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Adolf Neugschwandtners Ehefrau in NS-Jahren
Hilde Kapinánffy, geb. Dietinger, war Adolf Neugschwandtners Ehefrau in NS-Jahren gewesen. Vierzig Jahre später veröffentlichte sie in Innsbruck einen Gedichtband. Hier ihr Vorwort samt von mir erweiterter Kurzbiografie.
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Du wünscht Dir zugetan ein Herz. Mein Dank an Stadt und Land (Innsbruck 2003)
In Wien geboren, hatte ich in der Geborgenheit des Elternhauses und auf dem Landbesitz meiner Großeltern in Niederösterreich eine schöne Kindheit.
In der Wiener Privatklinik Sanatorium Löw am 23. Dezember 1918 als Tochter von Robert Ferdinand Dietinger, damals Oberstleutnant, 38 J., und dessen Ehefrau Ernestine Elisabeth, geb. Fürnkranz, 25 J., geboren. Der Vater stammte aus einer angesehenen Marburger [heute: Mariborer] Juweliersfamilie, wurde in den 20er Jahren Leiter der „Staatsfabrik“, einer Waffenfabrik des Bundesheeres, welche 1938 als Heereszeugamt in die Wehrmacht eingliedert wurde. Er brachte es in der NS-Zeit zum Generalmajor der Deutschen Wehrmacht und wurde Leiter der eroberten Waffenschiede in Le Creusot in Frankreich, vergleichbar mit Krupp in Deutschland.
Die Mutter stammte aus einer ebenso angesehenen Mühlendynastie in Asparn an der Zaya.
Dort, „auf dem Landbesitz ihrer Großeltern“, lernte Hilde Anfang der 30er Jahre den Müllergesellen Adolf Neugschwandtner kennen, dessen ganze Leidenschaft der S.A. galt, welcher er schon seit 1925 angehörte. Damals schon war er mit einem Anschlag auf einen mit Juden besetzten Zug hervorgetreten. Neugschwandtner kam 1934 wegen seiner illegalen Tätigkeiten für zweieinhalb Jahre (!) zuerst in Untersuchungshaft dann ins Anhaltelager Wöllersdorf. Nach dem „Anschluss“ ans Dritte Reich machte er in der SA weiter Kariere, er galt als rau aber herzlich und wurde schließlich zu einem der wenigen „österreichischen“ SA-Brigadeführer befördert. Hildegard und Adolf heirateten Ende des Jahres 1939, sie war fast 20 Jahre jünger als er.
Ein halbes Jahr später ging Adolf zur Wehrmacht, man sah sich nur kurz bei Heimaturlauben, wodurch die zu erwartende Konfrontation hinausgeschoben wurde. Nach einer Verwundung wurde Adolf im Herbst 1942 aus dem Militär entlassen und man lebte ab jetzt gemeinsam in einem Haushalt. Anfang 1943 kam ein „gesunder, kräftiger Bub“ zur Welt. Doch die Ehe gestaltete sich für Hilde äußerst unerfreulich. Schon bald nach der Hochzeit war es zu ersten Szenen gekommen. Der mehr rau als herzliche, cholerische SA-Brigadeführer, aus ärmlichen Waldviertler Verhältnissen stammend, passte so gar nicht zu der gefühlvollen, weltgewandten, gebildeten und kulturinteressierten Frau der gehobenen Gesellschaft. Wie sollte Hilde, die mit 18 Jahren knapp vor ihrer Matura im Jungkomitee des Opernballes debütiert hatte, zu dem Haudegen passen, dessen Familie nur reich an Kindern war?
Ein kurzer Scheidungskrieg beendete im Dezember 1944 diese Ehe. Hilde zog kurz zu ihrer Mutter, dann in eine eigene Wohnung und schließlich setzte sie sich nach Kärnten ab.
Im Zweiten Weltkrieg wurde meine Wohnung im Bombenhagel völlig zerstört, und ich fand mit Mann und Sohn eine neue Heimat in Tirol, wo ich ein Vierteljahrhundert im Büro einer weltweiten Firma der Elektroindustrie arbeitete.
Die vormals eheliche Wohnung in der Reichsratsstraße hinter der Universität wurde im Februar 1945 teilweise beschädigt, Adolf konnte aber die Einrichtung noch in die arisierte Galerie seines Bruders verlagern, bevor er in Deutschland unter falschem Namen untertauchte.
Die elterliche Wohnung befand sich in der Türkenstraße 25, im „Palais Schlick“. Im „Kriegsschädenplan“ aus dem Jahr 1946 ist dieses Haus als unbeschädigt eingezeichnet.
Hildegard hat als Adresse in dieser Zeit auch die Türkenstraße 1 angegeben, welche in diesem Plan als „leicht beschädigt“ markiert ist.
„Ich fand mit Mann und Kind eine neue Heimat“: Hilde vermeidet zu erwähnen, dass der Mann, mit dem sie nach Innsbruck kam, nicht der Vater des mitgebrachten Sohnes war. Sie war Ende 1944 nach Kärnten gegangen, um den Bomben und den „Russen“ zu entgehen. Entweder hatte sie selber durch ihre Stellung bei den „Steyrischen Gußstahlwerken“ oder durch ihren Vater Kontakte nach Heft bei Hüttenberg, wo sie im Bereich des ehemaligen Hüttenwerkes Unterkunft fand. Sie lernte dort den ehemals ungarischen Offizier Albin Kapitánffy (eigentlich: Kratzner) kennen, den sie im Februar 1949 heiratete. Kapitanffy war unter den faschistischen Pfeilkreuzlern Major in der Geheimdienstabteilung des Generalstabes gewesen. Nach dem Krieg engagierte er sich für die militärische Befreiung Ungarns von den Sowjets und er verdiente sein Geld als Agent der französischen Spionageabwehr in Innsbruck.
Und: Ein Schelm, der bei der „Weltweit agierende Elektrofirma“ an die CIA denkt!
Geprägt von der christlich-sozialen Weltanschauung des Elternhauses, war mir das Engagement in der ÖVP ein besonderes Anliegen.
Hildegard Dietinger trat am 13. Dezember 1939, kurz vor ihrer Heirat, aus der katholischen Kirche aus. Andererseits wurde sie trotz großem Druck ihres Mannes nie Mitglied der NSDAP.
Ihr Vater galt laut deutschnationaler „Deutschösterreichischer Tageszeitung“ seinen Vorgesetzten 1933 „als zu wenig schwarz“, also zu deutschnational. Dem entgegen findet man den General 1936 als Kulturreferenten der Vaterländischen Front Niederösterreich. In der Wehrmacht hatte er den Rang eines Generalmajors, ist also sicher nicht durch christlichen Widerstand aufgefallen.
In der Frauenbewegung fand ich ein Betätigungsfeld, das meinen Idealen entsprach.
In der Zeit des Nationalsozialismus war Hilde durchgehend Mitglied bei der NS-Frauenschaft der Ortsgruppe Rossau.
Mein besonderes Interesse galt der Kultur und der Presse. Ich warb für Theater, Museumsbesuche und schrieb Artikel über die inhaltsreiche Arbeit in allen Tiroler Ortsgruppen. Alljährlich organisierte ich Fahrten in die verschiedenen Festspielorte, deren Aufführungen stets zu sommerlichen Höhepunkten wurden.
In meinem lyrischen Schaffen fanden Ereignisse, Beobachtungen und Begegnungen während des Jahreslaufs in Innsbruck, aber auch im Land Tirol ihren Niederschlag. Eine Auswahl der Gedichte ist in diesem Bändchen zusammengefasst.
Allen liebenswerten Menschen, die mir ihre Zuneigung schenkten, möchte ich hiermit herzlich danken. Im Lauf der Jahre waren es auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Kunst und der Literatur, in der Gegenwart besonders Tirols Landeshauptmann DDr. Herwig van Staa und dessen Frau Luise sowie die Innsbrucker Bürgermeisterin Hilde Zach.
Hilde Kapitánffy
Im Herbst 2002