Kategorie: "Auf nach Amerika!"

Auswanderung vieler Waldviertler rund um Langschwarza nach Lima / Pepin County / Wisconsin / Amerika

November 20th, 2023
Auswanderung vieler Waldviertler rund um Langschwarza nach Lima / Pepin County / Wisconsin / Amerika

Theresia und Lorenz Schlosser

Soweit mir bekannt ist, war Lorenz Schlosser der erste, der sich mit seiner Familie (von Kleinpertholz bei Heidenreichstein) aufmachte, um nach Amerika auszuwandern um dort eine neue Existenz aufzubauen. Am 18. Juli 1868 kam Schlosser knapp vor seinem 30. Geburtstag  zusammen mit Frau Theresia (geb. Katzenbeisser) und den Kindern Leopold, Marie und Rosalia auf der „SS Baltimore“ in Baltimore an [1]. Als Herkunftsland nannte er Böhmen! Auf dem erst wenige Monate alten Schiff, das aus Bremen kam, befanden sich insgesamt fast 800 (!) Auswanderer aus Europa, darunter eine große Gruppe auch aus Böhmen, viele davon mit deutschen Familiennamen.

Lorenz und seine Familie "ließen sich auf einer unbebauten Farm im Township Lima, Pepin County, Wisconsin, nieder. Damals gab es hier nur wenige andere Siedler und Herr Schlosser und seine Frau hatten mehrere Jahre lang mit Pionierbedingungen zu kämpfen. Er bebaute das Land, auf dem er sich niederließ, und kaufte später eine weitere Farm im Bear Creek Valley im Buffalo County dazu. Er rodete noch Land für einen weiteren Bauernhof und trug damit viel zur Verbesserung dieses Teils des Landes bei. Seine letzten Jahre verbrachte er auf einer Farm im Township Waterville, wo er am 18. August 1913 starb." [2]

Lorenz Schlosser folgten dutzende Familien aus dem Gebiet zwischen Heidenreichstein - Vitis - Kirchberg a. W. - Gmünd.

Im Jahr 1919 erschien das zweibändige Werk "History of Buffalo and Pepin Counties" von Franklyn Curtiss-Wedge. Zu den behandelten Themen gehören die ursprünglich in dieser Region lebenden Völker, frühe Erkundung durch die Europäer, Rodung, frühe Regierung, frühe Kolonisierung, Landwirtschaft, Zeitungswesen, Gerichte, Banken sowie militärische Verteidigung. Enthalten sind viele biografische Skizzen der Bewohner der beiden Counties. Die Lebensgeschichten sind Männern zugeordnet, über das Leben der Frauen erfährt man indirekt als deren Ehefrauen oder Töchter.

Ich habe jene 70 Skizzen ausgwählt, deren Hauptperson oder deren Eltern aus dem Waldviertel stammen.

Dies soll der Anfang einer umfangreicheren Sammlung über das Leben unserer Auswanderer sein. Viel Freude beim Lesen der manchmal überraschenden Lebensbeschreibungen!

70 Kurzbiografien von Waldviertler Auswanderern nach Amerika!

 

 

[1]      M255-Baltimore, Maryland, 1820-1891, Roll 16: Nov 5, 1867-Mar 31, 1869, S. 424

[2]      History of Buffalo and Pepin Counties p. 780f, online p. 1498f

New York, New York!

September 5th, 2023
New York, New York!

Eigentlich wollte ich mehr über die große Waldviertler Auswanderungswelle am Ende des 19. Jahrhunderts herausarbeiten, aber da erfuhr ich, dass zwei Schwestern der Familie Kapeller aus Steinbach bei Großpertholz auf eigene Faust nach Amerika gegangen sein sollen. Ich selber war die ersten Jahre bei meiner Großmutter in Steinbach und kann mich dunkel an einen Besuch bei den alten Kapeller im Dorf erinnern. Heute verfällt das Haus, dem man aber sein einstig schmuckes Äußeres noch gut ansehen kann.

Ich bin der Sache nachgegangen, fand die beiden Kapeller und noch weitere vier Verwandte, die ebenfalls vor oder nach ihnen nach Amerika gefahren waren.

Das ist der Bericht über sechs Junge Frauen und Mädchen aus der Sippe Laister-Miedler-Kapeller, die auf eigene Faust oder durch Entscheidung ihrer Eltern die weite Reise in den unbekannten Westen antraten und den American Dream zu verwirklichen suchten. Sie stammten aus Mühlbach, Steinbach und Oberlainsitz.

  new_york_new_york.pdf

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Eine Spitalerin, Nichte von Anton Ledermüller, ging nach Amerika. Und nicht nur sie!

August 5th, 2023

Wie im letzten Eintrag beschrieben, schwören drei Männer am 6. Juni 1876 in Weitra beim Notar, dass der Georg Hiedler, lange selig, der Vater des Alois Schicklgruber gewesen sei. Zwei davon gehören nahe zur Familie Ledermüller in Spital Haus Nr. 28!

Der Schustermeister Anton Ledermüller ist - wie wir wissen - der Lehrherr von Hitlers Vater 1850 bis 1852. Wie sind die "Hitler"-Zeugen nun mit ihm verwandt? Die Schwester des Schustermeisters, Josefa, heiratete im Jahr 1831 den Webergesellen Josef Pautsch aus Spital 16. Der eine Zeuge, Engelbert Pautsch, ist ein Sohn der beiden! Der zweite Zeuge, Johann Breiteneder, ist durch seine Heirat mit Tochter Theresia ein Schwiegersohn der beiden! 

Im Zuge der Erkundigungen zu den beiden Zeugen bin ich auf die Geschichte einer weiteren Tochter von Josef Pautsch und Josefa, geb. Ledermüller, gestoßen. Und die ist nicht weniger spannend! Sie führt uns in die bis heute unerforschte Geschichte der Waldviertler Auswanderung am Ende des 19. Jahrhunderts nach Amerika!

Diese Schwester bzw. Schwägerin der Hitler-Zeugen heißt Juliana Pautsch und ist 1839 auf Spital 16 geboren. Sie geht als Erwachsene nach Wien Erdberg, in welchem Bezirk auch die Spitaler Prinzen wohnen. Mit 30 Jahren heiratet die nunmehrige Handarbeiterin dort in der Kirche St. Peter und Paul den fünf Jahre jüngeren Tagelöhner Franz Brunner (in der Matrik "Bruner"), der von einem Weber Franz Brunner senior aus Pürbach bei Schrems stammt. Die Kinder des Ehepaares werden:

Juliana (später Julia) Brunner: * 18. Mai 1870, Dietrichgasse 23

Josefa (Josephine, Josie) Brunner: * 29. Februar 1872, Strozzigasse 47 (8. Bezirk, gute Adresse)

Franz Josef (Frank J.) Brunner: * 22. September 1874, Palmgasse 6 (Nähe Westbahnhof)

Alois (Louis) Brunner: * 18 Jänner 1877, Palmgasse 6

Die Buben Franz und Alois sehen für's erste ihre Großeltern väterlicherseits nicht. Diese sind nämlich im März 1872, gleich nach der Geburt von Josefa, nach Bremen aufgebrochen, um dort die große Reise über den Atlantik nach Amerika anzutreten. Von der Familie Brunner reisen: Die Großeltern Franz (53) und Anna (54) Brunner, die Tante Maria (21) und alle Onkeln, die da wären: Ferdinand (18), Anton (14), Josef (25) und Johann (34). Die Reihenfolge ist hier dieselbe, wie in der Passagierliste des Dampfschiffes Hannover, welches am 28. Mai 1872 New York erreichte.

Wie ein Kollege unter den Ahnenforschern, Friedrich Hafner, festgestellt hat, fahren mit den Brunnern auf der SS Hannover noch an die 50 Waldviertler aus unsrer Gegend mit. Sie stammen etwa, wie die Brunners, aus der Pfarre Langschwarza, aber auch aus Kleedorf, Ullrichs, Lembach usw.

Die Tante Josefa heiratete 1869 den Vogler Josef aus Hoheneich und folgt der Familie im Jahr 1878.

Wie es aussieht, bleibt von der Brunnerschen Verwandschaft nur die älteste Tante Walpurga "zu Hause" in Wien. Sie hat dort schon 1863 in Erdberg den aus Hoheneich stammenden Gärtner Franz Haider geheiratet. Sie wäre bei der Reise der Eltern 33 Jahre alt gewesen.

Als Julianes und Franzens Jüngster, Alois, fünf Jahre geworden ist, machen sie sich zusammen mit allen vier Kindern, so wie die anderen vor zehn Jahren, auf den Weg nach Amerika. Sie reisen im Sommer 1882 nach Bremen und gehen an Bord der SS Hermann. Das Schiff geht nicht nach New York, sondern nach Baltimore, wo sie am 14 Juli 1882 ankommen.

Eine Spitalerin, Nichte von Anton Ledermüller, ging nach Amerika. Und nicht nur sie!

In der Passagierliste sind sie als Familie Brammer geführt, deswegen waren sie nur durch tagelanges, händisches Suchen zu finden!

Eine Spitalerin, Nichte von Anton Ledermüller, ging nach Amerika. Und nicht nur sie!

So wie bei allen Verwandten, liegt das Land ihrer Hoffnung noch mehr als 1000 Meilen von Ihrem Ankunftshafen entfernt: in Wisconsin, das westlich der Großen Seen im Nordosten der USA liegt.

Wir werden sehen, dass es dort in bestimmten Regionen richtige Waldviertler Gegenden gibt.

Eine Spitalerin, Nichte von Anton Ledermüller, ging nach Amerika. Und nicht nur sie!

Anzeige in der Wiener Morgen-Post 1872. Wer konnte da hierbleiben?

Eine Spitalerin, Nichte von Anton Ledermüller, ging nach Amerika. Und nicht nur sie!

So in etwa sah die Hermann aus.