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Die Taufpaten von Adolf Hitler
In einem relativ neuen, angesehenen Nachschlagewerk, dem Itinerar von Harald Sandner aus dem Jahr 2016, liest man, dass Adolf Hitler, als er im Mai 1906 das erste Mal von Linz kommend Wien besuchte, bei Johann Prinz gewohnt habe.1 Der genaue Ort sei unbekannt.
In dem 2022 erschienenen, von Oliver Rathkolb und Johannes Sachslehner überarbeiteten Buch Brigitte Hamanns, Hitlers Wien, ist zu dieser Reise zu lesen:
„Wo Hitler in Wien wohnte, ist unbekannt. Dass er bei seinem Taufpaten Johann Prinz Unterkunft fand, wie oft behauptet, ist kaum möglich. Denn das Ehepaar Prinz, das 1885 auf einer Urkunde als „Bademeistersehepaar im Wiener Sofienbad“ erwähnt wird, wohnhaft im 3. Bezirk, Löwengasse 28, ist 1906 nicht mehr an dieser Adresse nachzuweisen, und auch andere Informationen fehlen.“2
Roman Sandgruber wusste ein Jahr vorher, 2021, schon mehr:
„Im Mai 1906 fuhr Adolf nach Wien und besuchte Museen und andere Sehenswürdigkeiten der Stadt. […] Der Aufenthalt war teuer, sicher an die 100 Kronen, auch wenn er wahrscheinlich bei seiner Taufpatin leben konnte, die in diesem Jahr noch an ihrer Adresse im dritten Bezirk gemeldet war.“3 Also war Johanna Prinz doch registriert?
Am meisten, speziell über den Taufpaten Johann Prinz, zu erzählen weiß drei Jahre früher, nämlich 2018, Volker Elis Pilgrim: „Als Hitler sich zwischen 1. und 10. Mai 1906 erstmals in Wien aufhielt, um eines Tages seinen Weg zur dortigen Kunst- Akademie einzuschlagen, wohnte er bei Johann Prinz, (Sandner I, S. 78) seinem Taufpaten, einem ehemaligen Freund seines Vaters. (Bavendamm, S. III, B. 4) Der Pate Johann Prinz wirkte auf seinen inzwischen 17-jährigen Patensohn ein, das Abitur nachzumachen, um eines Tages das Bauingenieur-Fach studieren zu können, denn davon, »Baumeister werden zu wollen«, faselte Hitler noch bis ins »hohe Alter« hinein.“
Pilgrim will mit seinem Buch beweisen, dass Hitler homosexuell war. Als einen von vielen Belegen führt er an, dass der 17-Jährige damals in Wien sich überhaupt nicht für Mädchen interessiert habe und dagegen fast jeden Tag eine Karte an seinen in Linz zurück gelassenen Freund Kubitschek schrieb. „Jetzt hätten sich »in der sechstgrößten Stadt der Erde« (Sandner) Massen von Gelegenheiten für den 17-Jährigen geboten, sich nach einem Wiener »Madl« (Brandmayer) umzuschauen. Hatte auch Patenonkel Hans nichts junges Weibliches unter sich, nichts neben sich bei seinen Verwandten, Freunden und Nachbarn? Hitler verlässt seinen Patenonkel in Wien, ohne auch nur »Schnitzel« von einer Großstadt-möglichen »Jagd« nach Weiblichem hinter sich gestreut zu haben.“4
Ich habe viele Stunden damit verbracht, die Geschichte der Taufpaten Johann und Johanna Prinz aus den Matriken der katholischen Kirche zu rekonstruieren. Hier ist das Ergebnis: Alois Schicklgruber und seine Spitaler Prinzen in Wien
Es ist ein Blick ins 19. Jahrhundert mit seiner grassierenden Kindersterblichkeit.
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Literatur:
Brigitte Hamann, Johannes Sachslehner, Oliver Rathkolb, Hitlers Wien (Wien, Graz 2022).
Volker Elis Pilgrim, C: Von der Männerliebe zur Lust am Töten (Hamburg 2018).
Roman Sandgruber, Hitlers Vater: wie der Sohn zum Diktator wurde (Wien, Graz 2021).
Harald Sandner, Hitler - Das Itinerar: Aufenthaltsorte und Reisen von 1889 bis 1945 (Berlin 2016) Bd. 1.
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1 Sandner, S. 77
2 Hamann, S. 67. Die Fußnote dazu: „Bundesarchiv Koblenz, Akten des Parteiarchivs der NSDAP NS26/17a. Berufsangabe laut Taufschein von Gustav Hitler von 1885 und Wien Stadt- und Landesarchiv Meldearchiv.“ In der Taufmatrik von Braunau am Inn sind die Taufpaten Gustav Hitlers als Bademeisterseheleute eingetragen. (Taufregister 03, 1881 – 1891, fol. 75, laufende Nummer 42), online abrufbar unter https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/oberoesterreich/braunau-am-inn/103%252F03/?pg=99 (zuletzt April 2023).
3 Sandgruber, S. 67.
4 Pilgrim, S. 109.