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Vg 7b Vr 4657/46, betreffend Neugschwandtner Josef
Der Akt zum Strafverfahren vor dem Volksgericht1 umfasst etwa 250 Seiten aus dem Zeitraum 21.06.1946 bis zum 28.05.1957, vom Antrag auf Strafverfolgung bis zur Amnestie 1957.
Josef Neugschwandtner saß vom 06.06.1946 bis 17.05.1947 in Verwahrungs- bzw. Untersuchungshaft, zum Teil im Gefangenenhaus II. in der Rossauerkaserne bzw. am Hernalsergürtel, bekam mit Urteil vom 09.03.1948 ein Jahr schweren Kerker als Strafe verhängt und verbüßte die restlichen 19 Tage sofort danach bis 27.03.1948 im Gefangenenhaus I. des Landesgerichtes Wien.
Aus dem Urteil:
„Der Angeklagte Josef Neugschwandtner ist schuldig in Wien in der Zeit zwischen dem 01.07.1933 und dem 13.03.1938 nach Vollendung des 18. Lebensjahres der NSDAP und der SA angehört und sich während dieser Zeit und später für die nationalsozialistische Bewegung betätigt zu haben, von der NSDAP als alter Kämpfer anerkannt worden zu sein und als eine der im § 10/1 VG.1947 genannten Personen der SA im Range eines Sturmführer angehört zu haben.
Er hat hiedurch das Verbrechen des Hochverrates nach § 58 STG. in der Fassung der §§ 10, 11 VG.1947 begangen und wird hiefür nach § 11 VG. unter Anwendung des § 265 a STPO zu
1 Jahr schwerem Kerker, verschärft durch 1 hartes Lager vierteljährlich
und gemäß § 389 STPo. zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens und Strafvollzuges verurteilt.
Gemäß § 11 VG.1947 wird der Verfall des gesamten Vermögens des Angeklagten zu Gunsten der Republik Österreich ausgesprochen.“
Neugschwandtner wurde im Verfahren durch das bekannte Büro der angesehenen Rechtsanwälte Dr. Hugo und Dr. Ernst Zörnlaib rege vertreten. Man fuhr eine breit angelegte Verteidigungskampagne: ein stilistisch perfekter Bettelbrief einer 76-jährigen, herzkranken Bergbauernmutter2, Verwendungsschreiben des St. Martiner Bürgermeisters Franz Prager und des Pfarrers Stephan Oberleitner, einschlägige, entlastende Zeugenladungen und Verweis auf angeblich vorhandene körperliche Leiden. Josef will nur pro forma SA-Führer gewesen sein, da sein Bruder ihn da hineingedrängt habe. Warum hat er dann 1938 angegeben, selbst eine SA-Sturm in Großschönau gegründet zu haben und mit diesem in der Verbotszeit sogar Waffentransporte und „Flüchtlingstransporte“ über die CSR ins Reich getätigt zu haben? Vor Gericht ist der Beschuldigte nicht zur Wahrheit verpflichtet.
Die NS-Registrierung nach dem Krieg habe er bei den Amerikanern erledigt, die Bestätigung dafür sei ihm von den Russen abgenommen worden.
Bei den Anträgen im März 1949 bzw. Jänner 1951 auf Wiederaufnahme des Verfahrens engagierte Neugschwandtner den Rechtsanwalt Dr. Walther Erich Ullmann. Diese wurden jeweils mangels entlastender Ergebnisse abgelehnt.
Endlich die Vermögensverfallsamnestie vom Juli 1956 fand auch auf Neugschwandtner Anwendung und er bekam mit Beschluss vom 24.09.1956 das für verfallen erklärte Vermögen erstattet. Es dürfte nicht sehr viel gewesen sein, denn das Haus in Oberlainsitz gehörte seiner Mutter und außer ein paar Bildern und wenigen Reichsmark hatte man bei ihm früher auch nichts zu holen gehabt.
Und mit Beschluss vom 31.05.1957 wurde noch das NS-Amnestiegesetz vom März 19573 auf ihn angewendet, die noch nicht bezahlten Gerichtskosten gestrichen und die Verurteilung aus dem Jahr 1948 vollkommen getilgt.
Josef Neugschwandtner lebte und arbeitete nach der Haft auf dem kleinen Bauernhof seiner Eltern in Oberlainsitz, verdiente freiberuflich als Kunsttischler dazu und wurde im Dorf als Restaurator bezeichnet. Er soll auch weiter mit dem jungen Schatzker aus Wien zusammengearbeitet haben. Er starb am 24. November 1992.
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1) WStLA, Vg 7b Vr 4657/46.
2) Die Mutter schreibt in diesem Brief auch, dass sie neben Sohn Paul auch ihren Sohn Adolf „irgendwo in den Steppen Rußlands unter der Erde“ habe. Wusste sie nicht, dass dieser unter neuem Namen sich nach Deutschland verabschiedet hatte?
3) BGBL. 82/1957, <online>.
Dieser Eintrag wurde verfasst am 05 Jul 2018 um 15:29 von prinzeps und ist abgelegt unter HeimatForschung.
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