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Josef Neugschwandtner: Keine illegale Tätigkeit?
Nach der Niederwerfung der NS-Greuelherrschaft musste sich Josef Neugschwandtner vor dem Volksgericht in Wien für seine illegale Tätigkeit zur Zersetzung Österreichs verantworten. Er gab damals u.a. zu Protokoll: „Ich selbst habe mich wahrheitsgemäss um die Aufnahme in die NSDAP direkt vor dem Jahre 1938 nicht beworben […] Tatsache ist, dass ich mich illegal für die NSDAP nicht betätigt habe […]“1
Ganz anders liest es sich in seiner Bewerbung vom 20. Juni 1938 zur Anerkennung seiner bisherigen illegalen NSDAP-Mitgliedschaft bzw. seiner bisherigen niedrigen Mitgliedsnummer 197.794:
„ich war: bis Februar 1931 als Zellenobmann tätig, dann als Mitarbeiter in der Ortsgruppe Groß-Schönau, stellte daselbst einen SA-Trupp vom Sturm 22/49 auf und führte diesen bis Mai 1934, ab Mai 1934 bis Dez. 1934 führte ich den Sturm 22/49 selbstständig. In dieser Zeit tätigte ich auch mit diesem Sturm die Waffentransporte von der Tschechoslowakei nach Österreich. In dieser Zeit wurden auch mehrere Flüchtlingstransporte durch meinen Sturm durchgeführt.
Im Dezember 1934 wurde ich nach Wien zum Sturm 22/15 überstellt, woselbst ich bis Nov. 1937 Dienst machte.
Ab November 1937 bis Umbruch war ich im Nachrichtendienst im Sturmbann 3/15 tätig.
Ich wurde am 8. Oktober 1932 in Gmünd II. bei einer Saalschlacht2 unter dem Sturmbannführer Max Fitzthum am Kopfe schwer verletzt.
Eine zweite Verletzung erhielt ich bei der Anwesenheit des Auss. Minister Neurath3 in Wien.“4
Zur Erinnerung: Seit dem 19. Juni 1933 war die NSDAP in Österreich verboten, ein Großteil der angeführten Tätigkeiten fand in der Zeit danach statt! In der Bewerbung gab er weiters an, dass er schon am 8. August 1930 erstmalig in die NSDAP, Ortsgruppe Meidling, beigetreten sei. Seine bisherige, von der NSDAP-Reichsleitung bestätigte Mitgliedsnummer sei 197.794 mit Aufnahmedatum Juli 1931, er habe seine Beiträge zuletzt an den Sturm 22/15, davor unterbrechungslos bezahlt! Angeblich wurde er auch wegen NS-Betätigung bestraft und hat insgesamt dreieinhalb Monate Kerker erlitten.
In der Niederschrift von 1946 meinte Neugschwandtner, dass er sich „illegal für die NSDAP nicht betätigt habe“. Aber solche Erinnerungslücken waren zu dieser Zeit weit verbreitet.
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1) Niederschrift der Sicherheitsdirektion für das Land Niederösterreich vom 7.6.1946, unterzeichnet von Josef Neugschwandtner, WStLA, Vg 11 b Vr 4657/46.
2) Anlässlich einer nationalsozialistischen Versammlung im Gasthaus Ableidinger in Gmünd Neustadt kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten auf der einen, sowie Sozialdemokraten und Kommunisten auf der anderen Seite. Laut Zeitungsberichten gab es 23 Verletzte. Die Gruppen gingen mit Steinen aufeinander los und konnten nur mit Waffengewalt von der Gendarmerie getrennt werden. Der Vorfall löste ein starkes Medienecho aus. Vgl.: „Versammlungstumulte in Gmünd. 23 Verletzte. Gendarmerie säubert mit gefälltem Bajonett den Kampfplatz.“ In: Wiener Neueste Nachrichten (Wien, 10.10.193) 1, <online>. Die Arbeiter Zeitung vom 10.10.1932 berichtet unter „Zusammenstöße in Gmünd“ ebenfalls auf der Titelseite und schließt: „Es kam zwischen Sozialdemokraten und Nazi zu einem Zusammenstoß, wobei die Nazi eine wohlverdiente Tracht Prügel abbekamen.“
3) Konstantin von Neurath war von 22.02. bis 23.02.1938 in Wien. Vgl. dazu: Das interessante Blatt, 25. Februar 1937, 1, <online> bzw. zu den nazistischen Unruhen dabei: Salzburger Volksblatt, 22. Februar 1937, 8, <online>.
4) Personalfragebogen, Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, BMI/Gauakten, Gauakt Josef Neugschwandtner.