Kandidaten der NSDAP bei NÖ-Landtagswahl 1932
Oktober 7th, 2024Merkwürdig für mich ist oft, dass Opfer des Nationalsozialismus ohne Rücksicht auf deren Privatsphäre immer mit vollem Namen genannt werden, die Namen von NSDAP-Politikern, besonders auf lokaler und regionaler Ebene, aber nicht. Aus Rücksicht auf deren Familien, heißt es häufig. Ein Beispiel findet man im Buch "Am Anfang war das Lager" über die Gmünder Neustadt von 2014. Auf die Frage: "Wer waren die Nazis?" folgt eine Liste von NSDAP-Parteiangestellten, nennt deren Funktion in Gmünd, ihre Angehörigkeit bei Partei, SA oder SS, aber vom Familiennamen nur die Initiale. Selbst die Namen höchster Funktionäre werden nicht ausgeschrieben, fast 70 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus! Ich konnte auf die Schnelle nur die Kreisleiterin der Frauenschaft, die das Amt auch in der Zeit der Illegalität innehatte, identifizieren: Leyrer wird als Theresia L. geführt.
Lange war ich auf der Suche nach der Liste der NSDAP-Bewerber für die NÖ-Landtagswahl vom 24 April 1932. Für die Geschichte des Nationalsozialismus von besonderem Interesse, sind es doch frühe, höchste Vertreter der Partei. Darunter sollte sich auch Adolf Neugschwandtner befinden. Erst heute fand ich die Liste durch Zufall – bisher war sie mir entgangen, weil Adolf mit Neugschwandner geschrieben wurde.
Und hier ist sie:
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Der Wahlkampf in Niederösterreich.
Die Wahlwerberlisten der N. S. D. A. P. Hitler-Bewegung. Wie wir erfahren, hat die N. S. D. A. P. Hitler-Bewegung für die Landtagswahlen in Niederösterreich folgende Wahlwerberlisten aufgestellt:
Wahlkreis Eisenwurzen (Amstetten).
Lehrer Emmo Langer, Justizoberaktuar Rudolf Till, Fahrdienstleiter August Heger, Pächter Franz Schörghuber, Rechnungsrat Wilhelm Grunert, Lehrer Josef Heinisch, Holzwarenerzeuger Franz Pfister, Landwirt Ferdinand Voglauer, Zimmermeister Josef Haider.
Wahlkreis Traisengau (St. Pölten).
Lehrer Emmo Langer, Kaufmann Karl Raab, Landwirt Johann Bugl, Gärtner Ludwig Aufreiter, Weinhauer Alois Neuhold, Militärbeamter Georg Stahl, Landwirt Anton Reithner, Arzt Dr. Jury, Landwirt Johann Weigl, Modelltischler Josef Frank, Ingenieur Schöber, Bahnadjunkt Leopold Grasl, Oberpostverwalter Rudolf Schadn.
Wahlkreis Steinfeld (Wiener-Neustadt).
Magister Walter Rentmeister, Postamtsdirektor Franz Schmid, Forstrat Ing. Leo Parzer, Generalmajor Robert Rigel, Schlossergehilfe Julius Widek, Kaufmann Dr. Leopold Walter, Oberrevident Richard Slama, Arzt Dr. Gustav Pum, Landwirt Johann Koglbauer, Arbeiter Robert Pahr, stellenloser Beamter Rudolf Kremmel, Ing. Max Schäffler, Bundesbahnschaffner Franz Morgenbesser, Hauptschullehrer Max Mörbe, Gastwirt Josef Frank.
Wahlkreis Wiener Boden (Baden).
Magister Walter Rentmeister, Postamtsdirektor Franz Schmid, Fabriksportier Franz Ernst, Müller Adolf Neugschwandner [so!], Bahnbeamter Franz Erben, Finanzoberrevident Eduard Buhl, Hilfsmonteur Franz Schier, Bundesbahnrevident Konrad Hawel, Landwirt Matthias Payer, Schlosser Alfred Stanzl, Notariatssubstitut Dr. Walter Gottsleben, Oberlehrer Walter Martinek, Industriebeamter Sackl, Bundesbahninspektor Leopold Schnittchen, Zollrevident Julius Uhl, angestellter Baumeister Josef Wurzberger.
Wahlkreis Marchfeld (Mistelbach).
Notariatsanwärter Dr. Otto Möstl, Oberstleutnant Rudolf Saliger, Lehrer Hermann Reschny [21.05.1932–02.06.1932, danach in den Bundesrat entsandt] , Kleinbauer Franz Kneuß, Bundesbahnschaffner Franz Rausch, Gastwirt Gottfried Lewitschnigg, Lehrer Josef Habrich, Bundesbahnangestellter Edmund Huber, Hilfsarbeiter Franz Rupp, Kaufmann Johann Loos, Landwirt Oskar Högner, Theodor Hörmann, Elektriker Karl Brenner.
Wahlkreis Weingau (Korneuburg).
Sepp Autrith, Gewerbetreibender Mechaniker Alois Barthe, Landwirt Dr. Johannes Hardegg, Landwirt Anton Aringer, Hauptschullehrer Anton Leithner, Vorarbeiter Ernst Holletschek, Notariatskandidat Doktor Fritz Gerstner, Bauer Alois Kurz, Weinhauer Franz Fürnkranz, Kaufmann Ludwig Hambek, Baupolier Matthias Donabauer.
Wahlkreis Waldviertel (Gmünd).
Hauptmann Josef Leopold, Lehrer Josef Reisinger, Bauer Franz Pind, Lehrer Johann Deringer, Viehhändler Fritz Obenaus, Lehrer Hans Eibensteiner, Handelsschullehrer Wilhelm Hanisch, Landwirt Anton Kugler, Bauer Heinrich TrappI, Revierverwalter Ing. Friedrich Robausch.
Wahlkreis Wachau (Krems).
Hauptmann Josef Leopold, Wirtschaftsbesitzer Doktor Josef Höfinger, Stadtrat Karl Rohrhofer, Arzt Dr. Hans Famira, Kellermeister Karl Straßmayer [03.06.1932–23.06.1933], Wirtschaftsbesitzer Leopold Pirringer, Kaufmann Franz Liebenberger, Steueramtsvorstand Leopold Mittereder, Wirtschaftsbesitzer Franz Kauel.
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Die NSDAP erhielt 110.808 Stimmen, das war ein Anteil von 14,15 %, und zog mit 8 Mandataren in den Landtag ein. Diese sind im obigen Text mit der Kurzbiografie auf noe-landtag.gv.at verlinkt.
Quelle für die Liste ist die Ostdeutsche Rundschau (Deutschösterreichische Tages-Zeitung S. 2) vom 22. März 1932.
Adolf Neugschwandtners Ehefrau in NS-Jahren
September 26th, 2024Hilde Kapinánffy, geb. Dietinger, war Adolf Neugschwandtners Ehefrau in NS-Jahren gewesen. Vierzig Jahre später veröffentlichte sie in Innsbruck einen Gedichtband. Hier ihr Vorwort samt von mir erweiterter Kurzbiografie.
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Du wünscht Dir zugetan ein Herz. Mein Dank an Stadt und Land (Innsbruck 2003)
In Wien geboren, hatte ich in der Geborgenheit des Elternhauses und auf dem Landbesitz meiner Großeltern in Niederösterreich eine schöne Kindheit.
In der Wiener Privatklinik Sanatorium Löw am 23. Dezember 1918 als Tochter von Robert Ferdinand Dietinger, damals Oberstleutnant, 38 J., und dessen Ehefrau Ernestine Elisabeth, geb. Fürnkranz, 25 J., geboren. Der Vater stammte aus einer angesehenen Marburger [heute: Mariborer] Juweliersfamilie, wurde in den 20er Jahren Leiter der „Staatsfabrik“, einer Waffenfabrik des Bundesheeres, welche 1938 als Heereszeugamt in die Wehrmacht eingliedert wurde. Er brachte es in der NS-Zeit zum Generalmajor der Deutschen Wehrmacht und wurde Leiter der eroberten Waffenschiede in Le Creusot in Frankreich, vergleichbar mit Krupp in Deutschland.
Die Mutter stammte aus einer ebenso angesehenen Mühlendynastie in Asparn an der Zaya.
Dort, „auf dem Landbesitz ihrer Großeltern“, lernte Hilde Anfang der 30er Jahre den Müllergesellen Adolf Neugschwandtner kennen, dessen ganze Leidenschaft der S.A. galt, welcher er schon seit 1925 angehörte. Damals schon war er mit einem Anschlag auf einen mit Juden besetzten Zug hervorgetreten. Neugschwandtner kam 1934 wegen seiner illegalen Tätigkeiten für zweieinhalb Jahre (!) zuerst in Untersuchungshaft dann ins Anhaltelager Wöllersdorf. Nach dem „Anschluss“ ans Dritte Reich machte er in der SA weiter Kariere, er galt als rau aber herzlich und wurde schließlich zu einem der wenigen „österreichischen“ SA-Brigadeführer befördert. Hildegard und Adolf heirateten Ende des Jahres 1939, sie war fast 20 Jahre jünger als er.
Ein halbes Jahr später ging Adolf zur Wehrmacht, man sah sich nur kurz bei Heimaturlauben, wodurch die zu erwartende Konfrontation hinausgeschoben wurde. Nach einer Verwundung wurde Adolf im Herbst 1942 aus dem Militär entlassen und man lebte ab jetzt gemeinsam in einem Haushalt. Anfang 1943 kam ein „gesunder, kräftiger Bub“ zur Welt. Doch die Ehe gestaltete sich für Hilde äußerst unerfreulich. Schon bald nach der Hochzeit war es zu ersten Szenen gekommen. Der mehr rau als herzliche, cholerische SA-Brigadeführer, aus ärmlichen Waldviertler Verhältnissen stammend, passte so gar nicht zu der gefühlvollen, weltgewandten, gebildeten und kulturinteressierten Frau der gehobenen Gesellschaft. Wie sollte Hilde, die mit 18 Jahren knapp vor ihrer Matura im Jungkomitee des Opernballes debütiert hatte, zu dem Haudegen passen, dessen Familie nur reich an Kindern war?
Ein kurzer Scheidungskrieg beendete im Dezember 1944 diese Ehe. Hilde zog kurz zu ihrer Mutter, dann in eine eigene Wohnung und schließlich setzte sie sich nach Kärnten ab.
Im Zweiten Weltkrieg wurde meine Wohnung im Bombenhagel völlig zerstört, und ich fand mit Mann und Sohn eine neue Heimat in Tirol, wo ich ein Vierteljahrhundert im Büro einer weltweiten Firma der Elektroindustrie arbeitete.
Die vormals eheliche Wohnung in der Reichsratsstraße hinter der Universität wurde im Februar 1945 teilweise beschädigt, Adolf konnte aber die Einrichtung noch in die arisierte Galerie seines Bruders verlagern, bevor er in Deutschland unter falschem Namen untertauchte.
Die elterliche Wohnung befand sich in der Türkenstraße 25, im „Palais Schlick“. Im „Kriegsschädenplan“ aus dem Jahr 1946 ist dieses Haus als unbeschädigt eingezeichnet.
Hildegard hat als Adresse in dieser Zeit auch die Türkenstraße 1 angegeben, welche in diesem Plan als „leicht beschädigt“ markiert ist.
„Ich fand mit Mann und Kind eine neue Heimat“: Hilde vermeidet zu erwähnen, dass der Mann, mit dem sie nach Innsbruck kam, nicht der Vater des mitgebrachten Sohnes war. Sie war Ende 1944 nach Kärnten gegangen, um den Bomben und den „Russen“ zu entgehen. Entweder hatte sie selber durch ihre Stellung bei den „Steyrischen Gußstahlwerken“ oder durch ihren Vater Kontakte nach Heft bei Hüttenberg, wo sie im Bereich des ehemaligen Hüttenwerkes Unterkunft fand. Sie lernte dort den ehemals ungarischen Offizier Albin Kapitánffy (eigentlich: Kratzner) kennen, den sie im Februar 1949 heiratete. Kapitanffy war unter den faschistischen Pfeilkreuzlern Major in der Geheimdienstabteilung des Generalstabes gewesen. Nach dem Krieg engagierte er sich für die militärische Befreiung Ungarns von den Sowjets und er verdiente sein Geld als Agent der französischen Spionageabwehr in Innsbruck.
Und: Ein Schelm, der bei der „Weltweit agierende Elektrofirma“ an die CIA denkt!
Geprägt von der christlich-sozialen Weltanschauung des Elternhauses, war mir das Engagement in der ÖVP ein besonderes Anliegen.
Hildegard Dietinger trat am 13. Dezember 1939, kurz vor ihrer Heirat, aus der katholischen Kirche aus. Andererseits wurde sie trotz großem Druck ihres Mannes nie Mitglied der NSDAP.
Ihr Vater galt laut deutschnationaler „Deutschösterreichischer Tageszeitung“ seinen Vorgesetzten 1933 „als zu wenig schwarz“, also zu deutschnational. Dem entgegen findet man den General 1936 als Kulturreferenten der Vaterländischen Front Niederösterreich. In der Wehrmacht hatte er den Rang eines Generalmajors, ist also sicher nicht durch christlichen Widerstand aufgefallen.
In der Frauenbewegung fand ich ein Betätigungsfeld, das meinen Idealen entsprach.
In der Zeit des Nationalsozialismus war Hilde durchgehend Mitglied bei der NS-Frauenschaft der Ortsgruppe Rossau.
Mein besonderes Interesse galt der Kultur und der Presse. Ich warb für Theater, Museumsbesuche und schrieb Artikel über die inhaltsreiche Arbeit in allen Tiroler Ortsgruppen. Alljährlich organisierte ich Fahrten in die verschiedenen Festspielorte, deren Aufführungen stets zu sommerlichen Höhepunkten wurden.
In meinem lyrischen Schaffen fanden Ereignisse, Beobachtungen und Begegnungen während des Jahreslaufs in Innsbruck, aber auch im Land Tirol ihren Niederschlag. Eine Auswahl der Gedichte ist in diesem Bändchen zusammengefasst.
Allen liebenswerten Menschen, die mir ihre Zuneigung schenkten, möchte ich hiermit herzlich danken. Im Lauf der Jahre waren es auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Kunst und der Literatur, in der Gegenwart besonders Tirols Landeshauptmann DDr. Herwig van Staa und dessen Frau Luise sowie die Innsbrucker Bürgermeisterin Hilde Zach.
Hilde Kapitánffy
Im Herbst 2002
Mit 24 Jahren schon warf Adolf Neugschwandtner Steine auf Juden
September 21st, 202417. August 1925. Adolf Neugschwandtner warf zusammen mit drei anderen Steine auf einen Schnellzug, in welchem er Juden vermutete. Sieben Fenster zersplittert, eine Person verletzt. Milde Strafe: 4 Wochen auf Bewährung.
Nach Zusammenstößen mit der Polizei bei der Demonstration gegen die Eröffnung des 14. Zionistenkongresses in Wien lassen er und drei andere junge „Deutsche Turner“ aus Himberg faustgroße Steine in die Fenster eines vorbeifahrenden D-Zugs fliegen, weil sie denken, dahinter säßen hauptsächlich Juden auf der Heimfahrt.
Die Eröffnung des 14. Internationalen Zionistenkongresses in den Wiener Sophiensälen war für den Abend des 17. August 1925 festgesetzt. Der „Deutsche Volkstag“, eine von deutschnationalen und christlichsozialen Vereinigungen geplante Gegendemonstration, die ab 7 Uhr abends von der Votivkirche ausgehend über den Ring führen sollte, wurde von der Polizei untersagt.
Man verwies unter anderem auf Tumulte und Gewalttätigkeiten, die erst drei Tage davor eine Anti-Zionistenkongress-Veranstaltung der NSDAP in Meidling hervorgerufen hatte. Und man verkündete, dass man umfassende Vorkehrungen getroffen habe, um zu verhindern, dass sich größere Menschenmengen in der Gegend der Votivkirche versammeln.[1]
Doch das kümmerte die organisierten Antisemiten nicht. In Massen strömten sie am 17. August in Richtung des angekündigten Versammlungsortes vor der Votivkirche. Auch aus Himberg bei Wien kamen einige „Deutsche Turner“, darunter der 24jährige Adolf Neugschwandtner. Später werden sie behaupten, dass sie nichts von dem Verbot der Versammlung gewusst haben. Sie fuhren mit dem Zug nach Wien, kamen am Ostbahnhof an und wollten mit der „Elektrischen“ zur Votivkirche. Am Ring war kurz vor dem Parlament Halt, die Wache hatte die Straße abgeriegelt, die Turner stiegen aus und versuchten zu Fuß weiterzukommen. Die Polizei ließ aber kein Weiterkommen zu, ging energisch vor und ritt einige Male auch mit blanken Säbeln in die Demonstrantenmenge, um diese zu zerstreuen. Einer der Himberger soll dabei an einem Ohr verletzt worden sein. Der Ring und der Platz vor der Votivkirche wurden zur Kampfzone, es kam zu schweren Zusammenstößen zwischen Polizei und erhitzten Antisemiten.
Die Presse berichtete am nächsten Tag über Vorkommnisse, an denen auch die Himberger beteiligt waren: „… bei der Bellaria [knapp vor dem Parlament] machten sich größere Ansammlungen von Demonstranten bemerkbar. Auch diese bestanden zumeist aus jugendlichen Elementen, viele davon in den nun schon typisch gewordenen Windjacken, in Kniehosen und mit starken Stöcken ausgerüstet. Sie bildeten kleine Trupps, zumeist um die dort postierten Wachleute, die sie zu ihrem Standpunkt zu bekehren suchten. Andere wiederum scharten sich um einen Redner, der heftige antisemitische Brandreden hielt. Ähnliche Gruppen standen auch vor dem Parlament. Bisweilen aber kam es auch zu heftigen Zusammenstößen mit der Wache, wenn der Aufforderung ‚nicht stehen zu bleiben und weiterzugehen‘ nicht Folge geleistet wurde. Diese Tumulte endigten dann gewöhnlich mit der einen oder anderen Verhaftung, worauf die Kameraden des Verhafteten nachdrängten und die Wache beschimpften.
Schon in der Umgebung des Parlaments kam es so manchmal zu bedrohlichen Situationen, in denen ein einzelner Wachmann sich einem größeren Trupp gegenübersah und, um sich gegen einen tätlichen Angriff zu schützen, den Säbel zog.“
Insgesamt kam es an diesem Tag bis spät in den Abend zu mehr als hundert Verhaftungen und mehreren Verletzten auf beiden Seiten. Für die nationale „Deutschösterreichische Tages-Zeitung“ war es eine gute Gelegenheit, den Hass gegen die Juden weiter zu schüren und berichtete am nächsten Tag auf der Titelseite sogar von angeblich getöteten Demonstranten. „Blutiger Auftakt zum Zionistenkongress. Polizeiattacken gegen die bodenständige Bevölkerung. Menschenjagd auf der Ringstraße. Zahllose Verwundete.“
Unsere Deutschen Turner machten sich nach den für sie durchaus aufwühlenden Kämpfen erst spät auf den Heimweg. Am Ostbahnhof stießen sie vorgeblich noch auf einen zur Abfahrt bereiten Zug voller „flüchtender Juden“. Im Polizeibericht liest man: „Sämtliche zur selben Zeit am Ostbahnhof anwesenden Fahrgäste, unter ihnen auch die 8 Turner von Himberg, schrien und pfiffen auf die im Schnellzug befindlichen Juden, weshalb einige hiesige Turner von den Letzteren angeblich angespuckt wurden.“
Die Turner kamen mit der Ostbahn kurz nach 23:00 Uhr in Himberg an. Der Großteil von ihnen ging noch ins Gasthaus Stöckl um den heutigen Kampftag abzuschließen. Jemand erzählte, dass man in der Wachau ein Ausflugsschiff, auf dem sich hauptsächlich Teilnehmer des Zionistenkongresses befanden, mit Steinen beworfen habe. Anscheinend dachte man, dass in dem Schnellzug nach Budapest, der etwa um 24:00 die Station Himberg passiert, ebenfalls viele Juden „flüchten“ würden, denn einer meinte plötzlich, dass es eine Hetz wäre, wenn man diesen mit Steinen bewerfen würde.
Der Müllergehilfe Adolf Neugschwandtner, der 21jährige Handelsgehilfe Leopold Schmid, der 20jährige Student Karl Pichl und der 18jährige Elektriker Franz Nußbaum machten sich auf den Weg zum Bahngleis knapp außerhalb Himbergs, sammelten faustgroße Steine und warteten auf den Zug, der bald darauf im Dunkeln herannahte. Die Stelle bei Bahnkilometer 14.3, etwa 1,2 km vom Bahnhof Richtung Osten, war strategisch gut gewählt, denn die Burschen konnten auf einer Böschung stehend waagrecht in die Fenster zielen. Insgesamt trafen sie sieben Scheiben von vier verschiedenen Waggons, welche klirrend zersplitterten. Wie sich später herausstellte, war durch großes Glück nur ein Reisender durch Glassplitter an einer Hand leicht verletzt worden.
Man lief nach Hause, Adolf Neugschwandtner kam um 0:30 Uhr verschwitzt, keuchend und mit stark verschmutzten Schuhen ins Burschenzimmer der Dreherschen Mühle, das er mit einem Kollegen teilte.
Er war über die Felder gelaufen, und die Spuren, die er hinterlassen hatte, führten den Gendarmeriekommandanten von Himberg, Maximilian Petz, tags darauf bis vor die Mühle. Vom Obmann des Turnvereins erfragte er danach die Namen derer, die nach Wien gefahren waren – von der Mühle war das nur der Gehilfe Neugschwandtner gewesen. Zur Rede gestellt, gestand dieser angeblich sofort und nannte auch gleich die Namen der drei Mittäter. So steht es im Protokoll.
Die Hauptverhandlung fand am 31. Oktober 1925 vor einem Einzelrichter am Landesgericht II in Wien statt. Die Vier rechtfertigten sich, dass sie die Tat in begreiflicher Aufregung und Erregung begangen hätten. Als Gründe für ihre Beunruhigung nannten sie das brutale Vorgehen der Polizei in Wien, die Verletzung eines Kollegen und den Vorfall am Ostbahnhof, wo sie von Juden bespuckt worden seien. Sie stellten den Hergang so dar, als hätten sie sich gar nicht zur Tat verabredet, sondern spontan und unüberlegt gehandelt, ohne bösen Willen. Erst als die Fenster klirrten, sei ihnen zu Bewusstsein gekommen, was sie getan haben.
Das Strafgesetz sah in der ursprünglichen Fassung von 1852 für boshafte Beschädigung an Eisenbahnen und dazugehörenden Anlagen und Gegenständen schweren Kerker von einem bis zu zehn Jahren vor.[2] Milderungsgründe konnten dieses Strafmaß stark reduzieren.
Vom Erstgericht wurde Neugschwandtner zu 2 Monaten, ein Mittäter zu 3 und zwei Mittäter zu 1 Monat strengen Arrest verurteilt. Die Strafe wurde auf Bewährung mit einer Probezeit von zwei Jahren ausgesprochen. Nach einer Berufung wurde das Strafmaß im Dezember 1925 jeweils auf etwa die Hälfte reduziert.
Auffallend ist, dass im Urteil zuerst noch stand, dass die Täter „die körperliche Sicherheit von Reisenden gefährdet und ein Reisender durch die Splitter auch leicht verletzt“ worden sei. Diese Sequenz wurde herausgestrichen, es blieb nur der relativ geringe Sachschaden stehen. Mildernd zählte man das schnelle und reumütige Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit, und die „durch Alkoholgenuss und politischen Parteihader hervorgerufene Gemütserregung“.
Die Lebenslaufbahn von Adolf Neugschwandtner lässt an der Reumütigkeit seines Geständnisses zweifeln. Man kann sich vorstellen, dass die Burschen herzlich über das milde Urteil lachten und zu weiteren Taten motiviert wurden.
Quelle: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gerichtsakt III Vr 3335/1925
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[1] Neue Freie Presse, 17. August 1925, S. 2.
[2] Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit StG § 85 lit. c in Verbindung mit § 86 StG. Strafreduktionsmöglichkeit § 54.
Cousin von SA Brigadeführer Adolf Neugschwandtner endete 1943 im KZ Dachau
September 3rd, 2024SA-Brigadeführer Adolf Neugschwandtner, der nach dem Krieg erfolgreich als Adolf Neumann in Deutschland untertauchte, hatte einen jüngeren Cousin in Wien. Er hieß Josef Neugschwandtner und war der Sohn seiner Tante Anna, die in die Hauptstadt gezogen war, um dort als Dienstmädchen zu arbeiten. Diese heiratete 1907 den um mehr als 40 Jahre älteren Franz Hauk. Am 29. Mai 1917 gebar sie Sohn Josef, der aber nachträglich gerichtlich für „unehelich“ erklärt wurde.
Josef erlernte den Beruf des Galvaniseurs bzw. Metallschleifers. Er schloss sich den seit Februar '34 verbotenen Sozialisten an und wechselte darauf zur KPÖ. Im Jahr 1937 ging er, wie viele andere seiner Gesinnung, nach Spanien und kämpfte in der XI. Internationalen Brigade auf Seiten der Republikaner.
Nach dem Sieg der Nationalisten unter General Franco im Jahr 1939 flüchtete Neugschwandtner über die Grenze nach Frankreich und kam dort zusammen mit vielen anderen Flüchtlingen in die überfüllten Lager in Gurs bzw. Argelès.[1]
Nach der Niederlage gegen Nazideutschland 1940 wurden die Franzosen verpflichtet, alle Deutschen auf Verlangen ausliefern. In Deutschland gab es den Erlass vom September 1940, dass alle ehemaligen „Rotspanienkämpfer“ zumindest auf Dauer des Krieges in Schutzhaft zu nehmen sind. Dies dürfte in den französischen Lagern nicht bekannt gewesen sein, denn Neugschwandtner entschloss sich zusammen mit etwa 140 anderen Österreichern im Frühjahr 1941 zur Rückkehr. Alle kamen jedoch ohne Umwege am 1./2. Mai 1941 ins KZ Dachau.
Obwohl die Überlebensrate für Spanienkämpfer in Dachau an sich hoch war, starb Josef am 24. Februar 1943 im Lager laut Todesmeldung an „Versagen von Herz und Kreislauf bei Unterleibstyphus“[2]. Die Entbehrungen und üblen Zustände des Lagers brachten ihn und etwa 20 weitere ehemalige Spanienkämpfer zwischen 1942 und 1945 in Dachau um.[3] Diejenigen, die sie diesen Bedingungen unterwarfen, haben ihren Tod verschuldet.
Nach dem Krieg suchte seine Mutter als Opfer des Naziterrors beim K.Z.-Verband um Unterstützung an. In einem Brief vom 11. April 1946, der erhalten ist, bittet sie darum, dass man sie aufsuche, um ihr die versprochene Bekleidungsunterstützung zu überbringen. Sie schreibt, es fehle ihr die Kraft, selbst vorzusprechen, um ...
„… Sie herzlich zu bitten, denn ich war den ganzen Winter sehr krank, bin ich auch in ärztlicher Behandlung bei H. Dr. Hirsch-Zeiler gestanden und es ist mir nicht möglich persönlich mit Ihnen in Verbindung zu treten, so schwach bin ich noch, und so ausgehungert. Ich muss Sie bitten, mir jemand zu senden. Der sich überzeugt, und es auch aufnimmt. Ich bin seit 21./2. 1945 vollständig ausgebombt, ausgebrannt, habe keine richtig gehende Uhr, wohne in einem bombenbeschädigten Haus in Wien X., Buchengasse 4, Tür 7a und kann mit dem besten Willen Ihre Amtsstunden nicht einhalten. Die Fenster sind mit Brettern vernagelt, die Tür förmlich zersplittert so dass ich gezwungen bin, alle Gesuche und Bitten auf brieflichem Weg zu erledigen. Bitte! Bitte senden Sie jemand Verlässlichen zu mir, bevor es zu spät ist.“[4]
Die Mutter starb am 4. September 1954 mit 74 Jahren. Im Grab ist sie mit ihrem Sohn und zwei Schwestern vereint.
[1] ÖsterreicherInnen für Spaniens Freiheit 1936-1939. Online: https://www.doew.at/erinnern/biographien/spanienarchiv-online/spanienfreiwillige-n/neugschwandtner-josef
[2] Sterbeurkunde Nr. 401 Standesamt Dachau vom 25. 2. 1943. Online: https://collections.arolsen-archives.org/en/document/10219885
[3] Hans Landauer: Weg und Blutzoll der österreichischen Spanienkämpfer in den Jahren 1939-1945, S. 158
[4] Mildschütz Anna schreibt an KZ Verband. Dass ihr Sohn NEUGSCHWANDTNER JOSEF Spanienkämpfer war und 1943 im KZ Dachau gestorben ist. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Signatur 20.100/8129
Nachrichten aus einer verdrängten Zeit Gmünds
August 29th, 2024Nachrichten aus Gmünd, stammend aus den ersten Monaten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Bis auf zwei gekennzeichnete Beiträge stammen sie aus der parteinahen „Land-Zeitung“ des Kremser Verlegers Josef Faber. Thema der Auswahl: Judenhass und Judenverfolgung
1938
Eingesperrt wurde der hiesige Sohn des Josef Schwarz, da er sich in nicht wiederzugebender Weise über die jetzige Bewegung ausdrückte. Auch andere „Standespersonen“ wurden in Schutzhaft genommen, einige aber nach kurzer Zeit wieder entlassen. Bei dem früheren Regime hätten sie nichts zu lachen gehabt, wenn sie sich so verhalten hätten. Frau Birgfellner (Riehl) welche wegen nat.-soz. Betätigung seinerzeit als Postbeamtin entlassen wurde, wurde wieder beim Postamt Gmünd 2 eingestellt. Wie überall, wurde die Gemeinde, Sparkasse, Fürsorge usw. von den Nationalsozialisten übernommen und die früheren Amtswalter enthoben. Überall aber ging man äußerst human vor. Unsere früheren SS und SA-Männer waren sofort zur Stelle und versehen ihren Dienst. Von Deutschland sind SS-Männer nach Gmünd per Auto gekommen, welche in ihren schmucken Uniformen Aufsehen erregen. Auch die jüdischen Rechtsanwälte stehen unter Aufsicht. Auch die jüdischen Ärzte erhielten eine Aufschrift, damit Fremde sie als Juden erkennen. Auch die Kanzleien der Juden Friedmann und Pollak stehen unter Aufsicht. Doktor Glaser ist bereits von Gmünd abgefahren. Der frühere Heimatschützer Dr. Michl wurde zu drei Monat Haft verurteilt, da er sich in unanständiger Weise gegen die Bewegung aussprach.
[Heimatschützer: Mitglied des Heimatschutzes, einer paramilitärischer Einrichtung der den Nazis verhassten Vaterländischen Front Österreichs.]
Verschiedenes. Die jüdischen Firmen Löwy, Reich und J. Schwarz wurden unter arischer Leitung gestellt. – Unsere stramme SS erhielt bereits schmucke Uniformen, welche den schlanken jungen Männern vorzüglich passen. Die Sammlungen in den einzelnen Ortschaften werden planmäßig durchgeführt und fließen die Spenden der diensthabenden SA und SS zu. Pg. Herr Oberlehrer Bründl, ein geborener Gmünder, ist unermüdlich tätig, die Bevölkerung aufzuklären und hält massenhaft besuchte Versammlungen ab. Er wurde von dem früheren Regime mit Hass und Maßregelung verfolgt. Als Dietwart des Deutschen Turnvereines Gmünd ist er allen in bester Erinnerung, da er ein vorzüglicher, mit großem Wissen ausgestatteter Redner ist. Pg. Walter Weiner, welcher ebenfalls ein strammer Turner war, ist in Wien NSBO [Nationalsozialistische Betriebszellenorganisations]-Leiter seiner Firma, welche seit Jahren die größte Reklame (Lichtreklame)-Firma Wiens ist. Der einzige arische Rechtsanwalt in Gmünd ist Pg. Dr. E. Wais, in dessen Kanzlei auch Pg. Dr. Schrattel, dessen schneidigen Reden den Gerichtssaalbesuchern bekannt sind. – Der nächste Jahrmarkt findet am 12. April in Gmünd 2 (Neustadt) statt und wird hoffentlich von vielen arischen Marktfieranten [Marktfahrer] und Käufern besucht. Es ist ja die Osterwoche. Das städt. Museum ist wieder jeden Sonn- und Feiertag geöffnet und versäume keiner den Besuch desselben. Er wird dadurch unsere deutsche Stadt besser kennen lernen. Unsere strammen SA- und SS-Männer und die Hitlerjugend, zu der ein großer Zulauf herrscht, veranstaltete am 24. d. abends einen großen Propagandazug durch die Stadt. Die Beteiligung bewies wieder glänzend, dass die neue Zeit in Gmünd verstanden und freudig begrüßt wird.
[Pg.: Parteigenosse, Mitglied der NSDAP]
Nun sind auch in Gmünd alle jüdischen Geschäfte durch das Anbringen von großen Zetteln mit der Aufschrift „Jüdisches Geschäft“ erkenntlich gemacht. Alle werden dadurch ihre Kunden verlieren, denn die Parole heißt: „Kauft nur bei Ariern!“ Wie wir hören, wollen manche Juden Gmünd verlassen. Nur wissen sie nicht, wohin. Auch die jüdischen Kaufhäuser in den Städten der Umgebung, z. B. in Schrems, Weitra, Litschau u. a. tragen ähnliche Kennzeichnungen. Die Bäcker drüben [in der Tschechei] klagen schon, dass ihnen jetzt das Brot übrigbleibt, das früher Staatsangestellte und Pensionisten herübertrugen.
Abgezogen. Wie uns mitgeteilt wird, verlässt Rechtsanwalt Dr. Mayer-Friedmann unsere Stadt. Die beiden jüdischen Anwaltsanwärter Dr. Glaser und Dr. Tellmann haben ebenfalls unsere Stadt verlassen. Sie zeichneten sich durch anmaßendes Benehmen auch bei Gericht aus, sodass sie der Richter ermahnen musste; ein Staatsanwalt von Krems sagte sogar einmal zu Dr. G.: „Benehmen Sie sich anständig, Ihre Manieren müssen Sie sich abgewöhnen, wir sind nicht in Tarnopol.“
[Tarnopol/Ternopil: Stadt in Galizien, von wo viele Juden zugezogen waren]
Zum Nachweis der arischen Abstammung teilt das Pfarramt im Pfarrblatt mit, dass alle Bewerber im Matrisenscheine [„um Matrikenscheine“?] von der Stadt Gmünd nur nachmittags von 2 bis 5 Uhr in der Pfarrkanzlei vorsprechen mögen, um den auswärts wohnenden Bewerbern, die vielfach schon mittags wegfahren müssen, die Möglichkeit zu geben, ihre Scheine vormittags erhalten zu können. Bekanntlich soll jeder eine arische Abstammung bis zu den Großeltern nachweisen können. Besonders wichtig ist dies für Bewerber um eine Staatsanstellung.
Was ist Rasse? Es gibt auch hier noch Personen, welche die Rassengesetze nicht anerkennen wollen und sagen, wir alle sind Menschen. Menschen sind wir zwar, aber nicht alle gleich. Was ist nun Rasse? Rasse ist die Gemeinschaft von Menschen, welche gleiche geistige und körperliche Merkmale haben, die vererblich sind. Es können sich die guten und auch die schlechten geistigen Eigenschaften geradeso vererben, wie die körperlichen Eigenheiten. Will sich eine Rasse rein erhalten, so darf sie sich mit einer anderen Rasse nicht vermischen. Der Mischling erbt auf die schlechten Eigenschaften der Rasse. Darum hat Deutschland die Nürnberger Rassengesetz [so!] geschaffen. Nur der Internationale kennt keine Rasse, dem ist Mensch, Mensch; er weiß aber, dass gerade er, der meist von Juden geführt wird, die Eigenschaften dieser Rasse mitvererbt. Zu welchem Schaden, ersehen wir ja jetzt besonders deutlich an dem vergangenen Elend, wo die internationalen demokratischen Regierungen herrschten, bei denen meist das jüdische Großkapital und jüdische Akademiker herrschten. Ihnen war ihr Ich Hauptsache, das Volk aber, die Rasse, nebensächlich. Sie wollten es vermischen und indifferent machen. Es ist ihnen dies leider durch den Lauf der Jahre gelungen. Dies soll nun anders werden. Jede Rasse, auch die jüdische, soll sich unter sich vermehren, aber auch sich selbst verwalten und erhalten. Land ist hiezu genug auf Erden!
Weitra.
Warnung! Zu meiner Empörung wurde von schmutzigen Elementen das Gerücht verbreitet, dass ich und meine Frau anlässlich der Abstimmung nicht wahlberechtigt waren, weil ich Judenstämmling sei; hingegen wäre mein Sohn, Dr. Felix Freund, Rechtsanwalt in Weitra, schon abstimmungsberechtigt gewesen. Mittels in meinen Händen befindlichen Dokumenten weise ich nach, dass meine Urahnen und Ahnen beiderseitiger Elternteile, schon vor dem Jahre 1600 in Kehrbach, Arbesbach, Frauenwies und Streith bei Langschlag, also ausschließlich im Bezirk Gr.-Gerungs, als Bauern ansässig waren. Der Stammhof, der meinen Ahnen seit mehr als 150 Jahren gehört, wird derzeit von meinem Vetter Franz Freund, Bauer in Streith Nr. 6, bewirtschaftet. Aus den Taufmatriken des Pfarramtes Gr.-Gerungs können obige Tatsachen jederzeit geprüft werden.
Ich warne jedermann nachdrücklichst, künftighin Gerüchte, dass meine Abstammung nicht rein arisch sei, zu verbreiten, da ich gegen solche Gerüchtemacher energischest vorgehen werde.
Alois Freund, Postamtsdirektor a. D., Weitra, N.-Oe. 1189
Alles war verjudet. Der Lebensmittelgroßhandel Österreichs (auch die Konsumvereine) war geradezu jüdisches Monopol. Beim Zentralviehmarkt waren mehr als die Hälfte der Kommissäre, welche schwer verdienten, Juden. Die übrigen, d. h. die Arier bildeten nur Staffage. Ein Großteil des österreichischen Landbesitzes war in jüdischen Händen. Diese hatten sich den Besitz bei Zwangsversteigerungen usw. ergaunert. Auch im Waldviertel ist dies hier leider vorgekommen. Diese Besitzverhältnisse dürften sich schon in allernächster Zeit erheblich ändern. Es haben sich schon in einer ganzen Reihe von Orten Arbeitsgemeinschaften arischer Händler gebildet, um die Viehmärkte (auch den Wiener Markt) judenfrei zu machen. Deutschland wird seinen Brotkorb in die eigenen Hände nehmen und nicht mehr rassenfremden Elementen zur Ausbeutung überlassen. Es wird auf allen Gebieten gründlich Reinigung eintreten. Und dies alles, die ganze Verjudung geschah unter der Protektion der christlichen Schuschniggregierung. Dies war ja begreiflich, da ja der Chef derselben eine Jüdin heiraten wollte und Starhemberg von den Juden auf Kosten des Volkes saniert wurde.
Eine betrügerische Judenfirma. Bekanntlich besitzt die Steinindustriefirma Carl Benedikt, Wien 3., Rennweg, in Gmünd ein größeres Steinbruchswerk (Werkstätten) und in der Umgebung Steinbrüche. Nun wurden der Chef der Fa. Carl Benedikt und sein Bruder Leo Benedikt dem Gericht wegen betrügerischer Kirda [so! Krida] eingeliefert. Die jüdische Firma verstand es, seit 1918 durch betrügerische Buchungen Aktivität vorzutäuschen, obwohl sie schon zu dieser Zeit mit Zahlungsschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Nun wurde ein Schuldenstand von 150.000 Reichsmark festgestellt. Die Firma kaufte seinerzeit das Werk von der Firma Neuwirth in Gmünd. Das Gmünder Werk soll einstweilen unter kommissarischer Leitung fortgeführt werden.
Arisierung. Wie uns mitgeteilt wird, soll die Holzwarenfabrik „Bobbin“ in eine arische Firma umgewandelt werden und von einem arischen Konsortium erworben worden sein. Seit dem Umbruch beschäftigte die Fabrik nur eine geringe Anzahl Arbeiter. Hoffentlich tritt nun wieder Vollbetrieb ein. Die Bobbin war auch früher eine Aktiengesellschaft.
Großes Aufsehen erregte am 18. d. ein kleiner Zug. Zwei Personen aus der Umgebung (ein Bursch und ein Mädel) kauften in einem jüdischen Geschäft eine geringfügige Ware (Blaudruck). Zwei SS-Leute in Zivil führten die beiden mit einer großen Spotttafel durch Gmünd 1 und 2, was begreiflicherweise Aufsehen erregte. Jedenfalls war der Umzug für die beiden keine angenehme Sache.
Arisierung. Die jüdische Großhandlung E. Löwy und Sohn ging käuflich in den Besitz der Herren Speil und Hudler über, wodurch die Firma arisiert ist. Das große Handlungshaus befindet sich bekanntlich am Hitler-Platz in Gmünd 1. Das Kaufhaus Kohlseisen in Gmünd 2 ist geschlossen und wird jedenfalls ebenfalls in Kürze arisiert werden. Es sind mehrere Interessenten vorhanden. Die Lederhandlung Reich in Gmünd 1 wurde unter arische Leitung (kommissarisch) gestellt. Der jüdische Schuhmacher Neufeld in der Kirchengasse, Gmünd 1 hat sein Geschäft geschlossen und Gmünd verlassen. Der jüdische Rechtsanwalt Doktor Mayer Friedmann soll sich auf Kur nach Baden begeben haben. Auch die jüdischen Rechtsanwaltsanwärter Dr. Glaser und Dr. Tellmann haben Gmünd ebenfalls verlassen. Die jüdischen Geschäfte haben gar keine Kunden und wird ihnen nichts übrigbleiben, als die Geschäfte an Arier abzutreten. Meistens haben sie ohnehin geschlossen. Der ehemalige GR. und „Inhaber“ mehrerer Funktionen in allen möglichen Ämtern, Karszewsky, hat ebenfalls Gmünd verlassen; dieser Herr hatte auch in der IBK., Arbeitslosenamt usw. ein gewichtiges Wort zu reden und war der Ansicht, dass Ausgesteuerte nicht bei öffentlichen Arbeiten verwendet werden dürfen. Auch in der Gemeindestube spielte er oft die erste Geige. Er soll jüdischer Abstammung sein.
[IBK. Industrielle Bezirkskommission, paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzt, regelte Arbeitsmarktfragen, zahlte Notstandsunterstützung aus]
Arisierung. Bezugnehmend auf den in Folge 27. vom 6. Juli Ihrer Zeitung unter „Arisierung“ erschienenen Artikel, betreffend die Firma E. Löwy u. Sohn, Gmünd, N.-Ö., teile ich Ihnen zur Richtigstellung mit, dass die gemachten Ausführungen nicht den Tatsachen entsprechen. Wenn auch der Verkauf bereits eingeleitet ist, kann von einer erfolgten Arisierung erst dann die Rede sein, wenn die Bewilligung seitens der Vermögensverkehrsstelle erteilt ist. Der Herr Berichterstatter möge in Hinkunft nur dann über solch heikle Angelegenheiten schreiben, wenn er über dieselben genauest informiert ist. Der kommissarische Leiter: Franz Zelenka.
Arisierung? Die Gattin des Kaufmannes S. Frühwirt in Gmünd 2, welche Jüdin war, hat Gmünd verlassen. Ihr Gatte führt sein Geschäft weiter. Mehrere Geschäfte, welche nichtarisch sind, werden von den Besitzern verkauft und sind hiefür mehrere arische Interessenten vorhanden.
Bubikopf. Unsere lieben Leser werden sich vielleicht erinnern können, dass wir schon vor Jahren gegen den jüdischen Bubikopf schrieben. Leider ohne Erfolg. Nun geht uns das Altreich mit gutem Beispiel voran. Der Bubikopf entbehrt jeder Eigenart der Trägerin und soll nun verschwinden. Unsere Jungmädelschaft lässt sich das Haar wieder wachsen und flicht es in Zöpfe. Dass dadurch die Friseure etwas weniger einnehmen werden, ist sicher. Deshalb geht man im Altreich daran, Friseure zu anderen Gewerben umzuschulen (Schlosser, Mechaniker usw.). Auch die Ostmark wird bald diesem Beispiel folgen und der von den Juden eingeführte Bubikopf wird verschwinden und die alte, schöne Tracht der langen Haare wieder erscheinen. Früher war ja das Haar eine Hauptzierde der deutschen Frau und des deutschen Mädchens. Der zerzauste Wuscheltopf geht also seinem Ende entgegen; es ist wahrlich nicht schade darum. Erfreulicherweise sieht man auch hier schon Jungmädel, welche sich die Haare wieder wachsen lassen, wie es die Natur in prächtiger Weise vollzieht. Auch der „Gestank“, welcher manchmal aus dem Haar der jetzigen Modedame entströmt, ist sicherlich kein natürlicher Duft, wie er dem gepflegten langen Haar eigen ist. Die Natur hat sicherlich dafür herrlich gesorgt. Nur sind leider die Geruchsnerven vieler Menschen verdorben worden. Arische Mädchen brauchen wahrlich den Duft nicht durch Pomaden usw. verbergen, wie es vielleicht andere Rassen müssen, denen man keinen besonders guten Geruch nachsagt.
Achtung! Die Bezirksvertretung für die Gerichtsbezirke Gmünd und Weitra der bekannten arischen Versicherungsgesellschaft Victoria zu Berlin hat Herr Hans Botzi in Gmünd 2 übernommen. Die genannte Versicherungsgesellschaft ist eine rein arische und im nationalsozialistischen Sinne geleitete Gesellschaft, welche besonders auch den Landwirten zu empfehlen ist, da sie dadurch eine Steuerbefreiung oder niedrigere Steuerleistung erreichen können. Herr Botzi gibt jedermann gerne Auskunft und ist als guter, nationalgesinnter Volksgenosse bekannt. Wir können den Landwirten raten, sich von ihm in Versicherungsangelegenheiten beraten zu lassen. Meiden Sie die jüdischen Versicherungen, welche zwar manchmal jetzt ein deutsches Mäntelchen umgehängt haben. Die Victoria-Versicherungsgesellschaft ist ein einwandfreies arisches Unternehmen. Wir werden in einer der nächsten Folgen besonders günstige Arten der Versicherungen und deren Vorteile unseren Lesern mitteilen.
Bestrafung. Wir berichteten über die Verhaftung des Bezirksrichters OLGR. Dr. Feucht von Weitra, welcher dem Bezirksgericht wegen Missbrauchs der Amtsgewalt - er behandelte die verhafteten Nationalsozialisten besonders schlecht - eingeliefert wurde. Dieser Tage wurde nun der ehemalige Richter mit seinen Konsorten (Kerkermeister usw.) nach Dachau bei München eingeliefert und kann dort über seine „hervorragenden“ Taten während der Systemzeit, deren verbissener Anhänger er war, nachdenken. Dr. Feucht war schon während der Verbotszeit wegen vieler Prozesse sehr unbeliebt. Er stellte sich äußerst bigott, ging täglich in die Kirche und auf den Friedhof. Alle Parteien, die mit ihm zu tun hatten und die im Geruche standen, Gegner der Schreckensherrschaft zu sein, bestrafte er strenge und auch oft ungerecht. Mancher Bauer hat den Verlust seines Hofes ihm zu verdanken. Die Verhafteten fuhr er stets grob an, witterte in jedem einen Schwerverbrecher. Die Kost im Kerker war miserabel, besonders die politischen Häftlinge wurden elendig gefüttert. Bereits nie erlaubte er eine Zubesserung. Nun kann er Gefängniskost versuchen. Auch sein getreuer Kerkermeister stand ihm in der Ausübung der Drangsalierungen treu zur Seite. Auch er hat nun den verdienten Lohn erhalten. Feucht ist mehrfacher Wirtschaftsbesitzer; sein Amt als Richter wird er wohl nie wieder ausüben. Sein Charakter erhält dadurch Beleuchtung, dass er sich nach dem Umbruch als Nazi gebärdete; es wurde ihm aber seine Umstellung nicht geglaubt. Die Weitraer, aber auch die Gmünder kannten den Herrn besser.
Verhaftung zweier Systembonzen im Waldviertel. Im ganzen Bezirk Gmünd hat die Verhaftung von zwei Systembonzen, die viele Familien von Nationalsozialisten ins Unglück gebracht haben, Befriedigung hervorgerufen. Die beiden sind der frühere Leiter des Bezirksgerichtes in Weitra, Oberlandesgerichtsrat Dr. Feucht, der ein wahres Schreckensregiment ausgeübt hat, und der Bindermeister Pen[n]inger in Gmünd, der sich während der Verbotszeit als „Nationalsozialist“ gebärdete, um gegen ansehnliche Prämien als Polizeispitzel Nationalsozialisten zu verraten und den Systemgerichten auszuliefern. Die beiden wurden vorläufig in Dachau untergebracht.
Bote aus Mistelbach, 2. September 1938, S. 3
[Landesgerichtsrat Dr. Heinrich Feucht]
Verhaftung. Das hiesige Ehepaar Herr und Frau F., Kaufmann in Gmünd 2, wurde wegen unerlaubten Grenzverkehres verhaftet. Die Gattin des F. ist Jüdin. Das Geschäft ist derzeit gesperrt. Das Ehepaar befindet sich in Wittingau.
[F: Frühwirth]
Schächten. Bekanntlich ist nach dem Talmud den Juden vorgeschrieben, nur Fleisch von geschächteten Tieren zu essen. Das Schächten ist eine arge Tierquälerei, denn den Tieren wird der Balg bei lebendigem Leib herabgezogen. In Großdeutschland ist das Schächten verboten. Dieser Tage ließ eine Jüdin einen Haushasen von einem Eisenbahner schächten. Diese Marterei wurde gesehen und dem Tierschutzverein angezeigt, welche die gerichtliche Anzeige erstattete. Viele Juden essen jetzt Schweinefleisch usw. von ungeschächteten Tieren und hat sicherlich Frau M. auch schon Fleisch von ungeschäch-…
Flucht. Der Kaufmann Frühwirth, welcher in Gmünd 2 ein gutgehendes Geschäft hatte und dessen Frau Jüdin ist, reiste bei Nacht u. Nebel ab und soll sich jetzt wie eine Karte meldet in Prag befinden. Das Geschäft ist geschlossen. Der jüdische Schuhmacher Neufeld ist abgereist und will nach Amerika wandern. Auch der Schuster Polonsky ist bereits von Gmünd verschwunden. Er war ein polnischer Jude!
Ein Kartenkünstler. Franz Weinrich, ein herumziehender Zigeuner, stand am 6. d. vor dem Richter, um sich wegen betrügerischen Kartenspielens zu verantworten. Er führte in einem Gasthaus in Gmünd mehrere Kartenkunststücke vor, u. a. auch legte er drei Karten auf und der Mitspieler sollte sich eine Karte merken. Der Zigeuner warf dann die drei Karten durcheinander und man sollte die gemerkte Karte erraten. Zuerst wurde um kleine Beträge gespielt, welche der Zigeuner gewinnen ließ. Waren die Beträge höher, so gewann natürlich er. Die Karten waren gekennzeichnet, aber so dass Mitspieler…
Am 22. erhielten alle Juden den Befehl binnen 24 Stunden das Grenzgebiet zu verlassen. War ein Jude mit einer Arierin verehelicht, so konnte die Frau und die Kinder hierbleiben. Die Ausweisung geschah aus Sicherheitsgründen und zum Schutz der Betroffenen. Der Arzt Dr. Gold hat Gmünd endgültig verlassen. Er soll einstweilen nach Wien übersiedelt sein und gedenkt später nach Prag zu reisen. Ob er dortbleiben kann, ist bei den dermaligen Verhältnissen wohl zweifelhaft.
Gmünd ohne Juden. Auch der jüdische Advokat Pollak musste Gmünd verlassen. Er blieb solange hier, als er durfte. Nun hat auch für ihn die Stunde geschlagen. Freunde dürfte er wenig hinterlassen haben. Auch alle anderen Juden mussten Gmünd binnen 24 Stunden verlassen; man traut ihnen eben nicht einmal solange, als man sie sieht. Auch die bekannte Jüdin Münz ist abgereist. Sie glaubte, hier bleiben zu können. Ihr Mann ist bekanntlich wegen seiner schönen Taten in Dachau. Er war als Ratgeber mancher Steuerträger bekannt; wie er dieselbe ausübte ist bekannt. Nach echt jüdischer Manier. Auch Tschechen spielen hier noch den Steuerratgeber, obwohl sie als Steuerspitzel gerichtlich festgestellt wurden. Auch ihre Tätigkeit wird ein Ende nehmen.
Die Welt wehrt sich gegen Juda
Einwanderungsverbote und Konzentrationslager gegen jüdische Emigranten.
Ein Jude hat geschossen. Die Kugel traf einen deutschen Beamten, der den jüdischen Verbrecher in Ausübung seines Dienstes empfangen hatte. Das deutsche Volk gab die klare eindeutige Antwort dem jüdischen Volk, dem der Mörder entstammt, in dessen Auftrag er gehandelt hat. Die deutsche Reichsregierung ergriff Sofortmaßnahmen gegen die Juden, die in Deutschland durch Jahrzehnte gehaust haben, die das Deutsche Reich und Volk bis an den Abgrund brachten.
Nun brüllt die Presse der demokratischen Länder, sie klagt Deutschland vor aller Welt an: die armen Juden – die grausamen, barbarischen Deutschen! Das sagt die Presse, das heißt das sagen die Juden, denn niemand anderer macht die Presse in den demokratischen Ländern!
Was aber sagen die Völker, was sagen die Staatsmänner? Die wissen, warum sich Deutschland zur Wehr gesetzt hat, sie wissen, warum das deutsche Volk die jüdische Bestbeule an seinem Körper nicht mehr länger duldet. Sie sagen es zwar nicht aber, sie handeln nach ihrem Wissen und ihrer Verantwortung dem eigenen Volk gegenüber: Schließung der Grenzen gegen das jüdische Emigrantengesindel, Konzentrationslager für unerwünschte, lästige jüdische Volksschädlinge! Das ist das wahre Echo auf die deutschen Maßnahmen gegen die Juden. Und das können auch die jüdischen Hetzer und Schreier in den Redaktionsstuben nicht übertönen. Beweis dafür eine kleine Blütenlese:
Die Judenorganisation der tschechischen Agrarier in Mähren verlangt die …
[„Ein Jude hat geschossen“: Attentat auf den den Botschaftsmitarbeiter Ernst Eduard vom Rath durch Herschel Grynszpan in Paris am 7. November 1938]
Gmünd – judenrein! Gmünd ist seit einiger Zeit wirtschaftlich judenrein. Auch hier sind Personen, welche sagen, das Vorgehen gegen die Juden sei etwas hart. Denen sei aber gesagt, dass die Juden immer Volksfeinde waren. Das zeigten auch die letzten Hausdurchsuchungen nach dem Mord an Botschaftsrat vom Rath. Man fand bei den Juden zahlreiche Waffen, Auslandsvaluta und kommunistisches Propagandamaterial; auch selbst in den Synagogen wurde staatsfeindliches Material gefunden, was zeigt, dass die Juden alles daransetzen wollen, um zu hetzen und zu schüren. Sie sind eben Staatsfeinde! Die Empörung der deutschen Bevölkerung ist deshalb berechtigt. Es gibt keine unschuldigen Juden, wie manche behaupten. Besonders hier an der Grenze musste man umfangreiche Vorsichtsmaßregeln ergreifen, da die Juden mit den Kommunisten und Tschechen in Verbindung standen. Sie mussten deshalb von der Grenze entfernt werden. Nun ist dies endlich restlos gelungen.
[Ernst Eduard vom Rath wurde am 7. November 1938 in Paris von Herschel Grynszpan angeschossen, er verstarb an den Folgen am 9. November. Die Tat wurde zum Anfachen der laufenden, grauenhaften Novemberpogrome benutzt.]
23.11.1938
Versammlung. Die Ortsgruppe der NSDAP. veranstaltete am 17. d. im Kinosaal Gmünd 2 eine große Versammlung. Der geräumige Saal war bis auf das letzte Plätzchen gefüllt, ja viele konnten keinen Platz mehr vorfinden. Die einzelnen Formationen waren in Uniform ausgerückt, was der Versammlung ein lebhaftes Bild bot. Ortsgruppenleiter Pg. Ing. Birgfellner eröffnete die Versammlung und begrüßte u. a. den Kreisleiter Pg. Lukas und den erschienenen Gauredner Pg. Scheriau. Unter Fanfarenklängen zogen die Fahnen auf und wurden lebhaft begrüßt. In mehr als eineinhalbstündiger Rede schilderte der Redner den Werdegang der Partei. Er verstand es mit glänzenden Worten, das Vorgehen der Systemregierungen im Altreich und auch in der Ostmark zu schildern. Atemlos lauschten die vielen Zuhörer den Ausführungen. Besonders scharf kritisierte der Gauredner das Vorgehen der politisierenden Priester, die Politik des Vatikans, welche durch Jahrtausende stets für das deutsche Volk ein Unglück war. Scharf nahm er die Juden unter die Lupe, erörterte an Beispielen das volksfeindliche Verhalten dieser Rasse. Überall, wo Geld zu verdienen war, u. zw. mühelos durch Spekulation, war der Jude. Bei der Arbeit fand man ihn nie. Die Ausführungen wurden oft von lebhaftem Beifall unterbrochen, was bewies, dass Pg. Scheriau allen aus dem Herzen sprach. Er verstand es auch, die Meckerer und Nörgler zu zerzausen, die es verstehen bzw. es versuchen, Zwietracht unter die Volksgenossen zu säen. Die Brieftasche halten die Herren zu, die Wohltat der Partei aber wollen sie genießen. Sie sind keine Nationalsozialisten, wenn sie auch ein noch so großes Hakenkreuz auf der Brust tragen und wenn sie auch noch so laut Heil Hitler schreien; einen klaren Beweis erbrachte in dieser Hinsicht das Vorgehen der Herren Bischöfe, welche seinerzeit predigten, dass der Nationalsozialismus mit der katholischen Religion unvereinbar sei. Als sich der Umbruch vollzog, waren es aber gerade sie, welche sich sofort anbiederten. Es trieb sie wohl die Furcht dazu. Jetzt hat ihnen aber Gauleiter Bürckel die gehörige Antwort gegeben und sie sind wieder in den Hintergrund verschwunden. Tosendes Händeklatschen zeigte, dass die Zuhörer mit dem Redner eines Sinnes sind. Der Verlauf der Versammlung war ein überaus erhebender. Als Pg. Birgfellner dieselbe mit den Worten schloss, Pg. Scheriau möge bald wiederkommen, erfüllte er wohl den Wunsch aller Anwesenden. Nach einem dreifachen Sieg-Heil auf den Führer und dem Absingen der Deutschen Hymnen wurde die erhebende Versammlung geschlossen. Wir sagen mit unserem Ortsgruppenleiter: Auf Wiedersehen!
Beschlagnahmt wurden auch hier die Realitäten einiger Juden. Einige derselben sind stark überschuldet, da die Besitzer es verstanden, Geld aufzunehmen. Geld war ja für diese Rasse immer die Hauptsache.
Dass die Maßregeln gegen unsere Juden an der Grenze notwendig waren, beweist das Vorgehen des früheren Präsidenten Benesch, welcher am 4. Oktober einen Staatsstreich plante. Er wollte mit Hilfe der Juden und Kommunisten Tschechien als Sowjetstaat ausrufen. Dass die Juden damit einverstanden waren, ist leicht begreiflich. Dass es ihnen nicht gelang ist nur ein Verdienst der Vorsicht, welche man gebrauchte. Man konnte also die Juden als Staatsfeinde an der Grenze nicht dulden. Wenn ein harmloser Jude dabei war, so konnte man keine Ausnahme machen; denn hätten Benesch gesiegt, so hätten diese Harmlosen sicher seine Partei ergriffen.
Neuer Arzt. Bekanntlich musste Dr. Gold Gmünd verlassen und war bis jetzt kein Arzt in Gmünd 2. Nun hat erfreulicherweise Herr Dr. Rudolf Lanser seine ärztliche Praxis in Gmünd 2 aufgenommen und ordiniert täglich im großen Neubau in Gmünd 2. Herr Dr. Lanser ist den Gmündern fein Fremder. Er wirkte als Assistenzarzt im hiesigen Spital, wo er sich das Vertrauen der Patienten bald erwarb, sodass Gmünd 2 nun wiederum einen tüchtigen Arzt besitzt. Wir begrüßen Herrn Dr. Lanser auf das herzlichste und hoffen, dass es ihm in Gmünd gut gefällt und er sich in unserer Mitte recht wohl fühlen wird. Gmünd 2 ist ein großer Stadtteil und war ein Arzt eine Notwendigkeit, welcher Wunsch nun in Erfüllung gegangen ist. Also nochmals herzlich willkommen. Selbstredend ist Dr. Lanser rein arisch.
Geschäftsverlegungen. Auf dem Hauptplatz befand sich früher eine mechanische Strickerei der Firma Löwy. Nach dem Verschwinden des jüdischen Geschäftsinhabers aus dem Weichbilde unserer Stadt brachte der Automechaniker Vinzenz Rzepa den Besitz an sich, um hier eine für ihn praktischer gelegene Werkstätte einzurichten. Aus diesem Anlass musste der erste Stock, wo sich die Strickerei befand, geräumt werden. Sie übersiedelte ins Schloss in die ehemalige Milizkaserne und untersteht jetzt der Führung des Illegalen Felix Habel, dem wir zur Geschäftseröffnung Glück wünschen!
St. Pöltner Bote, 6. September 1951, S. 24
Geschäftsverlegung. Die bekannte tüchtige Modistin Frl. Else Wendl hat ihr Modistengeschäft von Gmünd 2 nach Gmünd 1, Kirchengasse 84, verlegt. (Ehem. Geschäft des H. Neufeld-Küchler).
1939
Auch im Nachbarlande, in der Tschechei, wurde die Zählung der Juden beschlossen. Als Grundlage der Zählung soll die Rassenzugehörigkeit gelten, nicht das Religionsbekenntnis. Also getaufte Juden werden in der Tschechei den Hebräern gleich gehalten. Auch in der Tschechei macht also der Antisemitismus Fortschritte. An der Preßburger Universität waren im letzten Semester noch 600 Juden eingeschrieben. Im jetzigen Wintersemester wurden nur mehr 38 Juden zum Studium zugelassen. Die Professorenschaft ist jetzt dort völlig judenrein. In der Slowakei dürfen jüdische Lehrer nur an jüdischen Schulen unterrichten. Recht so! Die Tschechoslowakei hat seit dem Verschwinden des Giftmischers Benesch einen anderen Kurs eingeschlagen. Die Vernunft hat gesiegt und man hat die Schädlinge aller Nationen auch dort erkannt.
4/1939
Einige der früheren Gmünder Juden zogen nach dem Umbruch in die Tschechoslowakei. Nun hat aber die Tschechei am 1. d. ein Gesetz erlassen, wonach alle jüdischen Emigranten binnen 6 Monaten das Staatsgebiet verlassen müssen. Es werden also die Herren wieder auswandern müssen. Sie mag eben niemand mehr. Auch werden alle seit 1918 erteilten Staatsbürgerrechte überprüft. Teilweise werden die Juden in Anhaltelager untergebracht werden. Von Gmünd 3 sind die Gmünder Juden, welche dorthin übersiedelten, schon abgereist.
7/1939
Die Wirkwarenfabrik wieder in arischem Besitz.
Wie bereits berichtet, ist die Wirkwarenfabrik vormals Schüller u. Co. aus jüdischem in arischen Besitz übergegangen. Einer von den vier Besitzern ist der Wiener Polizeipräsidentstellvertreter Pg. Fitzthum. Bei seinem ersten Besuch versprach er der Gefolgschaft der Fabrik bei ihrer Betriebsfeier anlässlich des Besitzwechsels nach Litschau zu kommen. Diese fand am 25. Mai im Saale Skolek statt. Voi[!] der Gefolgschaft waren 200 Heim- und Betriebsarbeiter mit Direktor Schwarzmüller erschienen, von der Partei war Ortsgruppenleiter Pg. Dr. Mayer, von den Besitzern Pg. Fitzthum und außerdem ein Vertreter der DAF. aus Wien erschienen. Pg. Fitzthum begrüßte alle Erschienenen und hoffte auf ein wirksames Zusammenarbeiten.
23/1939
„Arisierung der Wirkwarenfirma Schüller u. Co.“ In unserer Ausgabe vom 7. d. berichteten wir, dass Polizeivizepräsident Fitzthum einer der vier Besitzer der Firma Schüller. Co. geworben sei. Dies ist selbstverständlich ein Irrtum, denn es liegt auf der Hand, dass ein hauptamtlicher Staatsbeamter nicht nebenbei eine Firma arisieren kann. Es handelt sich vielmehr am dessen Bruder Karl Fitzthum.
30/1939