sie ihren besonderen Einsatz hervor:
„11. bis 12. August 1937, Lager in Niederösterreich
[…]Bei den organisatorischen Besprechungen kann ich mich selbst davon überzeugen, dass Annelies ihren großen Untergau schon regelrecht ‚durchgeackert‘ hat. Zu Fuß und zu Rad – dann oft fünfzig bis sechzig Kilometer im Tag, hat sie es zuwege gebracht, ganz Niederösterreich zu durchfahren. Dabei ist sie immer die fröhlichste unter ihren Mädeln.“ (180f.)
Ausschnitt aus "Ostmarkmädel", S. 145
Im September 1937 ist Helene Jäger mit dabei beim Reichsparteitag in Nürnberg und wird dort wie alle Gauleiterinnen dem Führer persönlich vorgestellt (S. 193). Sie gehörte also in dieser Zeit sicher zum inneren Kreis des illegalen österreichischen Nationalsozialismus.
Helene Jäger, Obergauführerin
Januar 7th, 2017Der erste Hinweis, dass Frau Jäger nicht nur die Gattin eines hohen NSDAP-Funktionärs war, sondern selbst aktive Nationalsozialistin, kam bereits aus dem Familienbuch des Standesamtes Weissenkirchen, wo sie als "BDM-Führerin Helene Anna Lisa Naber" eingetragen ist.
In den Zeitungen der Zeit erscheint als Gauführerin von Niederdonau aber nicht Helene Naber, sondern eine Helli Naber-Binder. Zur weiteren Verwirrung trägt bei, dass in "Totale Erziehung für den totalen Krieg: Hitlerjugend und nationalsozialistische Jugendpolitik" von Michael Buddrus auf Seite 1191 folgende fehlerhafte und irreführende Kurzbiographie angeführt wird:
"NABER-BINDER, HILDEGARD
geb. am 7.4.1887 in Brünn; [...] im damaligen HJ -Obergebiet Österreich 3/1938 zur Untergauführerin befördert; 4/1939 zur Gf. befördert und zur kommissarischen Führerin des BDM-Obergaues Niederdonau in Wien ernannt; 12/1940 als Führerin des Obergaus entlastet und ehrenvoll aus dem BDM entlassen."
Erst der Gang zum Archiv der Republik und die Einsicht in die sogenannten Gauakten brachte die Aufklärung. Das Konvolut zu Helene Jäger beinhaltet neben vielem anderen auch ein Dokument des Reichskarteiamtes vom 14. Dezember 1944, in dem bestätigt wird, dass der Name der unter NSDAP-Mitgliedsnummer 6193140 geführten Parteigenossin von Naber-Binder Helli, geb. 28.6.1917, auf Helene Jäger abgeändert und berichtigt wurde.
Es ist festzustellen, dass Helene Jäger wohl nie amtlich Helli Naber-Binder geheißen hat. Es ist so, dass sich ihre Mutter Helene, geb. Schnabl, von Anton Naber scheiden ließ und später wahrscheinlich nach einer neuerlichen Ehe den Namen Binder führte, die Tochter ohne amtliche Bestätigung sich dann Naber-Binder nannte und ihren Rufnamen Helli in Parteiangelegenheiten verwendete.
Ein Beispiel ist dafür der "Personal-Fragebogen" zur Aufnahme in die NSDAP, den sie nach Anschluss Österreichs am 28. Mai 1938 in St. Pölten ausfüllte:
Familienname: Naber-Binder
Vorname: Helli
Geburtstag: 28.6.17 Geburtsort: Wien
Verheiratet: nein
...
Beruf: Führerin d. Obgaues 28
Welche Stellung bisher bekleidet? Untergauführerin
Schulen, Lehrgang, Studium: 7 Kl. Realgymnasium, dann Ausschluss aus der Schule wegen n.s. Betätigung
Ausschluss wegen nationalsozialistischer Betätigung? Ja, Helene Jäger ist keine Mitläuferin gewesen, sie war eine äußerst aktive und idealistische junge Führerin, schon lange vor dem Anschluss und zu einer Zeit, wo sie für ihre illegale Betätigung enorme negative Konsequenzen in Kauf nahm.
Im angeführte Personalbogen stehen erste Auskünfte:
Bei welcher Gliederung [...] machten Sie Dienst:
B.D.M.
Welche Funktionen haben Sie in der illegalen Zeit ausgeübt?
1933 Eintritt, 1934 selbst Scharf[ührerin], 1935 Gruppenf. Jänner 37 - März 38 Untergauführerin
Sind Sie wegen illegaler nationalsozialistischer Betätigung bestraft worden?
Ja
Welche Strafen habenSie erlitten:
2 Wochen Kommissariat Schmelz, 1 Woche Polizeigefangenenhaus Elisabethpromenade
Mussten Sie wegen Ihrer illegalen Tätigkeit ins Altreich flüchten?
ja
Genaue Gründe:
Durch die illegale Betätigung meiner Eltern
Wann erfolgte die Flucht:
Juli 1935
Wo hatten Sie Ihren Aufenthaltsort:
Königsberg i.Pr.
Wo und als was waren Sie tätig:
Als Mitarbeiterin im Obergau Ostland, Abt. G.A. [Gesundheitabteilung]
[...]
Angaben des Antragstellers über sonstige Tätigkeit für die NSDAP:
Durch die illegale Betätigung meiner Eltern musste ich mit ihnen im Juli 1935 ins Altreich flüchten, kehrte aber im Jänner 1937 wieder nach Österreich zurück, und führte ab dann den Untergau N.Ö.
Von Okt. 35 - April 36 war ich im Frauenarbeitsdienst, im Arbeitslager Kempten i. Allgäu. (Arbeitsdienstzeugnis Nr. 1997)
Nach Bestätigung ihrer Angaben durch die zuständige Stelle des HJ-Obergebietes Österreich und einer Befürwortung durch den Speisinger Ortsgruppenleiter wurde Helli Naber-Binder in die NSDAP aufgenommen.
Als Abschluss dieses Beitrages möchte ich gerne noch ein erstes Bild unserer Gauleiterin bieten, nachdem die Identität von Helene Jäger mit Helli Naber-Binder feststeht:
Quelle: Kleine Volks-Zeitung, 26. November 1938, S. 8
Roman Jäger - vermisst, für tot erklärt.
Januar 6th, 2017Roman Jäger war schon von Juli 1939 bis November 1940 im aktiven Wehrdienst und dabei im Feldzug gegen Frankreich von 13.10.39 bis 7.9.40 eingesetzt gewesen. Ab November 1940 bekam er eine sogenannte UK-Stellung als hauptamtlicher politischer Leiter bewilligt, welche aber im Frühling 1944 aufgehoben wurde, sodass er sich am 12. April desselben Jahres wieder als Leutnant der Reserve bei der Division Nr. 177 in der Wiener Metternichgasse zum Kriegsdienst melden musste.
Über das Grenadier-Ersatz- und Ausbildungs-Bataillon 1/134 in Brünn kam er an die Ostfront, die bereits von der Roten Armee bis an die Ostgrenze der Slowakei zurückgedrängt worden war. Zuletzt war Jäger mit Feldpostnummer 24522 beim Grenadier Regiment 946, das wiederum zur 357. Infanterie-Division gehörte.
Im Zuge der äußerst schweren Abwehrkämpfe am Dukla-Pass (Ost-Beskiden) wurde Roman Jäger ab 22. September vermisst, eine entsprechende Meldung des Kommandanten Oberst Heino Freiherr von Künsberg stammt vom 1.11.1944.
Am 3. September 1954 beantragt Helene Jäger "als Ehefrau zum Zwecke der Wiederverehelichung die Einleitung des Verfahrens zur Todeserklärung" beim Bezirksgericht Bad Ischl. Dabei gibt sie an, dass die letzte Nachricht von ihrem Mann vom 19. September 1944 stamme, diese aber nicht mehr auffindbar sei.
Das Verfahren wird nach Wien verlagert, da der letzte Wohnort des Vermissten im ersten Wiener Gemeindebezirk, Spiegelgasse 13, gewesen ist.
Im April 1955 erklärt das Landesgericht für ZRS Wien mit Aktenzahl 48T1374/54 - 16 Dr. Roman Jäger für tot. Das Todesdatum wird mit 22. September 1944 festgesetzt, rechtskräftig wird der Beschluss mit 16. Juni 1955.
Zur Frage, ob Jäger vielleicht das Schlachtgetümmel nutzte, um unterzutauchen und sich abzusetzen, kann nichts Abschließendes gesagt werden. Es erscheint jedoch äußerst unrealistisch, dass jemand sich aus so einer Schlacht wie der um den Dukla-Pass hätte davonstehlen können.
Helene Jäger - Frau des Gauleiters Roman Jäger?
Januar 4th, 2017Die Firma Helene Jäger in Weitra ist immer noch über die Bezirksgrenzen weit hinaus bekannt. Laut eigenen Angaben wurde sie im Jahr 1957 im Salzkammergut gegründet und 1962 nach Weitra übersiedelt. Zu den besten Zeiten waren Dutzende Heimarbeiterinnen mit der Herstellung kunstgewerblicher Feinflechtarbeiten beschäftigt und die Erzeugnisse wurden im In- und Ausland verkauft.
Über die verstorbene Gründerin der Firma, Helene Jäger, geht die Legende, dass ihr Ehemann der Gauleiter und spätere Gauschulungsleiter von Niederdonau, Roman Jäger, gewesen sein soll. Und dass dieser nicht aus dem Krieg zurück gekommen und verschollen sei. Manchmal rankt sich auch noch die Frage dazu, ob er vielleicht gar nicht wirklich gefallen, sondern wie andere Nazigrößen gar nach dem Krieg Richtung Südamerika abgetaucht sein könnte.
Wir wollen der Geschichte nachgehen und besuchen Archive, stöbern in alten Büchern und sekkieren das Internet.
Im Familienbuch des Standesamtes Weissenkirchen an der Donau erhalten wir die erste Auskunft: hier wurde am 18. Dezember 1940 die "BDM-Führerin Helene Anna Lisa Naber", gottgläubig, geboren am 28. Juni 1917 in Wien, mit dem "Gauamtsleiter Dr. Roman Jäger", ebenfalls gottgläubig, geboren am 24. Oktober 1909, verheiratet!
Die genannte Helene Naber ist schon auf den ersten Blick ident mit der uns bekannten Helene Jäger, da eines der eingetragenen beiden Kinder mit der uns bekannten Nachfahrin und späteren Firmenchefin übereinstimmt.
"Gottgläubig" wurde in der NS-Zeit als religiöses Bekenntnis eingesetzt, wenn der Betreffende aus der Kirche ausgetreten war, aber sich selbst nicht als Atheist empfand. Es waren also beide aus der katholischen Kirche ausgetreten.
Dr. Roman Jäger wiederum ist von den Lebensdaten her ident mit dem bekannten hohen NSDAP-Parteifunktionär, dem folgender Wikipediaeintrag gewidmet ist:
Roman Jäger (* 24. Oktober 1909 in Weißenkirchen in der Wachau (Niederösterreich); verschollen seit dem 22. September 1944 bei Vydrau, Slowakei) war ein nationalsozialistischer Jurist und seit 1938 Mitglied des nationalsozialistischen Reichstags.
Leben
Jäger war Sohn einer Weinbauernfamilie und bezeichnete sich in seiner Vita 1938 als römisch-katholisch. Nach Besuch der Volksschule in Weißenkirchen und der Gymnasien in Seitenstetten und Krems an der Donau begann er in Wien das Studium der Rechtswissenschaften und promovierte 1934. Sein weiterer beruflicher Werdegang wurde durch seine politischen Aktivitäten beeinträchtigt: Nach wenigen Monaten der Tätigkeit am Bezirksgericht von Spitz an der Donau wurde er „als des Vertrauens unwürdig“ entlassen und war danach im elterlichen Wirtschaftsbetrieb tätig.
Seit 1924 war er in der Nationalsozialistischen Arbeiterjugend, einem Vorläufer der Hitlerjugend, tätig. Ab 1929 trat er als Parteiredner auf. Am 24. Juni 1931 trat er in die NSDAP ein. 1932 war er Funktionär im NSDStB und 1933 wurde ihm die jugenderzieherische Tätigkeit untersagt, die er als Gaujugendturnwart ausübte. Wegen seiner politischen Aktivitäten war Jäger vom August bis Oktober 1933 inhaftiert. Später war er Kreisleiter im Waldviertel und wegen seiner politischen Aktivitäten im Frühling 1936 flüchtig, inhaftiert und im Juli amnestiert. Ein späterer Eintrag im Reichstagshandbuch gibt für 1937 an, Jäger sei in diesem Jahr bereits Gauschulungsleiter und sogar Gauleiter gewesen. Im März 1938 wurde Jäger zum SA-Standartenführer ernannt. Abermals war er 1938 bis zur Amnestie flüchtig. Nach dem „Anschluss“ Österreichs war er für kurze Zeit Gauleiter von Niederdonau, später Landeshauptmann von Niederösterreich und Kreisführer des Reichsbundes für Leibesübungen. Seit 1938 gehörte Jäger dem Reichstag an.
Von Mai 1938 bis 22. September 1944 war er Gauschulungsleiter der NSDAP im Gau Niederdonau. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist Jäger bei den Kämpfen um die Beskidenpässe im Osten der Slowakei im September 1944 als Leutnant der deutschen Wehrmacht umgekommen. (de.wikipedia.org, abgerufen am 4.1.2016)
Zwei nachträgliche Eintragungen zieren den Rand des Familienbuches:
Als Trauzeugen wurden auf Anordnung des Amtsgerichtes Krems nachgetragen: Der Major außer Dienst, Gaupersonalamtsleiter Theodor Holerius, 55 Jahre alt, und der Leiter der Gauschulungsburg Jaidhof, Josef Bründl, 30 Jahre alt. Bemerkenswert ist, dass nicht Eltern oder andere Familienmitglieder, sondern hohe Parteifreunde als Trauzeugen auftraten.
Der weitere Eintrag bringt uns greifbare Daten zum zweiten Teil der Legende, der auch in Wikipedia angesprochen wird:
Weißenkirchen in der Wachau, am 23. Juli 1955.
Durch rechtskräftigen Beschluss des Landesgerichtes Wien vom 16.6.1955 G.Z. 48T 1374/54-16 ist der Ehemann Doktor Roman Jäger für tot erklärt worden. Als Zeitpunkt des Todes ist der 22. 9. 1944 festgestellt. Die Todeserklärung ist bei dem Standesamt Innere Stadt - Mariahilf unter Nr. 2127/55 beurkundet worden. Der Standesbeamte Fröhlich.
Den betreffenden Akt finden wir im Landesarchiv Wien. Mehr dazu dann im nächsten Blogeintrag. Für diesmal begnügen wir uns damit, endgültig den Beweis gefunden zu haben, dass die Geschichte mit Helene Jäger und dem verschollenen Gauleiter keineswegs nur ein Gerücht ist.
Selbstbeschreibung der NSDAP-Ortsgruppe Gmünd aus 1942
Juli 23rd, 2012Hier ein weiteres Originaldokument zu den Umtrieben der Nationalsozialisten in unserem Bezirk. Vielleicht hilft es ein wenig, die finsteren Jahre auszuleuchten, die in keinem der vorhandenen lokalen Geschichtsbücher genauer beschrieben werden. Vielleicht hilft es auch ein wenig, die alte Behauptung, hier im oberen Waldviertel wären die Nazis ohnehin nicht so stark gewesen, kräftig zu relativieren!
Donauwacht, 27. April 1942
15 Jahre NSDAP-Ortsgruppe Gmünd
1927-1942. Ein geschichtlicher Rückblick
Wenn wir heute aus Anlass der Fünfzehnjahrfeier der NSDAP-Ortsgruppe Gmünd rückblickend über das Werden und Wachsen der Partei und der Bewegung in Gmünd berichten, so erfüllt es uns mit berechtigtem Stolze feststellen zu dürfen, dass es die Stadt Gmünd war, in der das Gedankengut des Nationalsozialismus zuerst im oberen Waldviertel Eingang fand und von hier aus sternförmig ausstrahlte.
Schon im März 1919, nach den schweren Erschütterungen eines verbrecherischen Friedensvertrages, der gerade hier an der Grenze doppelt hart empfunden wurde, entstand die Ortsgruppe der NSDAP, die allerdings später wieder zerfiel. Hervorgegangen ist diese Ortsgruppe aus der deutschen Gewerkschaftsbewegung und ihre Mitglieder waren fast ausschließlich Mitglieder der Deutschen Verkehrsgewerkschaft.
Der Bannerträger des nationalen Gedankengutes war schon damals Baurat Ing. Karl Breitenthaler, der derzeitige Gauhauptmann von Oberdonau. Auf ihn werden wir noch im Verlaufe dieser kurzen Erinnerung zurückkommen.
Von Gmünd aus wurden, wie schon oben angedeutet, einige Ortsgruppen gegründet, die weit über das Gebiet des heutigen Kreises hinausreichten. So in Litschau, Schrems, Weitra, Hoheneich, Gr.-Gerungs und Waidhofen a.d. Thaya. Außerdem wurden Stützpunkte in Hirschbach, Raabs, Heidenreichstein, Brand und Zwettl gegründet.
Der Führer und Inspirator in Gmünd und dem ganzen von hier aus erschlossenen Gebiete war Ing. Breitenthaler, der schon am 3. Nov. 1918 auf dem Stadtplatz in Gmünd sein grundlegendes Programm verkündete. Er war und blieb Zeit seines Hierseins Mittelpunkt des Kampfes. Wir wollen aus jener Zeit nur zweier Versammlungen gedenken. Das eine war eine Protestkundgebung am Bahnhof in Gmünd einige Tage nach dessen Besetzung durch die Tschechen. Breitenthaler tat damals den prophetischen Ausspruch: 'Wir werden ihn wieder heimholen.'
Am 10. Oktober 1920 sprach anlässlich einer Wahlversammlung, bei der sich auch die NSDAP von Gmünd mit einer Liste beteiligte, im Kinosaal in Gmünd unser Führer Adolf Hitler.
Durch die Besetzung des Bahnhofes durch die Tschechen mussten viele tätige Nationalsozialisten abwandern, da sie nach Linz oder St.Pölten versetzt wurden. Dadurch verlor die Partei viel an ihrer Aktivität. Nach einigem Wechsel wurde Pg. Staudenbacher Ortsgruppenobmann.
Der Kampf Ing. Breitenthalers richtete sich nicht nur gegen die Sozialdemokratie und Christlichsozialen, sondern auch gegen die Großdeutschen.
Im August 1921 wurde als Nachfolger Staudenbachers Pg. Hochfellner Kreisobmann und im darauffolgenden Jahre auch Ortsgruppenobmann von Gmünd.
Dr. Walter Riehl gab im Jahre 1923 Anlass zur Parteispaltung in eine Dr. Walter Riehl- und eine Schulz-Gruppe. Erstere verlor rasch an Bedeutung. Auch an Gmünd ging dieser Hader nicht spurlos vorüber. Eine Reihe von Versammlungen bildeten die Marksteine auf dem Wege des Werdens in diesen Jahren. Redner von Bedeutung konnte Gmünd damals begrüßen. So unter anderen Prof. Suchenwirth und Distler. Immer wieder versuchten die Roten die Versammlungen zu stören und es kam oft zu argen Keilereien. Trotz mancherlei Rückschläge blieb die Partei oben und konnte zum Schluss 6 Gemeinderäte stellen. Oft war es den nat.soz. Gemeinderäten auch 'als Zünglein an der Waage' gelungen, Erfolge zu erringen.
Die Jahre 1924 und 1925 brachten das Verbot der Partei im Reich. Dieses Ereignis wirkte sich auch auf unsere Ortsgruppe lähmend aus. Es fehlte an dem nötigen Schwung, zudem die Jugend noch ganz auf Seiten der Roten und Schwarzen stand.
Im Jahre 1926, zu den Wahlen in den Landtag, brachten auch die Nationalsozialisten eine Liste ein. Sie durften sich aber nicht wie gewollt 'Die Hakenkreuzler', sondern sie mussten sich 'Die Deutschsozialen' nennen. Obwohl die Gmünder damals in ihrer Arbeit bis Sigmundsherberg kamen, war die Wahl ein Fiasko.
Das Jahr 1927 brachte dann Klärung in die Haltung der Gmünder Nationalsozialisten. Der Kampf Schulzgruppe - Hitlerbewegung wurde endgültig zu Gunsten der letzteren entschieden. Dadurch war mit dem Jahre 1927 eigentlich die Ortsgruppe gegründet. Bei der ersten Sitzung der neugegründeten Ortsgruppe waren unter anderem folgende Parteigenossen anwesend: Schwingenschlögl, Norbert Wollrab, Johann Millauer, Hans Nigisch, Anton Reisinger, Johann Führer, Karl Stütz, Ludwig Wandaller, Dr. Franz Körner, Johann Bruckner, Ing. Anton Leyrer und Sepp Hochfellner. Alle diese Parteigenossen haben damals die Beitrittserklärung abgegeben. Zu ihnen kamen dann in den nächsten Tagen noch die Parteigenossen Franz Matejka, Karl Pany, Johann Mann und Dr. Franz Bauda.
Im Jahre 1928 stieg die Zahl der Mitglieder auf 18, im nächsten Jahr auf 26 und Anfangs 1930 auf 34. 1929 wurde die Hitler-Jugend gegründet und brachte wieder mehr Schwung von unten herauf.
Im November 1930 wurde die Obmannstelle Pg. Johann Mann übertragen.
Die HJ. hat sich mit verschiedenen Tiefgängen bis 1931 herübergerettet, jedoch im Jahre 1932 musste sie vollkommen neu aufgebaut werden. Es wurden auch eine DJ., der BDM. und die JM. aufgestellt. Mit den Aufgaben dieser Gliederungen wurden Pg. Birgfellner und Pgn. Kunz beauftragt.
Von Pg. Mann übernahm Pg. Pany die Ortsgruppenleitung, musste sie aber wegen seiner Berufung zum Bezirksobmann wieder an Mann nach kurzer Zeit zurückgeben.
Nicht vergessen wollen wir, dass im November 1927 der gefallene Gauleiter Pg. Leopold das erste Mal in Gmünd sprach!
Mit dem immer größeren Erstarken der Partei im Reich, nahm auch die Tätigkeit und der Kampf bei uns immer größere und heftigere Formen an. Die Versammlungstätigkeit erlebte ihren Höhepunkt vor den Landtagswahlen 1933. Nicht unerwähnt soll die Tätigkeit des Pg. Nigisch bleiben, dessen Propaganda in dieser Zeit sehr gut gewirkt hat. Dr. Beringer wurde 1932 Bezirksleiter und seine Frau Frauenschaftsleiterin.
1932 wurde die SS aufgestellt.
Am Parteitag in Weitra im Jahre 1933, an dem auch die Schwester des Führers teilnahm, stellte die Gmünder HJ. ein beträchtliches Kontingent.
Dieses Jahr war überhaupt äußerst bewegt in der Geschichte der Ortsgruppe Gmünd. Hier soll einer Saalschlacht gedacht werden mit nachfolgendem Bombardement auf dem Eisenbahndamm, bei dem besonders die SA von Weitra unter ihrem Obersturmbannführer Fitzthum in Erscheinung trat. Es gab auf beiden Seiten zahlreiche Verwundete und Verletzte.
Für den Angriffsgeist der Partei zeugt es auch, dass bei den schon erwähnten Landtagswahlen im Jahre 1933 die Nationalsozialisten der Ortsgruppe Gmünd 9 Mandate erreichen konnten und damit als stärkste Fraktion in die Gemeindestube einzogen. Sie stellten auch den ersten nat.-soz. Bürgermeister. Es war dies Pg. Karl Pany. Die Sozialdemokraten konnten im Verein mit den Kommunisten 10 Mandate, die Christlichsozialen 4 und die Heimwehr 1 Mandat erringen.
Jetzt erfolgten auch bereits die ersten Verhaftungen und Einkerkerungen.
Im März 1933 übernahm der derzeitige Ortsgruppenleiter Pg. Birgfellner die Ortsgruppe und führt sie mit Unterbrechungen, die durch seine Einkerkerungen und die nachfolgende besondere Bespitzelung sich ergaben, bis heute. Genannter musste auch bei der Auflösung der Partei die Liquidation der Ortsgruppe durchführen und es fand bei ihm die erste Hausdurchsuchung statt.
Die Verbotszeit brachte zwar die Verhaftung sämtlicher führender Parteigenossen, konnte aber den Geist, der einmal entfacht war, nicht mehr zum Verstummen bringen. 1934 wurde von den Parteigenossen Birgfellner und Zapka die Partei reorganisiert.
Aus dem Jahre 1935 ist besonders die Tätigkeit der SA. zu erwähnen, die ein besonderes Aufgabengebiet zugewiesen bekam. Es waren dies besonders die zahlreichen Überstellungen verfolgter Nationalsozialisten über die tschechoslowakische Grenze, die mitten durch die Stadt lief, ins Altreich und das Hereinbringen von Propagandamaterial und sonstiger wertvoller Kampfmittel zu uns. Bei den Flüchtlingstransporten waren es besonders zwei Parteigenossen, die sich restlos in den Dienst stellten: der derzeitige Kreisleiter i. V. Ludwig Binder und Pg. Stiedl.
SA.-Führer war während der ganzen Verbotszeit Pg. Stephan Urbanek, die SS führten die Pg. Führer, Roth und Jirschik. Der Standartenführer der SS Hiedler gründete in dieser Zeit aus der Arbeiterschaft einen zweiten SS-Sturm. Die illegale Frauenschaft wurde von Pgn. Leyrer geführt, die auch heute die Frauenschaft des Kreises führt.
Im Jahre 1935 wurde auch die Partei durch den derzeitigen Kreisleiter Pg. Hans Lukas reorganisiert und Pg. Birgfellner wieder erneut mit der Führung der Ortsgruppe betraut.
Im Jahre 1936 setzte die gewaltigste Verfolgungswelle gegen die Partei auch bei uns ein und es wurden alle führenden Parteigenossen verhaftet, sodass die Gefängnisse in Gmünd, Weitra, Schrems und Litschau nicht ausreichten und sogar Parteigenossen nach Zwettl abgegeben werden mussten. Ein Teil wurde in Ketten geschlossen nach Krems eingeliefert! Tausende Tage von Strafen wurden verhängt.
Es übernahm nun kurze Zeit Pg. Speil die Führung der Ortsgruppe. Es wurden neuerlich Mitglieder gesammelt und die HJ. neu aufgestellt. Zu Beginn des Jahres 1938 wurde Pg. Speil Bezirksleiter und Pg. Binder übernahm die Ortsgruppe Gmünd 1, während Pg. Strobl die Leitung der Ortsgruppe Gmünd 2 übernahm. Nach dem Umbruch wurde Pg. Birgfellner wieder mit der Ortsgruppenleitung betraut, der den Ausbau der Ortsgruppe bis heute führt.
Viel wäre noch zu erzählten, aber es ist natürlich in den uns zur Verfügung stehenden Raume nicht möglich, alles zu sagen und es ist auch nicht Sinn dieser Betrachtung, eine lückenlose Geschichte der Ortsgruppe zu schreiben. Hervorgehen soll nur, wie immer wieder, nach dem alten Kampfruf 'Trotz Verbot nicht tot!' sich der Geist unseres großen Führers durchsetzte und auch hier zum endgültigen Siege reifte. Und dies danken wir jenen Männern, die sich restlos - ohne Rücksicht auf ihre Person oder ihre Familie einsetzten. Wenn auch nicht alle genannt werden konnten, alle waren gemeint. In der Geschichte der Ortsgruppe werden sie für alle Zeiten weiterleben. Die Treuesten aber von ihnen tragen heute das goldene Ehrenzeichen der Partei. Sie sind uns Beispiel für immer. a