Kategorie: "Alois Schicklgruber"
Cousin von SA Brigadeführer Adolf Neugschwandtner endete 1943 im KZ Dachau
September 3rd, 2024SA-Brigadeführer Adolf Neugschwandtner, der nach dem Krieg erfolgreich als Adolf Neumann in Deutschland untertauchte, hatte einen jüngeren Cousin in Wien. Er hieß Josef Neugschwandtner und war der Sohn seiner Tante Anna, die in die Hauptstadt gezogen war, um dort als Dienstmädchen zu arbeiten. Diese heiratete 1907 den um mehr als 40 Jahre älteren Franz Hauk. Am 29. Mai 1917 gebar sie Sohn Josef, der aber nachträglich gerichtlich für „unehelich“ erklärt wurde.
Josef erlernte den Beruf des Galvaniseurs bzw. Metallschleifers. Er schloss sich den seit Februar '34 verbotenen Sozialisten an und wechselte darauf zur KPÖ. Im Jahr 1937 ging er, wie viele andere seiner Gesinnung, nach Spanien und kämpfte in der XI. Internationalen Brigade auf Seiten der Republikaner.
Nach dem Sieg der Nationalisten unter General Franco im Jahr 1939 flüchtete Neugschwandtner über die Grenze nach Frankreich und kam dort zusammen mit vielen anderen Flüchtlingen in die überfüllten Lager in Gurs bzw. Argelès.[1]
Nach der Niederlage gegen Nazideutschland 1940 wurden die Franzosen verpflichtet, alle Deutschen auf Verlangen ausliefern. In Deutschland gab es den Erlass vom September 1940, dass alle ehemaligen „Rotspanienkämpfer“ zumindest auf Dauer des Krieges in Schutzhaft zu nehmen sind. Dies dürfte in den französischen Lagern nicht bekannt gewesen sein, denn Neugschwandtner entschloss sich zusammen mit etwa 140 anderen Österreichern im Frühjahr 1941 zur Rückkehr. Alle kamen jedoch ohne Umwege am 1./2. Mai 1941 ins KZ Dachau.
Obwohl die Überlebensrate für Spanienkämpfer in Dachau an sich hoch war, starb Josef am 24. Februar 1943 im Lager laut Todesmeldung an „Versagen von Herz und Kreislauf bei Unterleibstyphus“[2]. Die Entbehrungen und üblen Zustände des Lagers brachten ihn und etwa 20 weitere ehemalige Spanienkämpfer zwischen 1942 und 1945 in Dachau um.[3] Diejenigen, die sie diesen Bedingungen unterwarfen, haben ihren Tod verschuldet.
Nach dem Krieg suchte seine Mutter als Opfer des Naziterrors beim K.Z.-Verband um Unterstützung an. In einem Brief vom 11. April 1946, der erhalten ist, bittet sie darum, dass man sie aufsuche, um ihr die versprochene Bekleidungsunterstützung zu überbringen. Sie schreibt, es fehle ihr die Kraft, selbst vorzusprechen, um ...
„… Sie herzlich zu bitten, denn ich war den ganzen Winter sehr krank, bin ich auch in ärztlicher Behandlung bei H. Dr. Hirsch-Zeiler gestanden und es ist mir nicht möglich persönlich mit Ihnen in Verbindung zu treten, so schwach bin ich noch, und so ausgehungert. Ich muss Sie bitten, mir jemand zu senden. Der sich überzeugt, und es auch aufnimmt. Ich bin seit 21./2. 1945 vollständig ausgebombt, ausgebrannt, habe keine richtig gehende Uhr, wohne in einem bombenbeschädigten Haus in Wien X., Buchengasse 4, Tür 7a und kann mit dem besten Willen Ihre Amtsstunden nicht einhalten. Die Fenster sind mit Brettern vernagelt, die Tür förmlich zersplittert so dass ich gezwungen bin, alle Gesuche und Bitten auf brieflichem Weg zu erledigen. Bitte! Bitte senden Sie jemand Verlässlichen zu mir, bevor es zu spät ist.“[4]
Die Mutter starb am 4. September 1954 mit 74 Jahren. Im Grab ist sie mit ihrem Sohn und zwei Schwestern vereint.
[1] ÖsterreicherInnen für Spaniens Freiheit 1936-1939. Online: https://www.doew.at/erinnern/biographien/spanienarchiv-online/spanienfreiwillige-n/neugschwandtner-josef
[2] Sterbeurkunde Nr. 401 Standesamt Dachau vom 25. 2. 1943. Online: https://collections.arolsen-archives.org/en/document/10219885
[3] Hans Landauer: Weg und Blutzoll der österreichischen Spanienkämpfer in den Jahren 1939-1945, S. 158
[4] Mildschütz Anna schreibt an KZ Verband. Dass ihr Sohn NEUGSCHWANDTNER JOSEF Spanienkämpfer war und 1943 im KZ Dachau gestorben ist. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Signatur 20.100/8129
Reichsarbeitsdienstlager für Frauen in Spital bei Weitra
August 19th, 2024War es eine Auftrag von ganz oben oder haben regionale Größen untergebendst dem winzigen Örtchen Spital bei Weitra Gutes zukommen lassen?
Bereits im Mai 1938 errichtete man im Dorf eine Postablage, vergleichbar vielleicht mit den heutigen "Postpartnern", welche dem Postamt Weitra zugeordnet war.
Ein viel größeres Geschenk an das Dorf war die Errichtung eines Reichsarbeitsdienstlagers, in dem 48 junge Frauen aus allen Gauen Deutschlands untergebracht wurden, welche täglich sieben Stunden den Bäuerinnen des Dorfes zu Diensten sein mussten.
Dieses Arbeitsdienstlager der Gruppe XXI, Lager Nr. 4/210, war unter den ersten sieben, welche schon am 1. Juli 1938 in der "Ostmark" eröffnet worden waren. Die Feierlichkeit dazu fand allerdings erst ein Jahr später durch Gauleiter Jury statt. [Völkischer Beobachter, 24. Juli 1939]
Angeblich war es eine besondere Freude, dass die dortigen Maiden "auf den Hof einer Tante des Führers gehen können und dort der heute 76 Jahre alten Frau durch ihre Mithilfe einen kleinen Teil des Dankes abstatten können, den das ganze deutsche Volk dem Führer schuldet." [St. Pöltner Bote, 7. Juli 1938] Es handelte sich dabei um Therese Schmidt, geb. Pölzl. Die Freude konnte allerdings nur kurz dauern, da Therese bereits kurz danach am 15. August mit 70 [nicht 76!] Jahren verstarb. Im Sterbebuch vermerkte man: "Die Verstorbene ist die Tante d. Adolf Hitler d. jetzigen Führers Deutschlands. Beim Begräbnis waren auch Abordnungen d. N.S.D.A.P. da. (Weitra - Zwettl.)"
Von Therese und ihrem Ehemann Anton sind übrigens Fotos überliefert, die um das Jahr 1932 von Elisabeth Reich gemacht worden waren und 1933 im Buch "Aus Hitlers Heimat" von ihrem Mann Albert Reich veröffentlicht wurden:
Wir haben den Erlebnisbericht einer Frau, welche in Spital ihren Arbeitsdienst leistete. Sie erzählt von ärmlichsten Wohnstätten und schrecklichen sanitären Zuständen: Bericht einer Frau im Reichsarbeitsdienst. Mit Elisbeth Reich können wir einen Blick in den Hof der Familie Schmidt werfen:
Fotos aus der Illustrierten "Ostmark-Woche" Nr. 48 von 1939:
Johann, der Ältere
August 10th, 2023In dem Blogbeitrag "Diese Drei machen aus Schicklgruber Hitler" schrieb ich noch, dass für den Zeugen Johann Breiteneder zwei Personen in Frage kämen. Nach Einsicht in das Lagalisierungs-Protokoll ist es nun eindeutig: Zeuge war der ältere, aus Spital Nr. 47 Kommende:
Johann "Broadneder", Kleinhäusler und Weber, ist 1800 auf Spital 47 geboren und 1886 als Armenhauspfründler auf Spital 41 gestorben.
Sein Vater war Martin Breiteneder (1774-1859), seine Mutter Maria (1774-1816) eine geborene Ledermüller. Ihr Vater und der Großvater Anton Ledermüllers, des Lehrherrn Alois Schicklgrubers, sind Brüder gewesen.
Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Schreibens war Johann B. 76 Jahre alt. Seine Signatur unter dem Legalisierungsprotokoll wirkt jedoch äußerst jugendlich:
Adoption der großjährigen Anna Glasl und deren Kind Joseph Glasl
August 8th, 2023Symbolbild
Ich konnte heute im Salzburger Landesarchiv eine besondere Mappe einsehen. Es handelte sich um Akten des aufgelassenen Bezirksgerichtes Radstadt, die seit mehr als 160 Jahren in aller Stille darauf warteten, geöffnet zu werden!
"Registraturs Act X1. 1860
Gegenstand: Hörer Joseph Zolleinnehmer in Radstadt und Maria um Bewilligung der Adoption der großjährigen Anna Glasl und deren Kind Joseph Glasl."
Als wären sie erst gestern geschlossen worden, las ich auf gefalteten, mit Feder und schwarzer Tinte beschriebenen Bögen, was viele gerne früher gelesen hätten. Anfang Mai hatte ich beim Salzburger Landesarchiv angefragt. Der finale Fund ist ist dem besonderen Eifer und Wissen einer Mitarbeiterin des Landesarchivs Salzburg zu verdanken.
In kurzen Worten der Inhalt der vielen Seiten:
Im Jahr 1860 erst entschlossen sich Josef und Maria Hörer, zuerst die großjährige Anna Glasl und gleich darauf auch deren minderjährigen Sohn Josef zu adoptieren.
Josef Hörer, geboren 1793 in Linz, war im 67. Lebensjahr, seine Frau Maria, geborene Damberger, war 1796 in Engelhartszell zur Welt gekommen und daher im 64 Lebensjahr.
Von Anna Glasl ist Schicklgruber/Hitler-Biografen eine Taufurkunde bekannt: Geburt im Jahr 1823 in Theresienfeld bei Wiener Neustadt als Tochter des Steuereinnehmers ("Tabak- und Stempelgefällaufseher") Josef Glasl und seiner Frau Elisabeth, geborene Pfündl.
Die Adoption wurde genehmigt, da der Altersunterschied groß genug war und die Hörer keine eigenen Kinder hatten und aufgrund ihres Alters auch keine mehr bekommen konnten.
Aus den Akten erfährt man, dass das Paar Josef und Maria Hörer die kleine Anna schon mit etwa 8 Jahren zu sich nahmen, als deren Eltern im Jahr 1831 Opfer der damaligen großen Choleraepidemie wurden. Sie starben in Rohrau bei Bruck an der Leitha. Die Stadt war zur Abwehr der Seuche zu der Zeit militärisch zerniert, heute würde man sagen, sie stand unter Quarantäne.
Gleich nach der Bewilligung der Adoption Annas suchten die Adoptionseltern auch um die Erlaubnis an, deren unehelich 1851 in Radstadt geborenen Sohn Josef Glasl adoptieren zu dürfen. Dies wurde ebenfalls vom "hochlöblichen kk Landesgericht zu Salzburg" 1860 bewilligt. Josef Glasl war von Geburt an in der Obsorge des Paares gewesen, Josef Hörer war der Vormund des vaterlosen Kindes.
Somit ist alles geklärt.
Ich habe endlich den vorehelichen Namen Maria Hörers erfahren: Damberger. Damit ist definitiv sicher, dass ein schon länger gefundener Trauungseintrag tatsächlich die beiden Adoptiveltern betrifft. Sie heirateten am 22 September 1822 in Wien in der Kirche St. Augustin im ersten Bezirk. Er war damals "Musicus", sie Köchin, beide lebten in derselben Pfarre.
Bisher war nicht klar, wie Anna Glasl und das Ehepaar Hörer überhaupt zusammen kamen. Nun ist plausibel, dass der Vater von Anna ein Kollege des Josef Hörer war. Vielleicht lässt sich dazu noch ein Beleg finden. Und wir wissen nun auch, welch tragisches Ende die Eltern von Anna gefunden haben. Ich konnte bisher keine Sterbeeinträge für die beiden finden. Jetzt genügte ein Blick in die Sterbematrikel von Rohrau, Jahr 1831: Mutter Katharina [so!] Glasl, kk. Aufsehersfrau, starb am 2. August an Cholera, Vater Josef Glasl, kk. Aufseher, am 9. August, zusammen mit vielen anderen an diesem Tag.
Soviel dazu heute, geschrieben auf der Fahrt im Zug von Salzburg heim nach Wien.
Übrigens, 36 Kreuzer in Stempelmarken mussten damals bei jeder Eingabe an das Gericht geklebt werden.
prinzeps proudly presents: Legalisirungs-Protocoll Alois Hitler
August 7th, 2023Obwohl alle Biografen es erwähnen, wird das Protokoll nie wiedergegeben. Ich hatte von einer Fotokopie in einer alten Doktorarbeit gehört und diese betreffende Dissertation heute ausgehoben: Karl Merinsky, Das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Besatzungszeit im Raum von Zwettl in Niederösterreich (Wien 1966).
Hier einmal kommentarlos diese Kopie aus dem Anhang dieser schmalen Aebeit:
Das Original soll sich im Niederösterreichischen Landesarchiv befinden.