Erste Würdigung
Mai 7th, 2023Sehr geehrter Herr Mag. Prinz,
herzlichen Dank für Ihre Information, die Sie an Mag. Engel geschickt haben, der sie wiederum an mich weitergeleitet hat.
Dank Ihrer Erkenntnis ist ein weiterer Mosaikstein in die Biografien von Hitlers Vater und seiner ersten Ehefrau eingefügt, der in Zukunft nicht übersehen werden kann. Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich und werde die Eintragung, natürlich mit Verweis auf Sie, auf unserer Website braunau-history.at veröffentlichen.
Herzliche Grüße aus Braunau
Florian Kotanko
Die erste Frau vom Schicklgruber hatte einen unehelichen Sohn!
Mai 7th, 2023Gerade habe ich etwas Besonderes gefunden: Den Taufeintrag des am 16. Oktober 1851 unehelich geborenen Josef Glasl / Glasl-Hörer mit der Änderung des Namens wegen der Adoption seiner Mutter Anna Glasl / Hörer, der ersten Frau vom Schicklgruber. Sie hatte also einen Sohn in die Ehe mitgebracht. Taufpatin war schon Maria Hörer, die spätere Adoptivmutter.
https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/salzburg/radstadt/TFBIV/?pg=88
"Die Umschreibung des Namens: Jos. Glasl in Jos. Glas-Hörer wurde über Adoption der Anna Glasl u. ihres unehel. Sohnes Jos. von Seite der Wahleltern: Jos. Hörer k.k. Zoll-Einnehmers dahier u. seiner Ehegattin: Maria mit k.k. Wahleltern-Erlass (...) Linz 4. Juli 1860 Nr. 13.705 bewilligt."
Zuerst haben sie einen Fehler gemacht bei der Änderung. Sie haben geschrieben, dass der Sohn Franz adoptiert ist und daher den anderen Namen bekommt, diesen Eintrag aber dann durchgestrichen:
"Jos. Glasl wurde von Herrn Jos. Hörer k.k. Zoll-Einnehmer dahier und dessen Gattin Maria mit k.k. Wahleltern-Erlass (...) Linz 4. Juli 1860 Nr. 13.705 adoptiert."
Ich dachte zuerst, dass das ein Bruder von Anna Glasl gewesen wäre, der auch adoptiert wurde.
Ich laufe in der Wohnung herum und kann es nicht glauben, dass ich wahrscheinlich einen bisher unbekannten Halbbruder vom Unaussprechlichen gefunden habe.
Dieser Josef Glasl-Hörer hatte mindestens drei Kinder:
Carolina Glasl-Hörer *17. 5. 1880 Mauerkirchen, Oberösterreich
Josef Glas-Hörer *8. 8. 1881 Radstadt
Maria Anna Glasl-Hörer *7. 5. 1885 Grieskirchen
Alle bissl älter als der A.
Na ja, keine Ahnung, was das alles bedeuten mag.
Wer hat's gefunden?
Mai 5th, 2023Das erste und letzte Mal hat Konrad Heiden 1936 ein Papier in der Hand gehabt, das Alois Schickelgrubers (alias Hitler) erste Heirat dokumentierte. Der Antifaschist Heiden hat in der ersten Auflage seines Adolf Hitler : eine Biographie noch nicht darüber berichten können, erst in der Neuauflage 1937: Alois Schicklgruber habe 1864 Anna Gassl-Hörer geheiratet. Viele Hitler-Biographen nannten 1873, weil die "Zeitzeugin" und Plaudertante Maria Pernstein dies 1938 so angab. Und viele nur die Erstausgabe von Heidens Biografie gelesen haben.
Roman Sandgruber schreibt in Hitlers Vater, dass natürlich eher Heiden zu vertrauen sei, aber die Sache nicht entschieden sei, weil bis heute kein Heiratsdokument gefunden wurde, weil man nicht wisse, wo die beiden geheiratet haben. In Braunau jedenfalls nicht und man wisse nicht, wo man überall nachschauen sollte.
Bis gestern fand man kein Dokument darüber. Gestern hab ich die Heiratsmatrik gefunden. Heiden hat recht gehabt:
Salzburg-Nonntal Trauungsbuch | TRB3, 1825–1866, fol. 116
Am 26. April 1864 heiraten in der Kirche Salzburg Nonntal Alois Schicklgruber und Anna Glassl-Hoerer.
https://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/salzburg/salzburg-nonntal/TRB3/?pg=112
Ich freue mich, damit einen kleinen Baustein für die Schicklgruberbiographie beitragen zu können.
Wien, am 5. Mai 2023 Mag. Martin Prinz
______________________
Konrad Heiden: Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit (2. Auflage, Zürich 1937)
Maria Pernstein: Privataufzeichnungen
Roman Sandgruber: Hitlers Vater Wie der Sohn zum Diktator wurde (Wien 2021)
Ungarische Zwangsarbeiter beim Fürstenberg in der Rörndlwies
Juli 16th, 2018Ab dem März 1944, als deutsche Truppen das abzufallen drohende Ungarn besetzten, begann die planvolle Vernichtung der jüdischen Menschen auch dort. In einer ersten großen Aktion wurden bis Anfang Juli mehr als 400.000 dieser Menschen deportiert, die meisten zur Vernichtung nach Ausschwitz. Ein Viertel davon wurde zur Arbeit selektiert, die anderen sofort vergast.1
Aus dem nächsten Deportationsschub von etwa 15.000 Menschen im Juli stammten aller Wahrscheinlichkeit nach jene Personen, welche als Arbeitssklaven von der Forstverwaltung Fürstenberg in Rörndlwies eingesetzt wurden.
Es gibt über die unmenschlichen Verhältnisse in diesem Arbeitslager einen berührenden Bericht der 1936 geborenen, also zu dieser Zeit sechsjährigen Johanna Grudl aus Rörndlwies, der hier im Original wiedergegeben wird:
Ins Nachbarhaus vom Fürstenberg kamen ca. 27 Juden
Die Personen, die 15 bis 65 Jahre alt waren, mussten täglich im Wald pro Person einen Kubikmeter Holz machen, Schleifholz oder Brennholz. Es musste aufgeschlichtet werden. Am Anfang taten sich die Juden schwer, da waren Leute darunter, die vielleicht noch nie so eine Zugsäge oder eine Holzhacke in der Hand gehabt haben. Sie bekamen Blasen an den Händen. Die richtige Bekleidung hatten sie ja auch nicht. Es waren Leute dabei, wie Ärzte, einer war Apotheker. Das Wort Jude löste in mir Angst aus, bis ich sah, als sie bei uns vorbei gingen, dass sie auch so Menschen waren wie wir. Es waren drei Mädchen dabei mit so 15 bis 17 Jahren, die sind mit meinen Brüdern Schlitten gefahren. Eine fuhr einmal ans Hauseck an. Es passierte zum Glück nichts. Sie sangen mit meinen Brüdern, ein wenig konnten sie schon Deutsch. „Im Leben geht alles vorüber, im Leben geht alles vorbei; und zwei die sich lieben, die bleiben sich treu“, sangen dann die Buben.
Als dann der Schnee schmolz und die ersten Brennnesseln wuchsen, ging eine alte Frau Brennnesseln pflücken, die haben sie dann gegessen. Ich weiß heute nicht von was die gelebt haben! Bekamen sie Geld für ihre Arbeit oder sonst wo etwas? Mein Bruder Raimund hatte einmal eine goldene Füllfeder von einem Juden bekommen. Die Mutter stellte diesem Herrn alle Tage ein Häferl Milch und Kartoffel in den unteren Schuppen. Die Nachbarin durfte es nicht sehen. Bei der Nacht holte sich der Mann dann immer die Milch. Die Frau Nachbarin hatte wieder Angst vor meiner Mutter, die gab auch einem Juden Lebensmittel. Alle hatten Angst, den Juden etwas zu geben. Man konnte gleich nach Mauthausen kommen, wenn sich Deutsche mit einem Juden abgaben. Ein Jude ist hier gestorben, er wurde ganz im Eck bei der Kirche begraben. Später hat man ihn exhumiert und nach Israel gebracht.
Mein Bruder Raimund und ich mussten immer das Vieh auf die Weide bringen. Wir hatten mitten im Wald eine Wiese. Und da kamen wir zu den Juden, wo die ihre Holzarbeit verrichteten. Meine Haare waren immer zerrauft, da kämmte mich so ein Judenmädchen im Wald und schenkte mir einen kleinen Kamm, den man in ein Etui stecken konnte. Ich freute mich, aber die waren ja selbst ganz arm.
An einem Sonntagvormittag bekam bei uns die Kuh eine Frühgeburt. Die war erst sieben Monate trächtig. Die Juden haben das „Kalb“ gegessen. Eines schönen Tages kam ein Lastauto, lud die Juden auf und fort waren sie, wir erfuhren nichts mehr von ihnen.2
„Es geht alles vorrüber, es geht alles vorbei, doch zwei die sich lieben, die bleiben sich treu“ von Kurt Feltz, bekannt geworden durch Lale Andersen, wird hier vermengt mit dem Stück „Im Leben geht alles vorüber“ von Günther Schwenn aus dem Tonfilm „Torra Kerry“ mit Marika Rökk, beides berechnende zeitgenössische Propagandaschinken.
Der hier am 5. September 1944 verstorbene Jude war Rabbiner, hieß Ignatz Csengeri und stammte aus Debrencen, sein Tod trat durch Erschöpfung ein. Im September 1967 ließ sein Sohn Jenö seine sterblichen Überreste nach Israel überführen.3
Als die sowjetischen Truppen sich der ehemaligen österreichischen Grenze näherten, wurden auch die Arbeitssklaven aus St. Martin nach Theresienstadt gebracht, wo sie am 19. 4. 1945 nach deutscher Manier ordentlich registriert wurden. Eleonore Lappin-Eppel hat die Liste der Ankommenden 2005 gesichtet und 14 Personen aus Rörndlwies namentlich eruieren können. Es handelt sich um mehrere Angehörige der Familien Csengeri, Grünhut und Seidenfeld, sowie um eine Frau Weinberger und einen Dr. Szelényi. Sie überlebten, weil Nazideutschland drei Wochen später endlich besiegt werden konnte. Falls es wirklich 27 Personen in Rörndlwies gewesen sind, fehlt die Nachricht von 12 von ihnen, ihr Schicksal ist ungewiss.
Wer für die unmenschliche Behandlung im Lager Rörndlwies direkt verantwortlich war? Irgendein Förster des Landgrafen Fürstenberg, wer Genauers weiß, sollte sich melden. Der Chef selber, Karl Egon V. Maximilian Maria Emil Leo Erwin Franziskus Xaver Johannes Fürst zu Fürstenberg, Landgraf in der Baar und zu Stühlingen, Graf zu Heiligenberg und Werdenberg würde wohl als Obersturmführer der SS auch wenig Mitgefühl mit den jüdischen "Volksschädlingen" gehabt haben.
________
1) Eleonore Lappin-Eppel, Erinnerungszeichen an die Opfer des Zwangsarbeitseinsatzes ungarischer Juden und Jüdinnen in Niederösterreich 1944/45. In: Heinz Arnberger / Claudia Kuretsidis-Haider (Hg.): Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen zu Widerstand, Verfolgung, Exil und Befreiung (Wien 2011) 60-86, 61f. <Online>.
2) Johanna Grudl, Erinnerungen an meine Kinder- und Schulzeit. 1942-1950 (Eigenverlag, St. Martin, 2005) 31-33.
3) Lappin-Eppel, 84.
Theresia Hochholdinger, Rossbruck
Juli 12th, 2018Dass man wegen zweifelnder Äußerungen über die Stabilität der Reichsmark ins Gefängnis kommen konnte, musste die Rossbrucker Wirtin Theresia Hochholdinger (*14.10.1897, +11.01.1962, geb. Sommer) Ende 1942 erleben. Sie gibt nach dem Krieg in ihrem Ansuchen auf Haftentschädigung1 an, dass sie im Zug von St. Martin nach Gmünd aufgeschnappt habe, dass die Reichsmark in nächster Zeit spürbar entwertet werden soll. Sie habe dies zu Hause vor einem Gast aus Spital erzählt, worauf dieser in Weitra bei der Sparkasse sein Geld beheben ging. Der Bankangestellte Horacek erfragte den Grund für die Herausnahme des Geldes und zeigte daraufhin Hochholdinger bei der Gendarmerie Weitra an. Hochholdinger wurde zu einer dreimonatigen Arreststrafe verurteilt, die sie Anfang 1943 im Gefangenenhaus Krems über sich ergehen lassen musste.
Im Dossier im DÖW findet sich auch ein Brief, den sie am 7. März 1943 nach Hause geschrieben hat:
„Meine Liebsten! Vater zu deinem Geburts u. Namenstag wünsch ich dir alles Gute die Hauptsache die Gesundheit. Unser Glück und Freude für uns 2, J u K [?] unsern Kind ins kühle Grab. Hatte diese Woche trübe Stunden, habt keine Blumen auf Grab getragen. Liebste Frieda, schau nach was wir für Gartensamen brauchen, damit du kaufen kannst, Petersilsamen bekommst schwer, frag halt Anna Tante. Vergesst nicht auf die Erbsen - in Lagerhaus nicht.
Besten Dank für Brief und Strümpfe. Karl Onkel und Gusti Tante haben mich besucht. Ich bin gesund was ich auch von euch hoffe. Was gibt es sonst neues. Hilde besorge die Säcke für Rositante. Wer mich einmal holt soll mir Geld mitbringen auch Augengläser, seh fast zum Schreiben nicht mehr. Die herzlichsten Grüße u. Küsse an euch alle. Mutter Anna an die Kinder in Gmünd alle Bekannten, Mutter Theresia Hochholdinger.“
Ich konnte in den Tauf- und Sterbematriken von St. Martin feststellen, dass Theresia Hochholdinger in den Jahren 1924 und 1925 jeweils eine Tochter kurz nach der Geburt verloren hatte. Wahrscheinlich meint sie deren Grab gleich in den ersten Zeilen des Briefes. Es beschäftigte sie in ihrer Haft am meisten, dass dorthin keine Blumen gebracht worden waren. Ihr Brief, ungeübt im Schreiben und nicht ganz verständlich, gibt einen seltenen Einblick in das Leben und die Sorgen einer Waldviertler Dorfwirtin.
________
1) Niederschrift vom 5. Juni 1953 bei der BH Gmünd, GZ. 134/38/1952 im Dossier zu Theresia Hochholdinger im DÖW