Kategorie: "Lainsitz"
Franz Kafkas Nervensäge in Planá 1922
April 23rd, 2024Mein Zimmer in Planá liegt einem Sägewerk gegenüber, das zeitweise erträglich ist, dann aber, wenn es die Kreissäge arbeiten lässt, einen das Leben zu verfluchen zwingt!
Kafka sinngemäß in einem Brief aus Planá an der Lainsitz Anfang Juli 1922
Hier sind Originalfoto von Sägewerk und Kreissäge der Firma Löwy & Winterberg in Planá nad Lužnicí, deutsch Plana an der Luschnitz aus einer Selbstdarstellung der Firma 1928:
Der ganze betreffende Briefausschnitt:
An Felix Weltsch
Lieber Felix
[....] Der Lärm hat auch etwas Fascinierend-Betäubendes; wenn ich - ich habe glücklicherweise manchmal zwei Zimmer zur Auswahl - in dem einen Zimmer sitze und, so wie Du es auch beklagst, einer Säge [einem Sägewerk] gegenüber sitze, die zeitweise erträglich ist, dann aber, wenn sie die Kreissäge arbeiten läßt, in der letzten Zeit geschieht das fortwährend, einen das Leben zu verfluchen zwingt, wenn ich dann in diesem Unglückszimmer sitze, kann ich nicht fort, ich kann zwar ins Nebenzimmer gehn und muß es auch, denn es ist nicht auszuhalten, aber übersiedeln kann ich nicht, nur hin und her gehn und etwa in dem zweiten Zimmer feststellen, dass auch dort Unruhe ist und vor dem Fenster Kinder spielen. So ist die Lage.
Immerfort hoffe ich, dass, wie es einmal schon geschehen ist, die Kreissäge plötzlich zu arbeiten aufhören wird, ich kenne flüchtig den dortigen Buchhalter, sogar das gibt mir einige Hoffnung, er weiß zwar nicht, dass mich seine Kreissäge stört und kümmert sich auch sonst nicht um mich und ist überhaupt ein verschlossener Mensch und wenn er auch der offenste Mensch wäre, er könnte die Kreissäge nicht einstellen, wenn Arbeit für sie ist, aber ich schaue verzweifelt aus dem Fenster und denke doch an ihn.
Oder ich denke an Mahler, dessen Sommerleben irgendwo beschrieben war, wie er täglich um halb sechs, er war damals sehr gesund und schlief ausgezeichnet, im Freien badete und dann in den Wald lief, wo er eine "Komponier-Hütte" hatte (das Frühstück war dort schon vorbereitet) und bis ein Uhr mittag dort arbeitete und die Bäume, die später in der Säge so viel Lärm machen, in Mengen still und lärmabwehrend um ihn standen. (Nachmittag schlief er dann und erst von vier Uhr ab lebte er mit seiner Familie und nur selten hatte seine Frau das Glück, dass er abend etwas von seiner Morgenarbeit verriet.)
Aber ich wollte von der Säge erzählen. Ich allein komme von ihr nicht los, es muß die Schwester kommen und unter unglaublichen Bequemlichkeitsopfern ihrerseits das andere Zimmer mir einräumen (das allerdings auch keine Komponierhütte ist, aber davon will ich jetzt nicht sprechen), nun bin ich für eine Zeit die Säge los. So müßte man Dich auch einmal in ein stilles Zimmer hinüberführen. [...]
Werner Haas: Franz Kafka, Briefe und Tagebücher
Zu Löwy und Winterberg in Planá
„Gegen Ende des Jahres 1911 wurde in Planá an der Luschnitz eine nach dem alten Boucherie-Verfahren [wiki] mit Kupfervitriol arbeitende Holzimprägnieranstalt mit den dazugehörigen Grundstücken erworben. Das Imprägnierwerk wurde niedergelegt und an dessen Stelle ein Sägewerk errichtet, welches infolge seiner günstigen Lage am flößbaren Flußlaufe der Luschnitz einerseits und an der Staatsbahnlinie Prag-Tábor andererseits, mit den qualitativ hochwertigen, feinjährigen, südböhmischen Hölzern sowohl per Bahn als auch per Wasser versorgt werden konnte. Das Werk wurde mit 2 modernen Schnellgattern und den nötigen Hilfsmaschinen ausgestattet.“
Die beiden Bilder stammen aus dieser Denkschrift.
Der Wanderer im Waldviertel
Mai 31st, 2023Ich habe die Kapitel aus Reils romantischer literarischer Wanderung aus dem Jahr 1823 abgeschrieben, die sich auf die Gegend um Weitra beziehen. Angeblich war er 1815 hier. Ich denke aber, dass er eventuell zwei Mal im Waldviertel war bzw. dass er einiges mit der Freiheit des Autors erfunden hat. Besonders eindrücklich und empfehlenswert sind seine Schilderungen über die Glashütten von Vater und Sohn Zich in der Schwarzau bzw. in Joachimstal.
Der Wanderer im Waldviertel (Brünn 1823) PDF
Wo war Kafka im Sommer 1922? An der Lainsitz!
Mai 20th, 2005Irgendeiner muss vor Jahrzehnten den fatalen Fehler gemacht haben, und seither hat ihn die ganze Literaturwissenschaft abgeschrieben!
Kafka war im Sommer 1922 fast drei Monate lang (23. Juni bis 19. September) in der Stadt Planá nad Lužnicí, in einer Ferienwohnung seiner Schwester Ottla. Er schrieb dort neun Kapitel seines Romans "Das Schloss", sie blieben die letzten dieses Fragments.
Was liest man in allen Biografien? Er wäre in Plana an der "Luschnitz" (!) gewesen. Alle schreiben es, die gedruckten wie die elektronischen Lebensbeschreibungen. Googelt man nach Kafka und Luschnitz, sieht man das Malheur!
Ich bin überglücklich, diesen Fehler hiermit aufklären zu können. An der Lainsitz hat einer der größten Schriftsteller einen Hauptteil eines seiner bekanntesten Werke verfasst! Die ganze Welt soll es wissen!
Franz Kafka: Das Schloß. Kapitel 12 bis 20. Das Buch wurde erst nach seinem Tod im Jahr 1926 veröffentlicht.
Des weiteren verfasste er in Planá die Erzählung "Forschungen eines Hundes".
Wie es Kafka in Plan erging, erfährt man aus seinen Briefen. Nur einmal, auf einer Poskarte vom 26. Juni an Robert Klopstock, erwähnt er darin auch unseren Fluss:
"...aber da es in Planá lebendige Menschen und Tiere gibt, ist auch hier Lärm, der aus dem Schlaf schreckt und den Kopf verwüstet, sonst aber ist es außerordentlich schön mit Wald und Fluß und Gärten."
Für Kafka und sein Werk ist es natürlich unerheblich, ob der Fluss nun Luschnitz oder Lainsitz hieß. Für den Fluss aber...
Planá nad Lužnicí auf alten Fotographien.
Stadt Planá nad Lužnicí
Jede Menge historischer Fotos der Lainsitz!
Mai 17th, 2005Durch Zufall stieß ich auf die Website mit historischen Aufnahmen des Fotoateliers Šechtl & Voseček in Tábor. Unter den vielen Aufnahmen findet man natürlich jede Mege historischer Fotos der Lainsitz!
Turistic trail from Tábor to Bechyně (built 1903)
Views of the Lužnice river
Building first electric railway from Tábor to Bechyně 1902
Around Lužnice river
Planá nad Lužnicí
Veselí nad Lužnicí
Mills