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Der verschlossene Buchhalter von Löwy & Winterberg in Planá
Franz Kafka schrieb in einem Brief im Sommer 1922, als er in Plana an der Luschnitz (Lainsitz) auf Sommerfrische war, dass ihn der Lärm des nahegelegenen Sägewerkes dazu bringe, sein Leben zu verfluchen, wenn dort die Kreissäge in Betrieb genommen wird. Weiters schrieb er:
"... ich kenne flüchtig den dortigen Buchhalter, sogar das gibt mir einige Hoffnung, er weiß zwar nicht, dass mich seine Kreissäge stört und kümmert sich auch sonst nicht um mich und ist überhaupt ein verschlossener Mensch und wenn er auch der offenste Mensch wäre, er könnte die Kreissäge nicht einstellen, wenn Arbeit für sie ist, aber ich schaue verzweifelt aus dem Fenster und denke doch an ihn."
Von einem Stadtchronisten Planas, Josef Kepka, erfahren wir mehr über den verschlossenen Buchhalter:
Vom 23. Juni bis 19. September hielt sich Franz Kafka zusammen mit seiner Schwester Ottla Davidová und ihrer Tochter Véra in Planá nad Lužnice im Haus von František Hnilička Nr. 145 (heute Přičná-Straße) auf... Diese Sommerwohnung wurde wahrscheinlich vermittelt von ihrem Onkel Löwy mütterlicherseits, der mit seinem Partner Wirtenberg [Winterberg!] in Plana, im Bereich des heutigen Fußballplatzes bis zum Fluss einen Platz zur Montage von Flößen hatte. Neben den Veselý-Nachbarn, die neben Hniličkas Haus wohnten, traf Kafka auch den damaligen Buchhalter des Sägewerks, Herrn Brabenec, dessen Hobby ursprünglich Salonzauberei und später Spiritualismus war. Obwohl Kafkas Krankheit, die fortschreitende Lungentuberkulose, bereits nahezu unheilbar war, fühlte er sich hier wohl. In seinen Notizen schrieb er, dass er eine Stunde oder länger Holz hacken könne, ohne müde zu werden. In Planá vollendete Kafka sein erstaunlichstes Werk „Das Schloss“ und die jenseitige Kurzgeschichte „Forschungen eines Hundes“, für welche der Hund seiner Familie, mit dem er oft in der Nachbarschaft spazieren ging, wahrscheinlich Modell war.
Bei der Firma Löwy und Winterberg waren drei Herren aus der Familie Brabenec in höheren Positionen: Josef Brabenec ab 1880 sowie Gustav Brabenec ab 1906 im Zentralbüro in Prag und Rudolf Brabenec ab 1917 als Beamter in einem tschechoslowakischen Betrieb. Wir können also davon ausgehen, dass Rudolf unser Mann ist. Wir können neben dem Namen auch ein Foto des verschlossenen Bekannten Kafkas in Plana beisteuern:
Hier noch Fotos von Vater (?) Josef und Bruder (?) Gustav Brabenec:
Quellen
Werner Haas: Franz Kafka, Briefe und Tagebücher
Markéta Vysloužilová: Planá nad Lužnicí (2004)