Kategorien: "HeimatForschung"
„Kämpfer, rauh aber herzlich“
Juni 18th, 2018Ende des Jahres 1942 wird Adolf Neugschwandtner auf seine politische Verlässlichkeit hin durchleuchtet, weil er zum Offizier des Beurlaubtenstandes (Reserveoffizier) befördert werden soll. Die Ortsgruppe „Burgviertel“ erstellt folgendes Gutachten über ihn:
„Verhalten in der Verbotszeit: aktiver Einsatz für die NSDAP, war 27 Monate in Haft.
Gegenwärtiges Verhalten: wohnt erst seit 1939 an der angegebenen Anschrift und rückte dann bald ein. Verhalten soweit bekannt einwandfrei und gut.
Spendenbeteiligung: ist selten in Wien. Seine Frau gibt RM 2.- pro Opfersonntag.
Wirtschaftliche Lage: Gut und gesichert.
Charakter: Kämpfer, rauh aber herzlich
Leumund: gut.
Gutachten des Ortsgruppenleiters: 4342/Sch/Hie – Brigadeführer Pg. Neugschwandtner ist Inhaber des Blutordens, der ihm im Juli 1939 verliehen wurde. Außerdem wurde ihm das goldene Parteiabzeichen zuerkannt. War längere Zeit eingerückt und war bis vor Kurzem als Verwundeter in Bad Reichenhall. Seit seiner Genesung ist er wieder tätig aber nicht mehr im militärischen Fronteinsatz, sondern hat eine Aufgabe im Protektorat zu erfüllen. In politischer Hinsicht und charakterlich kann über den Angefragten von Seite der Ortsgruppe „Burgviertel“ nur Gutes berichtet werden. Er wird in der Ortsgruppe „Gauleitung Niederdonau“ im Stande geführt. Die formelle Erledigung einer politischen und charakterlichen Beurteilung müsste daher durch diese Ortsgruppe erfolgen.
Der Personalamtsleiter
M.d.W.d.G.b.
Kittel
Der Ortsgruppenleiter
M.d.W.d.G.b.
Oeller"1
Nachdem Neugchwandtner im Februar zum Brigadeführer in der SA avanciert ist, steht seine Beförderung zum Offizier in der Wehrmacht an. Aus den Akten des Archivs der Republik bzw. den Gauakten geht nicht hervor, ob diese Beförderung auch wirklich erfolgt ist. Interessant wäre auch zu wissen, welche Aufgabe Neugschwandtner im Protektorat Böhmen und Mähren aufgetragen bekam.
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1) Archiv der Republik (AT-OeStA/AdR), BMI/Gauakten, Gauakt Adolf Neugschwandtner, Blatt 8
Beförderungen Adolf Neugschwandtners (und Roman Jägers)
Juni 17th, 2018Am 17. Juni 1938 verkündet „Das kleine Volksblatt“ die massenhafte Beförderung alter österreichischer Kämpfer in der SA.
„In Anerkennung der heldenmütigen Einsatzes und der unvergänglichen Verdienste der österreichischen SA um Großdeutschland hat, wie der ‚Völkische Beobachter‘ vom 16. d. [Monats] mitteilt, der oberste SA-Führer Adolf Hitler mit Wirkung vom 12. März 1938 [dem Tag der Machtergreifung in Österreich] folgende Beförderungen ausgesprochen […]
Zu Oberführern wurden ernannt: […] der Führer der illegalen Brigade 11 Niederösterreich-Nord SA-Führer Neugschwandtner […]
Zu Standartenführer wurden u.a. ernannt: […] die Parteigenossen Theodor Groß, Roman Jäger, Friedrich Knaus.“
Und fast vier Jahre später im Znaimer Tagblatt am 4. Februar 1942:
Adolf ist SA-Brigadeführer geworden!
Adolf Neugschwandtner: Informationen aus seinem NSDAP-Personalfragebogen
Juni 17th, 2018Am 23. Mai 1938 füllte Adolf Neugschwandtner seinen Personalfragebogen zur Übernahme in die seit kurzem nicht mehr illegale NSDAP aus.
Er hatte noch keine Kinder, war ledig, arischer Abstammung, der schriftliche Nachweis dafür noch ausständig und er wohnte in Wien in der Wasagasse 23/26 im 9. Bezirk. Als Beruf gab er Obermüller, derzeit Hauptamtlicher Führer der Brigade 92, an, als Ausbildung habe er Volks- und Bürgerschule sowie mehrere berufliche Kurse und Lehrgänge vorzuweisen.
Er war sicher kein Märzveilchen, also einer, der im März 1938 plötzlich Nazi wurde, er ist vielmehr schon im März 1925 zur NSDAP Schutzgarde gekommen und dann im Jänner 1927 zur NSDAP Hitlerbewegung übergetreten, und zwar über die Ortsgruppe Himberg bei Wien.
Die von der Reichsleitung bestätigte NSDAP Mitgliedsnummer lautete 52.118, damit gehörte er zu den ganz alten Kämpfern. Roman Jäger, der noch in diesem Eintrittsantrag eine besondere Rolle spielen wird und der spätere Ehemann von Helene Naber-Binder war, hatte schon 511.390!
Weiter aus dem Fragebogen:
„Sind sie wegen illegaler NS Betätigung bestraft worden? Ja.
Welche Strafen haben Sie erlitten? Insgesamt 7mal verhaftet. Gesamtdauer der Strafen 27 ½ Monate. [!]
Mussten Sie ins Altreich flüchten? Flüchten nicht.“
Er war freiwillig in Deutschland, wie und warum wird sich noch aus anderer Quelle erschließen.
Mehr als zwei Jahre Haft bzw. Anhaltung konnte nicht jeder vorweisen, Adolf muss sich schon besonders hervorgetan haben. Nach seinen Angaben im Fragebogen konnte er in den Zeiten Aug. 1934 bis Dez. 1934 und März 1935 bis Feber 1937 deswegen keine Mitgliedsbeiträge zahlen.
Hier seine eigene Auflistung der Karriere bis zur Machtübernahme 1938:
„1925 und 1926 Stellvertreter des Ortsgruppenleiters in Himberg b/Wien, Schar- und Truppführer in der SA, Sturm 2
1927 und 1928 O.G. Leiter der Hitlerbewegung Himberg b/Wien, Truppführer SA Sturm 2 + 48
1929 – 1932 O.G. Leiter der Hitlerbewegung Trautmannsdorf a/Leitha, Sturm- u. Sturmbannführer II/84
1930 + 1931 Bez. Leiter, Bruck a/Leitha
1932 – 1934 SA Sturmbannführer II/21
1935 SA Standartenführer 21
1937 Stellvertreter des Brigadeführers 3
1938 Führer der Brigade 11
Im Aug. 1934 (nach dem Putsch) wurde ich aus der Gemeinde Asparn a/Zaya ausgewiesen. Dadurch verlor ich meine Stellung. Seither bin ich stellenlos.“
Und nun kommt Roman Jäger ins Spiel: als Mentor, der die Angaben Adolfs bezeugte! Er schrieb: „Ich kenne Neugschwandtner als guten Kameraden und vorbildlichen SA-Führer. Besonders hervorgehoben werden muss sein vorzügliches Verhalten in den kritischen Tagen der Machtübernahme.“
Jäger und Neugschwandtner waren gute Kameraden in der SA. Und Neugschwandtner hatte anscheinend eine besondere Rolle in den Tagen der Machtübernahme Hitlers in Österreich gespielt!
Die offizielle Aufnahme Adolfs wurde in der NSDAP Ortsgruppe Gauleitung Niederdonau vollzogen, in eine wohl besondere Truppe alter Nazis. Seine weitere Laufbahn beschreiben wir in einem nächsten Posting!
Blockwart von Oberlainsitz
Juni 11th, 2018Es würde mich freuen, wenn es zu NS-Zeit in Oberlainsitz mehr Informationen gäbe.
Ich konnte nur die eine Meldung in der Donauwacht finden:
"Unser Blockleiter" ist Karl Höbarth, geboren am 1. November 1883 in Groß Gerungs, gestorben am 9. April 1964, wahrscheinlich in Oberlainsitz oder St. Martin. Sein Vater Ignaz Höbarth ist am 3. Juli 1860 in Oberrosenauerwald 9 geboren worden, war also bei seinem Tod am 27. Oktober 1941 eigentlich schon 81 Jahre alt. Die Mutter Karls stammte aus Neusiedl bei Rosenau, wie die beiden zu dem Haus Oberlainsitz 1 kamen, konnte nicht eruiert werden.
Meine Großmutter Josefa Prinz erzählte gerne die Geschichte, dass "der Nazi Höbarth" von der Nachbarin Lassl mit Schimpf vom Hof vertrieben wurde, als er bei ihnen am Bauernhof nach versteckten bzw. nicht angemeldeten Nahrungsmitteln suchen wollte.
Gebrüder Neugschwandtner in den zeitgenössischen Medien
Juni 10th, 2018Von Sepp N. findet man auf anno.onb.ac.at neben der schon präsentierten Eröffnungsanzeige noch weitere Zeitunginserate für sein Antiquitätengeschäft in der Augustinerstraße:
„Erstklassige Antiquitäten … kauft sofort zu hohen Preisen Galerie Neugschwandtner, 1. Augustinerstraße 8“ (Neues Wiener Tagblatt, 23. Juli 1939)
„Galerie Altkunst kauft wertvolle Gemälde alter und moderner Meister sowie Kunstgegenstände.“ (Neues Wiener Tagblatt, 11. Juli 1939)
Zu Adolf N. gibt es weit mehr Treffer:
Drei Artikel nennen ihn als einen von sechzehn Beschuldigten in einem Prozess wegen des Verbreitens illegaler nationalsozialistischer Druckschriften im September 1935. N. wurde in erster Instanz freigesprochen. (Salzburger Volksblatt, 21. September 1935, 22).
Eine aufschlussreiche Nachricht, in der Adolf Neugschwandtner und Dr. Roman Jäger gemeinsam genannt werden, erscheint im Neuen Wiener Tagblatt:
(SA-Führerlehrgang der Brigaden von Niederösterreich.) Am 23. und 24. d. fanden seit der Verbotszeit wieder die ersten Lehrgänge der Führer der SA-Brigaden 3 und 11 statt. Das Schulungslager der Brigade 3 wurde bei Blindenmarkt, im ehemaligen Schloss des Fürsten Starhemberg, Hubertendorf, abgehalten; es beteiligten sich 47 SA-Führer. Brigadeführer Rappell und sein Stellvertreter Oberführer Binder leiteten diesen Lehrgang. Die Ausbildung oblag Standartenführer Grape. Oberführer Noel, von der Gruppe Österreich, der Führer der Befehlsstelle Nord Brigadefürer Hanke und der Landeshauptmann von Niederösterreich Dr. Jäger besuchten das Lager. Das Lager der Brigade 11 wurde unter Leitung des Oberführers Neugschwandtner in Atzenbrugg im Tullnerfeld abgehalten. Auch dieses Lager besuchten Brigadeführer Hanke und Dr. Jäger, ferner als Vertreter des Obergruppenführers Reschny Brigadeführer Nibbe. (Neues Wiener Tagblatt, 27. April 1938)
Roman Jäger inspiziert einen SA-Führerkurs, der von Adolf Neugschwandtner geleitet wird! Das ist der erste Beleg dafür, dass die beiden sich kannten und es dadurch wahrscheinlicher wird, dass auch die zukünftige Frau Jäger die Brüder N. gekannt hat und vielleicht deshalb so gern nach Weitra kam.
Am 17. Juni 1938 erfährt man aus dem kleinen Volksblatt, dass „der Führer der illegalen Brigade 11 Niederösterreich-Nord SA-Führer Neugschwandtner“ mit 1. Juni zum Oberführer ernannt wurde.
Die Kleine Volks-Zeitung nennt ihn am 16. September 1939 als einen der gar nicht so zahlreichen Blutordensträger Niederdonaus.
Am 4. Februar 1942 erfährt man im Znaimer Tagblatt über „Beförderungen in der SA.-Gruppe Donau“ anlässlich des 9. Jahrestages der Machtübernahme durch den „Führer“. Der „SA-Oberführer Adolf Neugschwandtner, derzeit bei der Wehrmacht“ wird zum SA-Brigadeführer ernannt!
Am 20. Juli 1943 wird SA-Brigadeführer N. als einer der vielen Trauergäste beim Begräbnis des Obersturmbannführers Theodor Binder in Mistelbach angeführt. (Znaimer Tagblatt)
Am 21. Juni 1944 wird SA-Brigadeführer N. als Gast einer großen Gedenkfeier der NSDAP Baden erwähnt. (Badener Zeitung)