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Theresia Hochholdinger, Rossbruck
Dass man wegen zweifelnder Äußerungen über die Stabilität der Reichsmark ins Gefängnis kommen konnte, musste die Rossbrucker Wirtin Theresia Hochholdinger (*14.10.1897, +11.01.1962, geb. Sommer) Ende 1942 erleben. Sie gibt nach dem Krieg in ihrem Ansuchen auf Haftentschädigung1 an, dass sie im Zug von St. Martin nach Gmünd aufgeschnappt habe, dass die Reichsmark in nächster Zeit spürbar entwertet werden soll. Sie habe dies zu Hause vor einem Gast aus Spital erzählt, worauf dieser in Weitra bei der Sparkasse sein Geld beheben ging. Der Bankangestellte Horacek erfragte den Grund für die Herausnahme des Geldes und zeigte daraufhin Hochholdinger bei der Gendarmerie Weitra an. Hochholdinger wurde zu einer dreimonatigen Arreststrafe verurteilt, die sie Anfang 1943 im Gefangenenhaus Krems über sich ergehen lassen musste.
Im Dossier im DÖW findet sich auch ein Brief, den sie am 7. März 1943 nach Hause geschrieben hat:
„Meine Liebsten! Vater zu deinem Geburts u. Namenstag wünsch ich dir alles Gute die Hauptsache die Gesundheit. Unser Glück und Freude für uns 2, J u K [?] unsern Kind ins kühle Grab. Hatte diese Woche trübe Stunden, habt keine Blumen auf Grab getragen. Liebste Frieda, schau nach was wir für Gartensamen brauchen, damit du kaufen kannst, Petersilsamen bekommst schwer, frag halt Anna Tante. Vergesst nicht auf die Erbsen - in Lagerhaus nicht.
Besten Dank für Brief und Strümpfe. Karl Onkel und Gusti Tante haben mich besucht. Ich bin gesund was ich auch von euch hoffe. Was gibt es sonst neues. Hilde besorge die Säcke für Rositante. Wer mich einmal holt soll mir Geld mitbringen auch Augengläser, seh fast zum Schreiben nicht mehr. Die herzlichsten Grüße u. Küsse an euch alle. Mutter Anna an die Kinder in Gmünd alle Bekannten, Mutter Theresia Hochholdinger.“
Ich konnte in den Tauf- und Sterbematriken von St. Martin feststellen, dass Theresia Hochholdinger in den Jahren 1924 und 1925 jeweils eine Tochter kurz nach der Geburt verloren hatte. Wahrscheinlich meint sie deren Grab gleich in den ersten Zeilen des Briefes. Es beschäftigte sie in ihrer Haft am meisten, dass dorthin keine Blumen gebracht worden waren. Ihr Brief, ungeübt im Schreiben und nicht ganz verständlich, gibt einen seltenen Einblick in das Leben und die Sorgen einer Waldviertler Dorfwirtin.
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1) Niederschrift vom 5. Juni 1953 bei der BH Gmünd, GZ. 134/38/1952 im Dossier zu Theresia Hochholdinger im DÖW
Dieser Eintrag wurde verfasst am 12 Jul 2018 um 07:25 von prinzeps und ist abgelegt unter Opfer des Nationalsozialismus.
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