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Welche Firmen profitierten von der Arisierung?
Spärliche Grundinformationen zu den an der Arisierung beteiligten Firmen findet man in „Lehmann's Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger“, der online unter http://www.digital.wienbibliothek.at/ abrufbar ist.
Hier der Eintrag zum „Verkaufsbüro österreichischer Waldbesitzer“ in der Ausgabe des Jahres 1938, der den Stand vor dem Anschluss wiedergibt:
Verkaufsbüro österreichischer Waldbesitzer, reg. Gen. M. b. H., I. Schauflergasse 6. Vorst. Mitgl.: Otto Braun, Hermann Berchtold, Johann Blöchl, Rudolf Colloredo-Mansfeld, Werner Deibl, Ing. Alfred Deuse, Ludwig Fahrnberger, Ing. Felix Feest, Hans Gablenz-Thürheim, Dr. Stefan Herber-Rohow, Rudolf Hoyos, Ing. Heinrich Lorenz-Liburnau, B.Minister Peter Mandorfer, Friedrich Mantler, Ing. Stefan Majtenyi, Johann Obermoser, Dr. Ing Fritz Paul, Ing. Hans Stiefler, Oek. Rat Oskar Stiepan, Dr. Jakob Stoiber, Dr. Sepp Stotter u. Fanz Thurn-Valsassina. Koll. Prok.: Ing Rudolf Timmel u. Karl Weber. Zwei Vorst.Mitgl. od. ein Vorst.Mitgl. und ein Prok. zeichn. koll. Gen. 19, 79
Die „Genossen“ haben sehr bekannt klingende Namen und dürften großteils der besitzenden Klasse bzw. dem früheren Adel entstammen, teils handelt es sich um höchst einflussreiche Agrarpolitiker des Ständestaates mit naturgemäß christlichsozialer Parteiangehörigkeit, wie bei Johann Blöchl (1934- 1938 Vertreter bäuerlicher Interessen im Bundeswirtschaftsrat) oder bei Peter Mandorfer (CS, Vaterländische Front, 1936-38 Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft). Die Schauflergasse 6 liegt übrigens nur wenige Schritte vom Bundeskanzleramt entfernt und beherbergt heute noch Landwirtschaftskammer und diverse andere Agrarinstitutionen. Wir haben es also ursprünglich nicht mit einer kleinen Agrargenossenschaft dreier Bauern aus dem Bezirk sondern mit einem Agrarverband direkt aus dem Machtzentrum des austrofaschistischen Wien zu tun.
Nach dem Anschluss ist der Vorstand der Genossenschaft allerdings radikal dezimiert bzw. ausgewechselt, wie der Eintrag des Jahres 1939 zeigt:
Verkaufsbüro österreichischer Waldbesitzer, reg. Gen. M. b. H., III. Schwarzenbergplatz 6. Vorst. Mitgl.: Hermann Berchtold, Josef Doppler, Josef Lutz, Alois Matschnigg, Ing. Hans Stiefler. Koll. Prok.: Ing Rudolf Timmel u. Karl Weber. Zwei Vorst.Mitgl. od. ein Vorst.Mitgl. und ein Prok. zeichn. koll. Gen. 19, 79
Diese Namen muss man alle einzeln überprüfen. Hermann Berchtold könnte der SA-Brigadeführer und Parteigenosse Hermann Berchtold sein, der als kommissarischer Verwalter in mehreren Firmen eingesetzt war, Alois Matschnigg eventuell der Bürgermeister von Güssing 1939 - 1945. Rudolf Timmel ist noch immer Prokurist, mit ihm dürften die Nationalsozialisten kein Problem gehabt haben, im Gegenteil, er wurde für weitere schwierige Aufgaben als verlässlich genug eingestuft. Über Google-Books findet man ihn etwa 1942 in Zusammenhang mit Berchtold als Verhandler in Kroatien, wo es um deutsche "Beteiligungen" an der Našicer Tanninfabrik & Dampfsäge AG ging (Holm Sundhaussen: Wirtschaftsgeschichte Kroatiens im nationalsozialistischen Grossraum).
Die gleichgeschaltete Genossenschaft wurde überdies aus dem alten österreichischen Regierungsviertel in ein Bürogebäude am Schwarzenbergplatz verlegt.
Im Jahr 1942 findet sie sich, umgenannt auf „Verkaufsbüro ostmärkischer Waldbesitzer“, nur noch mit den folgenden kargen Angaben protokolliert:
Verkaufsbüro ostmärkischer Waldbesitzer, reg. Gen. M. b. H., Gen. 19, 79
Prokurist Rudolf Timmel scheint 1942 dafür erstmals mit der neu gegründeten KG an der selben Adresse wie das Verkaufsbüro auf:
Ostmärkische Holzverwertung Dipl. ForstIng. Timmel und Co., Kommanditges., III. Schwarzenbergplatz 6. Pers. haft. Ges.: Dipl. Ing. Rudolf Timmel. Ein Kommanditist. HR A 10643
Dieser Eintrag wurde verfasst am 18 Nov 2011 um 22:43 von prinzeps und ist abgelegt unter Dampfsägewerk von Löwy und Winterberg in Joachimstal.
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