Kategorie: "Adolf Neugschwandtner"

Beförderungen Adolf Neugschwandtners (und Roman Jägers)

Juni 17th, 2018

Am 17. Juni 1938 verkündet „Das kleine Volksblatt“ die massenhafte Beförderung alter österreichischer Kämpfer in der SA.

„In Anerkennung der heldenmütigen Einsatzes und der unvergänglichen Verdienste der österreichischen SA um Großdeutschland hat, wie der ‚Völkische Beobachter‘ vom 16. d. [Monats] mitteilt, der oberste SA-Führer Adolf Hitler mit Wirkung vom 12. März 1938 [dem Tag der Machtergreifung in Österreich] folgende Beförderungen ausgesprochen […]
Zu Oberführern wurden ernannt: […] der Führer der illegalen Brigade 11 Niederösterreich-Nord SA-Führer Neugschwandtner […]
Zu Standartenführer wurden u.a. ernannt: […] die Parteigenossen Theodor Groß, Roman Jäger, Friedrich Knaus.“

Und fast vier Jahre später im Znaimer Tagblatt am 4. Februar 1942:

 Adolf ist SA-Brigadeführer geworden!

Adolf Neugschwandtner: Informationen aus seinem NSDAP-Personalfragebogen

Juni 17th, 2018

Am 23. Mai 1938 füllte Adolf Neugschwandtner seinen Personalfragebogen zur Übernahme in die seit kurzem nicht mehr illegale NSDAP aus.

 

 

Er hatte noch keine Kinder, war ledig, arischer Abstammung, der schriftliche Nachweis dafür noch ausständig und er wohnte in Wien in der Wasagasse 23/26 im 9. Bezirk. Als Beruf gab er Obermüller, derzeit Hauptamtlicher Führer der Brigade 92, an, als Ausbildung habe er Volks- und Bürgerschule sowie mehrere berufliche Kurse und Lehrgänge vorzuweisen.

Er war sicher kein Märzveilchen, also einer, der im März 1938 plötzlich Nazi wurde, er ist vielmehr schon im März 1925 zur NSDAP Schutzgarde gekommen und dann im Jänner 1927 zur NSDAP Hitlerbewegung übergetreten, und zwar über die Ortsgruppe Himberg bei Wien.

Die von der Reichsleitung bestätigte NSDAP Mitgliedsnummer lautete 52.118, damit gehörte er zu den ganz alten Kämpfern. Roman Jäger, der noch in diesem Eintrittsantrag eine besondere Rolle spielen wird und der spätere Ehemann von Helene Naber-Binder war, hatte schon 511.390!

Weiter aus dem Fragebogen:

„Sind sie wegen illegaler NS Betätigung bestraft worden? Ja.

Welche Strafen haben Sie erlitten? Insgesamt 7mal verhaftet. Gesamtdauer der Strafen 27 ½ Monate. [!]

Mussten Sie ins Altreich flüchten? Flüchten nicht.“

Er war freiwillig in Deutschland, wie und warum wird sich noch aus anderer Quelle erschließen.

Mehr als zwei Jahre Haft bzw. Anhaltung konnte nicht jeder vorweisen, Adolf muss sich schon besonders hervorgetan haben. Nach seinen Angaben im Fragebogen konnte er in den Zeiten Aug. 1934 bis Dez. 1934 und März 1935 bis Feber 1937 deswegen keine Mitgliedsbeiträge zahlen.

 Hier seine eigene Auflistung der Karriere bis zur Machtübernahme 1938:

„1925 und 1926 Stellvertreter des Ortsgruppenleiters in Himberg b/Wien, Schar- und Truppführer in der SA, Sturm 2

1927 und 1928 O.G. Leiter der Hitlerbewegung Himberg b/Wien, Truppführer SA Sturm 2 + 48

1929 – 1932 O.G. Leiter der Hitlerbewegung Trautmannsdorf a/Leitha, Sturm- u. Sturmbannführer II/84

1930 + 1931 Bez. Leiter, Bruck a/Leitha

1932 – 1934 SA Sturmbannführer II/21

1935 SA Standartenführer 21

1937 Stellvertreter des Brigadeführers 3

1938 Führer der Brigade 11

Im Aug. 1934 (nach dem Putsch) wurde ich aus der Gemeinde Asparn a/Zaya ausgewiesen. Dadurch verlor ich meine Stellung. Seither bin ich stellenlos.“

Und nun kommt Roman Jäger ins Spiel: als Mentor, der die Angaben Adolfs bezeugte! Er schrieb: „Ich kenne Neugschwandtner als guten Kameraden und vorbildlichen SA-Führer. Besonders hervorgehoben werden muss sein vorzügliches Verhalten in den kritischen Tagen der Machtübernahme.“

Jäger und Neugschwandtner waren gute Kameraden in der SA. Und Neugschwandtner hatte anscheinend eine besondere Rolle in den Tagen der Machtübernahme Hitlers in Österreich gespielt!

Die offizielle Aufnahme Adolfs wurde in der NSDAP Ortsgruppe Gauleitung Niederdonau vollzogen, in eine wohl besondere Truppe alter Nazis. Seine weitere Laufbahn beschreiben wir in einem nächsten Posting!

Gebrüder Neugschwandtner in den zeitgenössischen Medien

Juni 10th, 2018

Von Sepp N. findet man auf anno.onb.ac.at neben der schon präsentierten Eröffnungsanzeige noch weitere Zeitunginserate für sein Antiquitätengeschäft in der Augustinerstraße:

„Erstklassige Antiquitäten … kauft sofort zu hohen Preisen Galerie Neugschwandtner, 1. Augustinerstraße 8“ (Neues Wiener Tagblatt, 23. Juli 1939)

„Galerie Altkunst kauft wertvolle Gemälde alter und moderner Meister sowie Kunstgegenstände.“ (Neues Wiener Tagblatt, 11. Juli 1939)

Zu Adolf N. gibt es weit mehr Treffer:

Drei Artikel nennen ihn als einen von sechzehn Beschuldigten in einem Prozess wegen des Verbreitens illegaler nationalsozialistischer Druckschriften im September 1935. N. wurde in erster Instanz freigesprochen. (Salzburger Volksblatt, 21. September 1935, 22).

Eine aufschlussreiche Nachricht, in der Adolf Neugschwandtner und Dr. Roman Jäger gemeinsam genannt werden, erscheint im Neuen Wiener Tagblatt:

(SA-Führerlehrgang der Brigaden von Niederösterreich.) Am 23. und 24. d. fanden seit der Verbotszeit wieder die ersten Lehrgänge der Führer der SA-Brigaden 3 und 11 statt. Das Schulungslager der Brigade 3 wurde bei Blindenmarkt, im ehemaligen Schloss des Fürsten Starhemberg, Hubertendorf, abgehalten; es beteiligten sich 47 SA-Führer. Brigadeführer Rappell und sein Stellvertreter Oberführer Binder leiteten diesen Lehrgang. Die Ausbildung oblag Standartenführer Grape. Oberführer Noel, von der Gruppe Österreich, der Führer der Befehlsstelle Nord Brigadefürer Hanke und der Landeshauptmann von Niederösterreich Dr. Jäger besuchten das Lager. Das Lager der Brigade 11 wurde unter Leitung des Oberführers Neugschwandtner in Atzenbrugg im Tullnerfeld abgehalten. Auch dieses Lager besuchten Brigadeführer Hanke und Dr. Jäger, ferner als Vertreter des Obergruppenführers Reschny Brigadeführer Nibbe. (Neues Wiener Tagblatt, 27. April 1938)

Roman Jäger inspiziert einen SA-Führerkurs, der von Adolf Neugschwandtner geleitet wird! Das ist der erste Beleg dafür, dass die beiden sich kannten und es dadurch wahrscheinlicher wird, dass auch die zukünftige Frau Jäger die Brüder N. gekannt hat und vielleicht deshalb so gern nach Weitra kam.

Am 17. Juni 1938 erfährt man aus dem kleinen Volksblatt, dass „der Führer der illegalen Brigade 11 Niederösterreich-Nord SA-Führer Neugschwandtner“ mit 1. Juni zum Oberführer ernannt wurde.

Die Kleine Volks-Zeitung nennt ihn am 16. September 1939 als einen der gar nicht so zahlreichen Blutordensträger Niederdonaus.

Am 4. Februar 1942 erfährt man im Znaimer Tagblatt über „Beförderungen in der SA.-Gruppe Donau“ anlässlich des 9. Jahrestages der Machtübernahme durch den „Führer“. Der „SA-Oberführer Adolf Neugschwandtner, derzeit bei der Wehrmacht“ wird zum SA-Brigadeführer ernannt!

Am 20. Juli 1943 wird SA-Brigadeführer N. als einer der vielen Trauergäste beim Begräbnis des Obersturmbannführers Theodor Binder in Mistelbach angeführt. (Znaimer Tagblatt)

Am 21. Juni 1944 wird SA-Brigadeführer N. als Gast einer großen Gedenkfeier der NSDAP Baden erwähnt. (Badener Zeitung)

Adolf und Josef Neugschwandtner

Juni 9th, 2018

Vor einigen Jahren las ich im Standard einen Artikel mit dem Titel "Die Stunde der 'Ariseure'"1 über "Die unrühmliche Rolle, die der Kunsthandel bei der "Arisierung" jüdischen Vermögens gespielt hat". Darin findet sich auch der Bericht über einen jüdischen Musiker, der aus seiner Wohnung getrieben worden war, seine wertvollen Möbel, Bilder und dergleichen zur Aufbewahrung gegeben hatte aber diese dann ohne jede Zustimmung oder Nachricht in der Auslage eines Kunsthändlers zum Verkauf angeboten fand.

Diese Kunsthandlung habe sich in der Augustinerstraße in Wien befunden und einem gewissen "Sepp Neugschwandtner" gehört, der im selben Haus noch eine (arisierte) Antiqitätenhandlung kommissarisch verwaltet haben soll. Und: "Neugschwandtner war vor 1938 Kunsttischler und wiederholt arbeitslos gewesen. Nach dem 'Anschluss' gelang ihm mithilfe seines Bruders Adolf, eines SA-Brigadeführers, der Einstieg in den Kunsthandel."

In Oberlainsitz, weit weg von Wien, gab es in meiner Jugend einen sich als Restaurator betätigenden Herrn mit Namen Sepp Neugschwandtner, sollte dieser gemeint sein? Falls er einen Bruder mit Namen Adolf gehabt hat, wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um unseren Mann handelt.

Nun, Josef Jakob Neugschwandtner aus Oberlainsitz ist am 24. Juli 1904 in Weitra als Sohn des Müllergehilfen Rudolf Neugschwandtner und dessen Frau Barbara geboren worden.2 Es war nicht ihr einziger Sohn, ein älterer mit dem Namen Adolf war am 20. April 1901 in Strobnitz (Horní Stropnice) auf die Welt gekommen.3

Ein weiteres und schließlich schlagendes Indiz für die Identität der Personen ist eine Zeitungsmeldung der Donauwacht vom 23. September 1942: 

Ortsgruppe Harmannschlag. Tod des Altparteigenossen Neugschwandtner. Infolge eines Magenleidens verstarb der Altparteigenosse Rudolf Neugschwandtner aus Ober-Lainsitz. Pg. Neugschwandtner war schon immer ein national denkender Mann und stand seit den Anfängen des Nationalsozialismus zu unserer Fahne. Wer immer Gelegenheit hatte, mit ihm über unsere Idee zu sprechen, wurde von der Treue des alten Kämpfers stark beeindruckt. Die Partei wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren!

Es wird sich also lohnen, die Geschichte seiner beiden Söhne anzuschauen.

Bild aus Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 2. Juli 1939 

Was kann man aus Onlinemedien alles über diese beiden herausfinden?

Der Name Adolf Neugschwandtner scheint ein sehr seltener zu sein. Eine erstes Googeln liefert nur den Hinweis auf Wikipedia, dass er am 30. Januar 1942 zum Brigadeführer, dem dritthöchsten Rang der SA, befördert worden ist.

Die Suche nach "Sepp Neugschwandtner" liefert den oben genannten Artikel aus dem Standard und noch einen weiteren derselben Autorin, in welchem Sepp N. als kommissarischer Verwalter einer zweiten zu arisierenden Antiquitätenhandlung (von Wilma Werner) im selben Haus Augustinerstraße 8 genannt wird.
Und es scheint ein amerikanisches Dokument auf, das sich auf ein Bild aus Neugschwandtners Besitz bezieht:

4)

Dieses Dokument entstammt einem Interimsreport der amerikanischen Armee über den Stand der Restitutionen geraubten Kunstgutes aus dem Jahr 1949. Ein Bild stehe unter militärischer Verwahrung, weil es von Sepp Neugschwandtner Oberlainsitz 35 kommen soll, der am 9. März 1948 als illegaler Nazi zu einem Jahr schweren Gefängnis und zum Vermögensverlust verurteilt worden sei. Man habe die Sache an das Bundesdenkmalamt gemeldet, weil sie in die Zuständigkeit der österreichischen Gerichtsbarkeit falle und man habe gebeten, dass man informiert werde, falls die Verwahrung beendet werden sollte. Es handelt sich um das Bild "Abstieg vom Kreuz" von Guilio Romano, wobei die Figur Jesu von Raffael gemalt worden sein soll.

Die Suche nach "Josef Neugschwandtner" ergibt aktuell 218 Ergebnisse auf Google, nur zwei davon sind Treffer:

Das Buch "NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen" von Gabriele Anderl aus dem Jahr 2005, in welchem Neugschwandtner vorkommt und der Wikipediaeintrag für Otto Schatzker, von dem Neugschwandtner das Geschäft in der Augustinerstraße übernommen hatte, wie man auch aus obiger Eröffnungsanzeige sieht.

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1 Gabriele Anderl, Die Stunde der 'Ariseure'. In: Der Standard (03.10.2009).

2 Taufbuch kath. Pfarre Weitra, XIII, Blatt 294.

3 Taufmatrik kath. Pfarre Strobnitz, IX, Blatt 162, Ordnungszahl 23.

4 Cases and reports, claims processed by, and general records of the Property Control Branch of the U.S. Allied Commission for Austria (USACA) Section, 1945-1950. Member Contributions for Restitution: Fine Arts › Page 41. <online>