Kategorien: "HeimatForschung"

NÖ Land-Zeitung, 2. März 1938: Rückforderung der an die Tschechoslowakei gekommenen Gemeinden

Januar 15th, 2012

Im Lokalteil für Gmünd findet sich der Beitrag:


"Angst. Der 12. Feber, welcher die politisch hochwichtige Aussprache bzw. Übereinkommen der beiden Staatsmänner Dr. Schuschnigg und Hitler brachte, scheint manchen Grenzler von drüben in die Glieder gefahren zu sein. Allerlei Gerüchte von der Rückgabe der uns von den Tschechen genommenen Gebiete (12 Gemeinden) durcheilen unsere Stadt. Gewiß ist aber das eine sicher: Eine Grenzrevision ist für uns notwendig; die deutsche Bevölkerung, welche seinerzeit vertrieben wurde, verlangt diese. Hoffentlich kommt es auch in absehbarer Zeit zu einem gerechten Ausgleich in dieser Hinsicht. Die Ungerechtigkeiten müssen aus der Welt verschwinden und dazu gehört auch unsere Grenzfrage. Daß die 'Demokraten' drüben verschnupft sind, ist ja nach den letzten Ereignissen begreiflich. Sie werden sich aber mit der gegebenen Tatsache abfinden müssen und damit zu rechnen haben. Was deutsch war, soll wieder deutsch werden, das ist eine gerechte Forderung aller, die die Gerechtigkeit lieben. Die Zeit wird auch darüber Klarheit bringen. Eine neue Zeit ist angebrochen! Ein Vertriebener."


NÖ Land-Zeitung, 16. Februar 1938: Amnestie für Illegale NSler

Januar 15th, 2012

Die Zeitung titelt mit "Schuschnigg bei Hitler. Ein Besuch auf dem Obersalzberg."

Im Lokalteil für Gmünd findet sich die interessante Kurzmeldung:


"Amnestie. Auch für Gmünd wirkte sich die letzterlassene Amnestie aus. Einige Gmünder, welche wegen illegaler Betätigung in Haft waren, wurden aus derselben wieder entlassen. Sie waren zu drei Monaten Anhalt verurteilt."


Augenzeugenbericht von Emmy Mahler, einer angesehenen jüdischen Frau aus Gmünd

Januar 8th, 2012

Dr. Georg Mahler, der Ehemann von Emmy Mahler, war Leiter der Firma Bobbin in Gmünd gewesen, welche 9 Angestellte und 103 Arbeiter beschäftigte. Im Jahr 1938 wurde er auf schändliche Art entlassen, die Familie musste unter widrigsten Umständen über Wien in die Dominikanische Republik und weiter in die USA flüchten. Emmy Mahler schrieb eine Art Tagebuch über die ganzen Ereignisse, auch noch über ihre heile Welt vor dem Nationalsozialismus in Gmünd, über den Umbruch 1938 und wie hart es den Gmünder Juden damals erging. Lizzy Jalkio, die Tochter von Georg und Emmy Mahler, hat den Text, den sie als Brief von ihrer Mutter erhalten hatte, unter dem Titel "Jeder Tag ist ein Abschied" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Erlebniserzählung im Internet: Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus S. 20

Christine Werner hat den packenden Stoff in ihrem Roman "Wien ist nicht Chicago" verarbeitet.

Zu den genaueren Umstände der Arisierung der Fa. Bobbin siehe: Bobbin Holzwarenfabriks AG. In: Ökonomie der Arisierung, Band 2, S. 682-685

NÖ Land-Zeitung, Krems, 16. März 1938

Januar 7th, 2012

In nächster Zeit möchte ich gerne Dokumente zur Geschichte des Nationalsozialismus im Gmünder Bezirk ausheben und einige davon hier veröffentlichen. Es soll ein Beitrag zur bisher kaum erfolgten Aufarbeitung dieses unheilvollen Kapitels unserer Geschichte werden. Es würde mich freuen, wenn sich einige Leute anschließen und sich mit mir an dieser Aufgabe beteiligen!

Lange habe ich gedacht, dass kaum etwas veröffentlicht wurde in unserem Bezirk. Die Gmünder Zeitung gibt es noch nicht so lange, andere Zeitungen schien es auch nicht gegeben zu haben, bis ich auf die "NÖ Land-Zeitung" stieß, die in Krems herausgegeben wurde. Die "Land-Zeitung" war eine Wochenzeitung für ganz Niederösterreich, Gmünd wird wie den anderen Bezirken jeweils eine eigene Rubrik vom Umfang einer halben Seite aufwärts gewidmet.

Den Anfang machen nun zwei Artikel aus dieser Zeitung, und zwar aus der ersten Ausgabe nach dem Einmarsch Hitlers.  Die Artikel wurden deswegen ausgewählt, weil sie ganz unmittelbar einen ersten Eindruck in die Stimmung der ersten Stunde des Nationalsozialismus in unserer Heimat geben.

Zur Einordnung der Quelle: Die Zeitung begrüßt überschwänglich die quasi über Nacht eingetretenen neuen Umstände. Getitelt wird mit:

Deutschösterreichs Heimkehr ins Reich. Zusammenbruch der ‚vaterländischen‘ Volksfrontpolitik Schuschniggs. – Das Volk steht auf – der Sturm bricht los! – ‚Ein Volk – ein Reich – ein Führer!‘ – Adolf Hitler in seiner Heimat. – Volksabstimmung am 10.April‘

Als Ausdruck der völligen Zustimmung zu den neuen Verhältnissen wurde bereits in dieser Ausgabe das Hakenkreuz in den Titelschriftzug des Zeitungsnamens eingefügt!

Hier die Originalartikel:


Kundgebung. Auch in Gmünd fand am 6. d. eine Freudenkundgebung zum Berchtesgadener Frieden statt. Mehr als 1000 Nationalsozialisten veranstalteten am Stadtplatze einen Bummel. Als die Massen in Sechserreihen marschieren und nationale Lieder sangen, ersuchte die Gendarmerie, den Zug aufzulösen, da das geschlossen Marschieren nicht gestattet sei. Die Kundgeber befolgten ruhig die Anordnung und marschierten nun in losen Gruppen weiter.

Nationalsozialistische Volkskundgebung. Nach dem Rücktritt des Bundeskanzlers Dr. Schuschnigg fand in den späten Abendstunden auch in Gmünd eine große Kundgebung statt. Tausende von Nationalgesinnten aller Stände, jung und alt, zogen unter Absingen von nationalen Liedern und lebhaften Heil Hitler und Sieg-Heil-Rufen durch die Straßen von Gmünd 1 und 2. Unübersehbar war der Zug. Gmünd hatte eine so gewaltige Kundgebung noch nie gesehen. Die Begeisterung der Massen hatte keine Grenzen. Alte Leute umarmten sich und brachen in Jubelrufe aus. Am Stadtplatze sprach der nat.-soz. Kreisleiter begeisterte Worte zur Menge und geißelte den Verrat. Mit rauschenden Sieg-Heil-Rufen antwortete die Menge. Nach Absingen des Horst-Wesselliedes und des Deutschlandliedes zerstreute sich die Menge. Ruhe und Disziplin wurde gewahrt, streng wurden die Worte des Führers befolgt. Am Morgen wehen von d. Häusern Fahnen, darunter sehr viele mit dem Hakenkreuz. Die Geschäfte waren von Fahnenstoffen ausverkauft. Die Arbeiterkammer, bei der Waffen gefunden wurden, wurde gesperrt und der Leiter in Schutzhaft genommen. Auch andere kom. Führer wurden verhaftet. Die Gendarmerie und Miliz trägt Armbinden mit dem Hakenkreuz. Gmünd zeigte, daß es in der überwiegenden Mehrheit nationalsozialistisch ist. Sieg-Heil!


Berchtesgadener Frieden: Gemeint ist wohl das unter Druck zustande gekommene Abkommen, das beim Treffen Hitler-Schuschnigg am 12. Februar 1938 auf dem Berghof am Obersalzberg unterzeichnet wurde: Freie Betätigung der österreichischen Nationalsozialisten, stärkere Einbindung von Nationalsozialisten in die öst. Regierung.

Rücktritt Dr. Schuschnigg: 11. März


Der Löschungsantrag im OÖ Landesarchiv: Sondergerichte Linz, Schachtel 1127

Januar 5th, 2012

Reg. A 3 – 168 / 15

Eingelangt am 6. November 1935

[2 Schilling Stempelmarke]

An das löbliche Landesgericht in Linz.

Friedrich Winterberg derzeit wohnhaft in Wien III., Weyergasse 7
Eugen Winterberg, Wien III., Moosgasse 3
als Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft Löwy & Winterberg Mauthausner Dampfsäge

stellen instehenden Antrag auf Löschung der Firma aus dem Handelsregister.

Die Firma Löwy & Winterberg hat eine stille Liquidation vorgenommen, in deren Verlaufe sämtliche Aktiven der Firma realisiert und zur Begleichung der Passiven verwendet wurden.

Die gefertigten Gesellschafter haben sich daher auf der Auflösung der Firma und deren Löschung aus dem Handelsregister geeinigt. Da wir die Vermögensverhältnisse untereinander geregelt haben, beantragen wir:

Das löbliche Landesgericht möge die Firma Löwy & Winterberg Mauthausner Dampfsäge Hauptniederlassung in Prag unter der Firma Löwy & Winterberg, Zweigniederlassung in Mauthausen aus dem Handelsregister löschen.

Wien, am 4. November 1935.

Friedrich Fritz Winterberg
Eugen Winterberg

[30 Groschen Stempelmarke]

B.R.Z.982/1935

Die Echtheit der vorstehenden Unterschriften der Herren Friedrich (Fritz) Winterberg Wien III., Weyergasse 7 und Eugen Winterberg, Wien III., Moosgasse 3 (*), beide Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft Löwy & Winterberg Mauthausner Dampfsäge, wird bestätigt.

Wien, am 4. November 1935
Dr. Max Lindner, öffentlicher Notar, Wien Brigittenau


*) Es dürfte sich dabei um "Weyrgasse" bzw. "Mohsgasse" im 3. Wiener Gemeindebezirk handeln. In der Mohsgasse 2 befand sich die von Adolf Loos gestaltete Wohnung des Schwiegervaters von Eugen Winterberg, Alfred Kraus!