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Helene Jäger - Frau des Gauleiters Roman Jäger?
Die Firma Helene Jäger in Weitra ist immer noch über die Bezirksgrenzen weit hinaus bekannt. Laut eigenen Angaben wurde sie im Jahr 1957 im Salzkammergut gegründet und 1962 nach Weitra übersiedelt. Zu den besten Zeiten waren Dutzende Heimarbeiterinnen mit der Herstellung kunstgewerblicher Feinflechtarbeiten beschäftigt und die Erzeugnisse wurden im In- und Ausland verkauft.
Über die verstorbene Gründerin der Firma, Helene Jäger, geht die Legende, dass ihr Ehemann der Gauleiter und spätere Gauschulungsleiter von Niederdonau, Roman Jäger, gewesen sein soll. Und dass dieser nicht aus dem Krieg zurück gekommen und verschollen sei. Manchmal rankt sich auch noch die Frage dazu, ob er vielleicht gar nicht wirklich gefallen, sondern wie andere Nazigrößen gar nach dem Krieg Richtung Südamerika abgetaucht sein könnte.
Wir wollen der Geschichte nachgehen und besuchen Archive, stöbern in alten Büchern und sekkieren das Internet.
Im Familienbuch des Standesamtes Weissenkirchen an der Donau erhalten wir die erste Auskunft: hier wurde am 18. Dezember 1940 die "BDM-Führerin Helene Anna Lisa Naber", gottgläubig, geboren am 28. Juni 1917 in Wien, mit dem "Gauamtsleiter Dr. Roman Jäger", ebenfalls gottgläubig, geboren am 24. Oktober 1909, verheiratet!
Die genannte Helene Naber ist schon auf den ersten Blick ident mit der uns bekannten Helene Jäger, da eines der eingetragenen beiden Kinder mit der uns bekannten Nachfahrin und späteren Firmenchefin übereinstimmt.
"Gottgläubig" wurde in der NS-Zeit als religiöses Bekenntnis eingesetzt, wenn der Betreffende aus der Kirche ausgetreten war, aber sich selbst nicht als Atheist empfand. Es waren also beide aus der katholischen Kirche ausgetreten.
Dr. Roman Jäger wiederum ist von den Lebensdaten her ident mit dem bekannten hohen NSDAP-Parteifunktionär, dem folgender Wikipediaeintrag gewidmet ist:
Roman Jäger (* 24. Oktober 1909 in Weißenkirchen in der Wachau (Niederösterreich); verschollen seit dem 22. September 1944 bei Vydrau, Slowakei) war ein nationalsozialistischer Jurist und seit 1938 Mitglied des nationalsozialistischen Reichstags.
Leben
Jäger war Sohn einer Weinbauernfamilie und bezeichnete sich in seiner Vita 1938 als römisch-katholisch. Nach Besuch der Volksschule in Weißenkirchen und der Gymnasien in Seitenstetten und Krems an der Donau begann er in Wien das Studium der Rechtswissenschaften und promovierte 1934. Sein weiterer beruflicher Werdegang wurde durch seine politischen Aktivitäten beeinträchtigt: Nach wenigen Monaten der Tätigkeit am Bezirksgericht von Spitz an der Donau wurde er „als des Vertrauens unwürdig“ entlassen und war danach im elterlichen Wirtschaftsbetrieb tätig.
Seit 1924 war er in der Nationalsozialistischen Arbeiterjugend, einem Vorläufer der Hitlerjugend, tätig. Ab 1929 trat er als Parteiredner auf. Am 24. Juni 1931 trat er in die NSDAP ein. 1932 war er Funktionär im NSDStB und 1933 wurde ihm die jugenderzieherische Tätigkeit untersagt, die er als Gaujugendturnwart ausübte. Wegen seiner politischen Aktivitäten war Jäger vom August bis Oktober 1933 inhaftiert. Später war er Kreisleiter im Waldviertel und wegen seiner politischen Aktivitäten im Frühling 1936 flüchtig, inhaftiert und im Juli amnestiert. Ein späterer Eintrag im Reichstagshandbuch gibt für 1937 an, Jäger sei in diesem Jahr bereits Gauschulungsleiter und sogar Gauleiter gewesen. Im März 1938 wurde Jäger zum SA-Standartenführer ernannt. Abermals war er 1938 bis zur Amnestie flüchtig. Nach dem „Anschluss“ Österreichs war er für kurze Zeit Gauleiter von Niederdonau, später Landeshauptmann von Niederösterreich und Kreisführer des Reichsbundes für Leibesübungen. Seit 1938 gehörte Jäger dem Reichstag an.
Von Mai 1938 bis 22. September 1944 war er Gauschulungsleiter der NSDAP im Gau Niederdonau. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist Jäger bei den Kämpfen um die Beskidenpässe im Osten der Slowakei im September 1944 als Leutnant der deutschen Wehrmacht umgekommen. (de.wikipedia.org, abgerufen am 4.1.2016)
Zwei nachträgliche Eintragungen zieren den Rand des Familienbuches:
Als Trauzeugen wurden auf Anordnung des Amtsgerichtes Krems nachgetragen: Der Major außer Dienst, Gaupersonalamtsleiter Theodor Holerius, 55 Jahre alt, und der Leiter der Gauschulungsburg Jaidhof, Josef Bründl, 30 Jahre alt. Bemerkenswert ist, dass nicht Eltern oder andere Familienmitglieder, sondern hohe Parteifreunde als Trauzeugen auftraten.
Der weitere Eintrag bringt uns greifbare Daten zum zweiten Teil der Legende, der auch in Wikipedia angesprochen wird:
Weißenkirchen in der Wachau, am 23. Juli 1955.
Durch rechtskräftigen Beschluss des Landesgerichtes Wien vom 16.6.1955 G.Z. 48T 1374/54-16 ist der Ehemann Doktor Roman Jäger für tot erklärt worden. Als Zeitpunkt des Todes ist der 22. 9. 1944 festgestellt. Die Todeserklärung ist bei dem Standesamt Innere Stadt - Mariahilf unter Nr. 2127/55 beurkundet worden. Der Standesbeamte Fröhlich.
Den betreffenden Akt finden wir im Landesarchiv Wien. Mehr dazu dann im nächsten Blogeintrag. Für diesmal begnügen wir uns damit, endgültig den Beweis gefunden zu haben, dass die Geschichte mit Helene Jäger und dem verschollenen Gauleiter keineswegs nur ein Gerücht ist.
Dieser Eintrag wurde verfasst am 04 Jan 2017 um 21:06 von prinzeps und ist abgelegt unter HeimatForschung, Geschichte des Nationalsozialismus, Weitra.
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