Kategorie: "Spital bei Weitra"
Reichsarbeitsdienstlager für Frauen in Spital bei Weitra
August 19th, 2024War es eine Auftrag von ganz oben oder haben regionale Größen untergebendst dem winzigen Örtchen Spital bei Weitra Gutes zukommen lassen?
Bereits im Mai 1938 errichtete man im Dorf eine Postablage, vergleichbar vielleicht mit den heutigen "Postpartnern", welche dem Postamt Weitra zugeordnet war.
Ein viel größeres Geschenk an das Dorf war die Errichtung eines Reichsarbeitsdienstlagers, in dem 48 junge Frauen aus allen Gauen Deutschlands untergebracht wurden, welche täglich sieben Stunden den Bäuerinnen des Dorfes zu Diensten sein mussten.
Dieses Arbeitsdienstlager der Gruppe XXI, Lager Nr. 4/210, war unter den ersten sieben, welche schon am 1. Juli 1938 in der "Ostmark" eröffnet worden waren. Die Feierlichkeit dazu fand allerdings erst ein Jahr später durch Gauleiter Jury statt. [Völkischer Beobachter, 24. Juli 1939]
Angeblich war es eine besondere Freude, dass die dortigen Maiden "auf den Hof einer Tante des Führers gehen können und dort der heute 76 Jahre alten Frau durch ihre Mithilfe einen kleinen Teil des Dankes abstatten können, den das ganze deutsche Volk dem Führer schuldet." [St. Pöltner Bote, 7. Juli 1938] Es handelte sich dabei um Therese Schmidt, geb. Pölzl. Die Freude konnte allerdings nur kurz dauern, da Therese bereits kurz danach am 15. August mit 70 [nicht 76!] Jahren verstarb. Im Sterbebuch vermerkte man: "Die Verstorbene ist die Tante d. Adolf Hitler d. jetzigen Führers Deutschlands. Beim Begräbnis waren auch Abordnungen d. N.S.D.A.P. da. (Weitra - Zwettl.)"
Von Therese und ihrem Ehemann Anton sind übrigens Fotos überliefert, die um das Jahr 1932 von Elisabeth Reich gemacht worden waren und 1933 im Buch "Aus Hitlers Heimat" von ihrem Mann Albert Reich veröffentlicht wurden:
Wir haben den Erlebnisbericht einer Frau, welche in Spital ihren Arbeitsdienst leistete. Sie erzählt von ärmlichsten Wohnstätten und schrecklichen sanitären Zuständen: Bericht einer Frau im Reichsarbeitsdienst. Mit Elisbeth Reich können wir einen Blick in den Hof der Familie Schmidt werfen:
Fotos aus der Illustrierten "Ostmark-Woche" Nr. 48 von 1939:
Johann, der Ältere
August 10th, 2023In dem Blogbeitrag "Diese Drei machen aus Schicklgruber Hitler" schrieb ich noch, dass für den Zeugen Johann Breiteneder zwei Personen in Frage kämen. Nach Einsicht in das Lagalisierungs-Protokoll ist es nun eindeutig: Zeuge war der ältere, aus Spital Nr. 47 Kommende:
Johann "Broadneder", Kleinhäusler und Weber, ist 1800 auf Spital 47 geboren und 1886 als Armenhauspfründler auf Spital 41 gestorben.
Sein Vater war Martin Breiteneder (1774-1859), seine Mutter Maria (1774-1816) eine geborene Ledermüller. Ihr Vater und der Großvater Anton Ledermüllers, des Lehrherrn Alois Schicklgrubers, sind Brüder gewesen.
Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Schreibens war Johann B. 76 Jahre alt. Seine Signatur unter dem Legalisierungsprotokoll wirkt jedoch äußerst jugendlich:
Eine Spitalerin, Nichte von Anton Ledermüller, ging nach Amerika. Und nicht nur sie!
August 5th, 2023Wie im letzten Eintrag beschrieben, schwören drei Männer am 6. Juni 1876 in Weitra beim Notar, dass der Georg Hiedler, lange selig, der Vater des Alois Schicklgruber gewesen sei. Zwei davon gehören nahe zur Familie Ledermüller in Spital Haus Nr. 28!
Der Schustermeister Anton Ledermüller ist - wie wir wissen - der Lehrherr von Hitlers Vater 1850 bis 1852. Wie sind die "Hitler"-Zeugen nun mit ihm verwandt? Die Schwester des Schustermeisters, Josefa, heiratete im Jahr 1831 den Webergesellen Josef Pautsch aus Spital 16. Der eine Zeuge, Engelbert Pautsch, ist ein Sohn der beiden! Der zweite Zeuge, Johann Breiteneder, ist durch seine Heirat mit Tochter Theresia ein Schwiegersohn der beiden!
Im Zuge der Erkundigungen zu den beiden Zeugen bin ich auf die Geschichte einer weiteren Tochter von Josef Pautsch und Josefa, geb. Ledermüller, gestoßen. Und die ist nicht weniger spannend! Sie führt uns in die bis heute unerforschte Geschichte der Waldviertler Auswanderung am Ende des 19. Jahrhunderts nach Amerika!
Diese Schwester bzw. Schwägerin der Hitler-Zeugen heißt Juliana Pautsch und ist 1839 auf Spital 16 geboren. Sie geht als Erwachsene nach Wien Erdberg, in welchem Bezirk auch die Spitaler Prinzen wohnen. Mit 30 Jahren heiratet die nunmehrige Handarbeiterin dort in der Kirche St. Peter und Paul den fünf Jahre jüngeren Tagelöhner Franz Brunner (in der Matrik "Bruner"), der von einem Weber Franz Brunner senior aus Pürbach bei Schrems stammt. Die Kinder des Ehepaares werden:
Juliana (später Julia) Brunner: * 18. Mai 1870, Dietrichgasse 23
Josefa (Josephine, Josie) Brunner: * 29. Februar 1872, Strozzigasse 47 (8. Bezirk, gute Adresse)
Franz Josef (Frank J.) Brunner: * 22. September 1874, Palmgasse 6 (Nähe Westbahnhof)
Alois (Louis) Brunner: * 18 Jänner 1877, Palmgasse 6
Die Buben Franz und Alois sehen für's erste ihre Großeltern väterlicherseits nicht. Diese sind nämlich im März 1872, gleich nach der Geburt von Josefa, nach Bremen aufgebrochen, um dort die große Reise über den Atlantik nach Amerika anzutreten. Von der Familie Brunner reisen: Die Großeltern Franz (53) und Anna (54) Brunner, die Tante Maria (21) und alle Onkeln, die da wären: Ferdinand (18), Anton (14), Josef (25) und Johann (34). Die Reihenfolge ist hier dieselbe, wie in der Passagierliste des Dampfschiffes Hannover, welches am 28. Mai 1872 New York erreichte.
Wie ein Kollege unter den Ahnenforschern, Friedrich Hafner, festgestellt hat, fahren mit den Brunnern auf der SS Hannover noch an die 50 Waldviertler aus unsrer Gegend mit. Sie stammen etwa, wie die Brunners, aus der Pfarre Langschwarza, aber auch aus Kleedorf, Ullrichs, Lembach usw.
Die Tante Josefa heiratete 1869 den Vogler Josef aus Hoheneich und folgt der Familie im Jahr 1878.
Wie es aussieht, bleibt von der Brunnerschen Verwandschaft nur die älteste Tante Walpurga "zu Hause" in Wien. Sie hat dort schon 1863 in Erdberg den aus Hoheneich stammenden Gärtner Franz Haider geheiratet. Sie wäre bei der Reise der Eltern 33 Jahre alt gewesen.
Als Julianes und Franzens Jüngster, Alois, fünf Jahre geworden ist, machen sie sich zusammen mit allen vier Kindern, so wie die anderen vor zehn Jahren, auf den Weg nach Amerika. Sie reisen im Sommer 1882 nach Bremen und gehen an Bord der SS Hermann. Das Schiff geht nicht nach New York, sondern nach Baltimore, wo sie am 14 Juli 1882 ankommen.
In der Passagierliste sind sie als Familie Brammer geführt, deswegen waren sie nur durch tagelanges, händisches Suchen zu finden!
So wie bei allen Verwandten, liegt das Land ihrer Hoffnung noch mehr als 1000 Meilen von Ihrem Ankunftshafen entfernt: in Wisconsin, das westlich der Großen Seen im Nordosten der USA liegt.
Wir werden sehen, dass es dort in bestimmten Regionen richtige Waldviertler Gegenden gibt.
Anzeige in der Wiener Morgen-Post 1872. Wer konnte da hierbleiben?
So in etwa sah die Hermann aus.
Diese Drei machen aus Schicklgruber Hitler
August 1st, 2023Am 6. Juni 1876 bezeugen drei Männer aus Spital beim Notar Penkner in Weitra, dass Georg Hitler (1792-1857, Familienname sonst üblich als Hiedler, Hüttler, Hirdler usw. geschrieben) der leibliche Vater des Alois Schicklgruber gewesen sei. Am nächsten Tag trägt daraufhin der Döllersheimer Pfarrer die posthume Legitimierung ins Taufbuch ein. Der Zollbeamte Schicklgruber kann sich ab nun Hitler nennen.
Wer waren die drei Zeugen?
Joseph Romeder
Er ist am nächsten mit den Spitaler Hiedlern verbunden. Geboren ist er am 21. Februar 1834 in (Ober) Windhag 10 als Sohn des Bauern Jakob Romeder und seiner Frau Barbara, geborene Pölzl, die aus Schöllbühel stammt. (↑)
Am 25. Jänner 1853 heiratet er 18-jährig die 20-jährige Walpurga Hüttler (↑) (im Trauungsbuch so geschrieben), die Tochter des Johann (Nepomuk) Hüttler, des Ziehvaters von Alois Schicklgruber auf Spital 36. Alois Schicklgruber, geboren 1837, ist vor kurzem ausgezogen und nach Wien gegangen, bzw. es ist möglich, dass er zu dieser Zeit noch im Haus Spital 36 wohnt.
Da Johann (Nepomuk) Hüttler ohne Sohn ist, seine älteste Tochter Johanna 1848 schon auf den Nachbarhof des Johann Pölzl geheiratet hat und die jüngste Tochter Josepha ehelos 1859 stirbt, übernimmt Romeder zusammen mit seiner Frau den Hof.
Walpurga stirbt am 30. November 1900 (↑) noch am Hof in Spital 36, Joseph Romeder allerdings nicht mehr dort, sondern am 18. Mai 1911 als Ausnehmer in Walterschlag 4 (↑). Die Ehe war kinderlos geblieben, Romeder hatte das Haus an Anton Stütz aus Harmannstein verkauft.
[Dorferneuerungsverein „Spital Aktiv“: Spital und seine Bewohner (Spital 2004) S.: /Ahnen/Ahnen/ab3556.htm. Im Eigenverlag herausgegebene CD, unter anderem mit umfassender Dokumentation aller Einwohner und ihrer Lebensdaten.]
Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Schreibens ist er 42 Jahre alt.
Johann Breiteneder
Zeitlich kommen zwei Personen in Frage(1774-1816):
[Spital und seine Bewohner S.: /Ahnen/Ahnen.htm#Breiteneder.]
- Johann Breiteneder, Kleinhäusler und Weber, geboren 1800 auf Spital 47 und gestorben 1886 als Armenhauspfründler auf Spital 41.
Sein Vater ist Martin Breiteneder (1774-1859), seine Mutter Maria (1774-1816) war eine geborene Ledermüller.
Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Schreibens wäre er 76 Jahre alt gewesen. -
Johann Breiteneder, geboren am 5. Juli 1822 auf Spital 34 (↑). Seine Taufpaten sind Martin und Theresia Prinz, geborene Hüttler, die Eltern des späteren Taufpaten von Adolf Hitler. Johann ist der Sohn des Anton Breiteneder aus Spital und dessen Frau Juliana, geborene Klein aus Langfeld.
Am 20. November 1869 heiratet er in Weitra (↑). Seine Braut Theresia ist eine Nichte des Lehrherren von Alois Schicklgruber, Anton Ledermüller. Theresia ist nämlich die Tochter von Antons Schwester Josefa Ledermüller, welche 1831 den Weber Josef Pautsch geheiratet hat. (↑)Johann Breiteneder stirbt am 29. Juni 1896 (↑) mit 74 Jahren als Hausbesitzer und Tagelöhner in Weitra in der Bergzeile 41.
Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Schreibens wäre er 42 Jahre alt gewesen.
Engelbert Pautsch
Engelbert Pautsch gehört, wie obiger Johann Breiteneder, ebenfalls mittelbar zur Familie der Ledermüller. Er ist ein Neffe des Lehrherren Alois Schicklgrubers, Anton Ledermüller. Engelberts Vater, der Weber Josef Pautsch, hat, wie oben beschrieben, 1831 die Schwester Antons, Josefa Ledermüller, in Spital geheiratet. Engelbert am 18. Oktober 1834 (↑) wurde aus dieser Ehe geboren und war als Erwachsener Schmid auf Spital 16, später Kleinhäusler in Spital 49.
Er stirbt an dieser Adresse am 14. Februar 1917 (↑).
Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Schreibens ist er 41 Jahre alt.
Über das Motiv der drei Herren wird seit dem Bekanntwerden des Vorgangs vor etwa hundert Jahren gerätselt.
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Wir haben zwei Kinder des Paares Josef Pautsch und Josefa Ledermüller von Spital 16 kennengelernt. Nebenbei sei erwähnt, dass eine Tochter von ihnen, Juliana Pautsch, geboren am 24. Mai 1839, samt der großen Familie ihres Mannes Franz Bruner (↑) nach Wisconsin / USA emigrierte. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Alois Schicklgruber als Schusterlehrling 1850 bis 1852 in Spital
Juli 25th, 2023Im Stadtarchiv Weitra befindet sich unter der Inventarnummer 11/20 das „Handwerksbuch bei der Innung der bürgerlichen Schuhmacher Meister Stadt Weitra, errichtet 1839“.
Der Schuhmachermeister Anton Ledermüller in Spital war von 1839 bis 1863 Mitglied der Weitraer Innung.
Es finden sich in diesem Handwerksbuch zwei Einträge zu Hitlers Vater Alois Schicklgruber.
Anton Ledermüller nahm ihn am 19. Mai 1851 nach einem Probejahr als Lehrbuben auf:
[1]851 Am 19. Mai [...]
Nach 1 Probejahr {Lässt Anton Ledermüller v. Spital den Alois Schicklgruber v. Döllersheim aufdingen und zahlt 1 f. 30 x}
Anton Ledermüller erklärte ihn am 28. März 1852 feierlich zum Gesellen und sprach ihn von seinen Pflichten als Lehrjungen frei:
[1]852 Am 28. März [...]
Lässt Anton Ledermüller v. Spital seinen Lehrjung Alois Schicklgruber v. Döllersheim freisprechen und zahlt 1 f. 30 x
Die eineinhalb Gulden waren für diese Anlässe die festgelegte reguläre Gebühr.
Anton Ledermüller wurde am 12. Juni 1805 in Spital 28 als Sohn des Josef Ledermüller und der Anna, geb. Klein, geboren. Erst mit 40 Jahren heiratete er 1845 als Schuhmachermeister in Spital 28 die drei Jahre jüngere Josefa Fuchs aus Mistelbach. Die Ehe blieb kinderlos. Er starb am 4. April 1880 als Ausnehmer in Spital 49 an Altersschwäche.
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Mit großem Dank an Dr. Wolfgang Katzenschlager, dem Stadtarchivar von Weitra, der diese Einträge entdeckt hat!