Reise von Kaiser Franz I. nach Niederösterreich und Böhmen und wieder retour
Zusammenstellung von Martin Prinz, hp@prinzeps.com, Wien 2024
In den Monaten Mai und Juni des Jahres 1810 unternahm der österreichische Kaiser Franz I. eine Reise nach Prag und durchquerte dabei bei der Hin- und bei der Rückreise das Lainsitztal. Bei der Hinreise ging es
nur schnell von seinem Sommersitz Luberegg an der Donau kommend über Weitra und Gratzen zur ersten Station in Wittingau. Bei der Rückreise aber kam er über Beneschau nach Buchers, wo er sogar übernachtete. Tags darauf führte ihn seine Fahrt zu den Glashütten in Silberberg und Joachimstal, die er beide mit großem Interesse besichtigte. Anschließend ging es entlang der Lainsitz über St. Martin, das im Reisebericht beschrieben wird, bis Weitra und von dort zu seiner Herrschaft Gutenbrunn nahe Ottenschlag.
Im Haus- Hof- und Staatsarchiv in Wien liegt seit 1812 die Reinschrift des Reiseberichts und wartete auf seinen Leser. Interessanterweise wird die Strecke von Weitra bis Gratzen erst zuletzt beschrieben.
Wir steigen bei der Rückreise in Beneschau ein:
[Signatur AT-OeStA/HHStA HausA Hofreisen 21-5]
braucht’s 3 Stunden, schlechter Feldweg, geht fast immer und zwar sehr gäh[3] bergauf; bey Litschau [Ličov] ist ein sehr hoher Berg, von wo eine sehr schöne Aussicht[4] ist. Die Gegend ist sehr bergig, zum Theil bebaut, meist Wald, auch Felsen-Stücke in der Erde.
Von Theresien-Dörfl [Pohorská Ves] fängt der geschlossene Gratzener Wald an, Joch beysammen; durch diesen fährt man; er scheint in gutem Stande. Man kommt bey einem Teiche mit Ablaß mit einer Röhre zum Ziehen [ws. Kohlstätter Teich, Uhlišťský rybnik], dann eine halbe Stunde von Puchers an Puchers-Bach, der da, wo er keinen ordentlichen Rinnsal hat, Einen mit Bäumen gemacht hat: dann sind 2 Teiche, wovon einer, wenn er voll ist, 3 Tage in Einem fort rinnen kann; bis zu diesen werden die Flöß-Bäume im Bach geschwemmt, in selbem zu 90 Schuh langen, 8 Schuh breiten Bramen gebunden, Kehr-Ruder daran angemacht, u. so im Puchersbach auf eine schauderhafte Art mit Menschen auf selben bis in die Maltsch gefahren, u. die Moldau bis Moldauthein [Týn nad Vltavou], wo sie mit anderen zusammengebunden u. größer gemacht werden. Auch wird auf dem Puchersbach Holz geschwemmt, welches aber nicht zugleich mit den Bramen-Flossen geschehen kann; die Bramen lösen sich zuweilen auf.
Puchers liegt sehr hoch, auf dem höchsten Punkt, so zu sagen, zwischen Österreich und Böhmen; es scheint viel höher, als Guttenbrunn[5]. Der Ort ist nicht übel, der Wald herum ist ausgestockt, das Wasser alles braun und viel Torf; auch werden da Kohlen gebrannt.
Durch Puchers geht die Landstraßen von Weitra nach Freystadt. Die Waldungen sind sehr groß, u. gehen bis in Österreich ob der Enns, wovon die Gränze eine ½ Stunde von Puchers ist.
– geht der Weg im Wald bergab bis Johannesthal, eine der Herrschaft Gratzen [Nové Hrady ] gehörige Glashütte, und von dieser nach Silberberg, allwo die Gränze zwischen Österreich u. Böhmen, u. zwar beyder Österreich, u. die Gratzner, Hackelbergische u. Fürstenberg‘schen Waldungen zusammenstossen. Auf der Herrschaft Gratzen sind da die zwey Glashütten eines gewissen Mayer, der prächtige feine Gläser von dem vorzüglichsten Glas, die Masse nämlich, u. superbe geschliffen erzeugt; er verkauft sie bey der Hütte, und kann nicht klecken[6]; auch sind die Schleifer da, deren Schleifwerke durch das Wasser getrieben werden; er bekommt Holz nach Bedarf von der Herrschaft Gratzen, u. muß es selbst schlagen. Die Gläser werden geblasen; jeder Blaser bläst auf seinem risico; nur das, welches geräth, wird ihm gezahlet. Die Schleifer werden für das Stück gezahlet, aber à conto von den vom Meister mit Lebensmitteln versehen; sie verdienen sich 2-3, auch mehr Gulden des Tags.
Nicht weit davon auf Österreichs Territorio ist die Glashütte eines gewissen Zich; dieser erzeugt ordinäres u. feines Glas, steht aber dem Mayer im geschliffenen Glas nach; hingegen macht er geschnittenes, wozu er mehrere Glasschneider[7] hat, deren Maschinen mit Wasser gehen; diese haben Radeln von Stahl; um ein feines Glas zu schneiden, brauchen sie ein Jahr. Die Glasschleifer haben Anfangs Räder von Schleifstein, dann von Holz, um das Geschliffene zu polieren. Zich nimmt sein Holz aus den Fürstenberg’schen Waldungen; er beschäftigt 500 Menschen; Vorhin, bevor Wir die Seeküsten verloren[8], 700 – dieser Verlust thut ihm großen Schaden. Den Kies nehmen beyde von Kaplitz; Letzterer nimmt Mennig[9] dazu, um das Glas schwer zu machen.
Von den Glashütten kommt man im Wald fort im Thal; rechts auf einem Berg ist Hirschstein [Hirschenstein], ein 1 Stock hohes, dem Gfen Hackelberg gehöriges Schloß; bey selbem ist seine Glashütte, die ordinaire [übliche] Waare, vorzüglich türkische Glasspiegel macht.
Weiter ist links in der Tiefe ein Hochofen u. Eisenhammer [Eisenwerk]: rechts hinter dem Berg sieht man den Thurm von [Pertholz, im Original freigelassen] heraus, dem Gfen Hackelberg gehörig. Das Thal öffnet sich, die Wälder werden weniger, und man kommt in einem Thal fort durch St. Martin, großer Ort mit zerstreuten Häusern, einer Kirche u. Pfarrhof, nach Weitra gehörig. Die Gegend ist bebaut, auf den Bergen Stücke Wald, vorzüglich in der Entfernung; man kommt so auf Schützenberg einem Ort, wo ehehin[10] die Gränzmauth war von Österreich, bey einer Brücke über ein Wasser [Lainsitz], und dann gäh bergauf, kommt man in eine bergige Gegend, aber viel bebaut, nach Weitra, einer Stadt mit ganz guten Häusern, einer Pfarrkirche, einem großen, 2 Stock hohen Schloß mit einem Thurm auf einem Berg in der Stadt, dem Gfen Fürstenberg gehörig; die Stadt hat auch Mauern. Von Puchers bis hier brauchts 4 Stunden; die Wege sind Feldwege und schlecht.
Von Weitra geht’s bergauf, und man kommt in einer bergigen, th. bebauten, th. mit Wald bewachsenen Gegend, zum Theil in Schluchten, auf einem steinigen, schlechten Weg bis Hirschhof [Hirschenhof], ein nach Weitra gehöriger Hof, wie ein altes Schloß – dann durch Jamersdorf[11], ein verstreutes Dorf – dann durch Rosenau, ein eben solches, und hierauf bergauf auf das Schloß Rosenau, ein, dem B. Handenberg[12] gehöriges hübsches Schloß mit hübschem Garten u. ehemaligen Thiergarten; dann ist da eine Bandfabrik, einem Privaten gehörig, die nicht genug arbeiten kann. Um das Schloß Rosenau ist die Gegend schön, gut bebaut, mit hübschen Wäldern und Äckern. Die Gegend vorher ist schlecht bebaut.
Von Weitra nach Rosenau braucht man 2 Stunden.
Von Rosenau fährt man in einer Allee durch schöne Wälder, und in einer schönen Gegend auf einer Chaussée bis Marbach, ein nach Rosenau gehöriger Hof: Dann kommt man auf eine hohe Ebene, u. sieht vorne eine Kette hoher Gebirge, Wald großen Theils, vor selber ein Thal, worin der Kamp fließt. In das Thal fährt man hinab durch einen schlechten Weg, und kommt nach Radmanstorf[13], ein großes Dorf mit einer Kirche, nach Rosenau gehörig; – dann in dem Thal des Kamp u. wieder bergauf, kommt man nach 5/4 Stunden von Rosenau nach Rapoltenstein [Rappottenstein], dem Gr. Traun gehörig, ein Markt mit einer Kirche, Pfarrhof u. einigen guten Häusern. Auf eine Viertel Stunde vom Markt ist das Schloß auf einem Felsen, eine alte u. noch bewohnbare Ritterburg mit 7 Höfen.
Von Rapoltenstein fährt man bis Weitra machen, wenigstens fehlt es nicht am Materiale; denn die ganze Gegend ist felsig, Granit, und sehen viele Felsensteine hin und da aus den Feldern heraus.
Ist guter Weg; zuerst geht’s gäh bergauf, dann gut. Zu Gratzen [Nové Hrady] ist ein altes, und ein neues, noch nicht ausgebautes Schloß, dem Gfen Bouquoy gehörig, welches aber schön wird: bey diesem ist ein schöner Garten, vorzüglich seiner Lage u. Aussicht wegen; dann in einem Thal ein noch schönerer, dem…“
Der Kaiser fuhr am 10. Mai 1810 von Schloss Lubereck [Luberegg], das sich auf Höhe von Melk auf der linken Donauseite befindet, ab. Die Reise ging am ersten Tag über Weitra und Gratzen bis Wittingau [Třeboň], wo er übernachtete. Von diesem Tag stammt augenscheinlich die Reisenotiz „Von Weitra nach Gratzen“. Am nächsten Tag schon, am 11. Mai, kam er um kurz vor acht Uhr abends in Prag an.[14] Seine erste Tagesstrecke betrug etwa 120 km, die zweite sogar 140 km.
Die Kaiserin Maria Ludovika Beatrix, die dritte Frau von Franz, begann ihre Reise am 11. Mai in Wien. Sie übernachtete am ersten Tag in Znaim [Znojmo], am zweiten in Iglau [Jihlava] und am dritten in Kollin [Kolín]. Am 13. Mai um ein Uhr Nachmittag kam sie in Prag an.[15] Ihre Tagesstrecken betrugen grob geschätzt 90 km, 80 km, 90km und 70 km.
Am 4. Juni 1810 machte sich der Kaiser von Prag nach Süden auf. Das erste Mal übernachtete er in Příbram, etwa 60 km südwestlich von Prag, das zweite Mal, am 5. Juni, in Písek, und am 6. Juni schon in Buchers. Der 7. Juni führte ihn dann über Silberberg, Joachimsthal, St. Martin, Weitra, Rosenau und Schönbach sozusagen schon nach Hause auf seine Herrschaft Gutenbrunn.[16]
Die kränkliche Kaiserin fuhr am 5. Juni 1810 morgens von Prag ab zu Kur und Behandlung nach Karlsbad [Karlovy Vary], wo sie am 6. Juni am Nachmittag ankam.[17]
Buchers im Böhmerwald. Eine Dorfchronik[18]:
„1810 den 6. Juni, geruhten Sr. Majestät der Kaiser Franz von allerhöchst ihr obersten Kämmerer Grafen Wrba und General Adjutanten Generalmajor von Kutschera begleitet, unter ununterbrochenem Zujauchzen des Volkes die ehemals raueste Waldgegend und den Markt Buchers zu besuchen, und zwar geschah dieser Einzug um 8 Uhr abends. Hochjubelnd empfingen die Bewohner der ganzen Umgebung ihren gütigen Landesvater, und am 7.Juni um 5 Uhr früh verließen seine Majestät von den besten Segenswünschen begleitet, Buchers wieder und fuhren nach Silberberg. (Pfarrgedenkbuch!)“
Sehr lebendige Berichte über die Reise von Kaiser Franz gab es in der damals in Wien dreimal wöchentlich erscheinenden Zeitung „Der Oesterreichische Beobachter“. Hier werden einzelne Meldungen zu Hin- und Rückreise in Auszügen wiedergegeben:
„Wien. Se. Maj. der Kaiser haben bereits Ihre Reise von Lubereck nach Böhmen angetreten.“
Schloss Lubereck, heute „Luberegg“ geschrieben, wurde von Franz zeitweilig als Sommersitz genutzt. Von diesem Ort, der Melk an der Donau gegenüberliegt, begann die lange und sicher auch beschwerliche Reise nach Prag.
„Prag. Die schon seit einiger Zeit gehoffte, mit innigster Sehnsucht erwartete Ankunft Sr. Majestät des Kaisers in Böhmen hat zur innigsten Freude des Landes nun Statt gefunden.
Se. Majestät der Kaiser geruheten von Ihren in Österreich liegenden Herrschaften sich am 10ten d. [10. Mai 1810] nach Böhmen zu verfügen, an diesem Tage in Gratzen die dortigen schönen Anlagen in Augenschein zu nehmen, in Wittingau zu übernachten, und von da aus [11. Mai 1810] heute Abends um drey Viertel auf 7 Uhr in Prag an zukommen.
Überall wurden Se. Majestät, Höchstwelche allen Prunk und Feste sich eigends verbeten hatten, auf die einzige Höchstihrem Vaterherzen theuere Art – mit kindischer Freude, frohem Entzücken und lautem Jubel der von allen Seiten herbeyströmenden Menge empfangen, so wie es guten Kindern ziemt, wenn sie ihren innigst geliebten, nur für sie lebenden Vater in ihrer Mitte sehen und sich an ihn anschließen können. Hochbeglückt fühlen sich die Böhmen mit der Gegenwart ihres angebeteten Monarchen, der jeden seiner Schritte mit Wohlthaten und der zärtlichsten Sorgfalt für seine Völker bezeichnet, und seinen Unterthanen stets Vater ist, nun erfreuet zu seyn. In wenigen Tagen dürfen wir auch hoffen, unsere gnädigste Landesmutter in Prag zu verehren.
[11. Mai 1810] Heute Vormittags um halb 11 Uhr sind Se. Königl. Hoheit, der Prinz Anton von Sachsen, Ihro kaiserl. Hoheit die Erzherzoginn Therese, Höchstdessen durchlauchtige Gemahlinn, und Ihro königl. Hoheit die Prinzessinn Amalie von Sachsen in Prag angekommen, und haben die für Höchstsie in der k. Burg vorbereiteten Appartements bezogen.“
[11. Mai 1810]
„Prag. Se. Maj. der Kaiser geruhten gleich bey Allerhöchst Ihrer am 11. May erfolgten Ankunft in Prag das silberne Grabmahl und Altar des heiligen Landespatrons, Johann von Nepomuk, von der Ablieferung in das Münzamt zu befreyen, und dieserwegen dem Oberstburggrafen Grafen von Wallis die gemessenen Befehle zu ertheilen.“
Augenscheinlich sollte auch das silberne Kreuz vom Grab des Johann von Nepomuk zur Rettung der Staatsfinanzen eingeschmolzen werden.
[12. Mai 1810]
„Am 12ten dieses geruheten, Se. Majestät der Kaiser die Aufwartung aller Militär-, politischen, Justiz- und ständischen Behörden, so wie auch der obersten Landesofficiere und des Prager-Domcapitels huldreichst anzunehmen.“
[13. Mai 1810]
„Um 1 Uhr Nachmittags wurde die Stadt durch die Ankunft der allverehrten Landesmutter hoch erfreuet. Überall strömte die Menge herbey, um die geliebte Fürstinn zu sehen, und Höchstderselben durch freudiges Zurufen: „Es lebe die gütige Landesmutter", die Gefühle wahrer Liebe und Ergebenheit ehrfurchtsvoll darzubringen. Ihre Maj. die Kaiserinn waren am 11ten dieses von Wien abgereiset, und hatten an diesem Tage in Znaim, am 12ten in Iglau, und am 13ten in Kollin übernachtet.“
„Wien. Wie man vernimmt, werden Se. Maj. der Kaiser den 4ten dieses Prag verlassen, sich über Pisek wieder nach Allerhöchst Ihren Familienherrschaften im Viertel Ober-Manhartsberg [Waldviertel], von dort aber nach einem kurzen Aufenthalte nach Maria Zell begeben, und am 15ten endlich in Baden nächst dieser Hauptstadt zum Gebrauch der dortigen Bäder eintreffen.
J. M. die Kaiserinn werden sich noch einige Zeit in Böhmen aufhalten, und, wie es heißt, I. kk. HH. dem Prinzen und den Prinzessinnen von Sachsen bis Töplitz das Geleit geben.“
[4. Juni 1810]
„Der heutige Tag war ein Tag des Schmerzens und tiefer Trauer für Prags Bewohner. Denn heute früh um 6 Uhr verließen Se. Majestät, von Allerhöchst Ihrem obersten Kämmerer, Grafen Wrbna, und General-Adjutanten General-Major von Kutschera begleitet, Prag, und traten Allerhöchst Ihre Rückreise an. Alle Strassen waren von Menschen gedrängt voll, die noch ein Mahl des Glückes, den geliebten Landesvater zu sehen, theilhaftig werden wollten. Innigst bewegt, den gnädigsten Landesvater schon sobald zu missen, waren Thränen und tiefe Rührung in aller Augen sichtbar. Die besten Wünsche und Segnungen begleiteten den Monarchen, und von allen Seiten erscholl der Aufruf: Gott erhalte uns unsern guten Kaiser lang, und schenke uns bald wieder seine Gegenwart.
Se. Majestät, gewohnt Verdienste jeder Art aufzumuntern und zu belohnen, haben während der allerhöchsten Anwesenheit in Prag mehrere Kreuze des Leopold-Ordens zu verleihen, mehrere Medaillen auszutheilen und mehrere Gnadenbezeugungen huldreichst zu veranlassen geruhet.
Heute früh sind Ihre kaiserl. Hoheit, die Erzherzoginn Therese, Seine königl. Hoheit der Prinz Anton und Ihre königl. Hoheit die Prinzessinn Amalie von Sachsen von hier nach Karlsbald abgereiset.“
„Folgendes sind einige in Prager-Blättern enthaltene Umstände über der Rückreise Sr. Majestät:
[4. Juni 1810]
Am 4. Juny um 8 Uhr früh trafen Se. Majestät der Kaiser in Beraun [Beroun] ein, und wurden daselbst von dem dahin in der Nacht vorangeeilten Oberstburggrafen gehorsamst empfangen. Se. Majestät geruhten daselbst die in Hinsicht auf die Erbauung einer Brücke über die Beraun gemachten Anträge, und dazu vorgeschlagenen Puncte auf das sorgfältigste zu prüfen, und den Bau einer Brücke über die Beraun als in jeder Beziehung, zumahl in commerzieller Hinsicht, überaus wichtig, an und für sich huldreichst zu genehmigen.
Allerhöchstdieselben begaben sich hierauf durch die Stadt in die am Ende der Pilsner - Vorstadt gelegene Piaristen- Residenz, und besahen das Gebäude und die darin befindlichen Schulen. In Beraun selbst war Se. Majestät von der Geistlichkeit, dem Magistrate, der Bürgerschaft, und dem von allen Seiten herbeygeeilten Volke unter Ablösung der Pöller, Trompeten und Paukenschall, Streuen von Blumen und ununterbrochenem Vivatrufen ehrerbietigst empfangen, und nächst dem Flusse Beraun ein mit Laubwerk geschmückter Ehrentempel von der Bürgerschaft errichtet worden, damit Se. Majestät gleich von da aus die verschiedenen Pläne zur Erbauung der Brücke in Augenschein nehmen, und den Lauf des Flusses übersehen konnten.
Von Beraun bis Horsowitz [Horschowitz], einer den Oberst Kämmerers Grafen von Wrbna [Rudolf Jan Bruntálský z Vrbna] gehörigen Herrschaft, war die Chaussée von Menschen, die selbst aus den entferntesten Gegenden des Königreichs gekommen waren, um sich des Glücks, den besten Monarchen zu sehen, zu erfreuen, gleichsam besäet.
In Horsowitz nahmen Se. Majestät vor Allem in dem am Schlosse zunächst gelegenen Blech- und Zainhammer [Streckhammer] die Hammer-Manipulation in Augenschein, und fuhren hierauf durch den schönen Fasangarten in das Schloß. Vor dem Schloßgarten war die Schuljugend in zwey Reihen aufgestellt, und von einer unübersehbaren Menge Volks umgeben. Unter Abfeuerung der Pöller, Trompeten- und Paukenschall und Musikchören kamen Se. Maj. durch Reihen von Bergknappen bis zur Schloßstiege an, und wurden daselbst von der gräflich Wrbnaischen Familie ehrerbietigst empfangen. Zwölf als Bauernmädchen gekleidete Beamtenstöchter giengen Sr. Majestät dem Kaiser vor, und streuten unter dem lauten Zuruf: Es lebe unser Landesvater Kaiser Franz! vor Allerhöchstdemselben Blumen.
Der Kaiser geruhete hierauf das schöne durch die seltensten nordamerikanischen Bäume, und durch Zweckmäßigkeit in der Anlage und in der Eintheilung sich auszeichnende Arboret [Sträuchergarten] mit Wohlgefallen zu besehen, und von da nach Komarow [Komárov u Hořovic] zu fahren, wo Se. Majestät von den uniformirten Bergleuten und Giessern unter Abfeuerung der Pöller mit Jauchzen empfangen wurden, und sowohl über die Einrichtung der Hochöfen, als über die im Cabinete aufgestellten Gußwaaren und auf dem eine Viertel-Stunde entfernten Eisensteinbergwerk (Giftberg genannt) über den daselbst nach der Angabe des Directors des politechnischen Instituts und Ritters des Leopold-Ordens von Gerstner erbauten Spiralkorb des Pferdegöpels das ganz besondere Allerhöchste Wohlgefallen bezeugten.
Hierauf setzten Se. Majestät die Reise über Ginez [Ginetz, Jince] fort. Um 6 Uhr Abends trafen Sie in Hlubosch [Hluboš] ein, wurden daselbst von dem Gutsbesißer Freyherrn von Hochberg ehrerbietigst empfangen, und geruheten die Seltenheiten des dortigen Schlosses zu besehen. Von Hlubosch endlich setzten Se. Majestät der Kaiser noch am nähmlichen Tage die Reise bis Przibram [Příbram] fort, und kamen daselbst um 8 Uhr Abends an.“
[5. Juni]
„Ihre Majestät die Kaiserinn haben am 5ten dieses früh um 8 Uhr, von den besten Wünschen und Segnungen von Prags Bewohnern begleitet, mit Ihrer kaiserl. Hoh. der Erzherzoginn Leopoldine die Reise nach Karlsbad angetreten, und trafen am 6. Juny zwischen zwey und drey Uhr Nachmittags, von den Segenswünschen des auf dem ganzen Strassenzuge zugeströmten Volkes begleitet, Karlsbad glücklich ein.
Zur gränzenlosen Freude der Karlsbader Bürgerschaft geruheten Ihre Majestät die unterthänigste Bitte des Magistrats, sich über die abwärts in die Stadt führende gepflasterte Strassenstrecke in einer Portechaise geleiten zu lassen, huldreichst anzunehmen, und wurden hiernach unter ununterbrochenem Freudengeschrey von der Bürgerschaft den Berg herabgetragen. Am Eintritte des für Ihre Majestät die Kaiserinn in Karlsbad bestimmten Hauses waren das k. k. Militär, das Kreisamt, die Geistlichkeit und die übrigen Behörden versammelt, um Ihre Majestät allerunterthänigst zu bewillkommen. Im Hause bis zum Eintrittszimmer des ersten Stocks bestreuten weiß gekleidete, mit Eichenlaub gezierte junge Mädchen unter ununterbrochenem Vivatrufen des Volkes die Stufen der Treppe mit Blumen, und vor dem Eintrittszimmer übergab auf weiß atlassenen Küssen eines der Mädchen Ihrer Majestät einen Blumenstrauß, und ein von Goethe verfaßtes Gelegenheits-Gedicht.
Abends war Karlsbad mit doppelten Reihen von transparenten Laternen verschiedener Farben beleuchtet, und kaum erschienen unter abwechselnden Musikchören gegen den Drey-Kreuzberg die flammenden Worte: Es lebe unsere beste Landesmutter, als diese aus den Herzen des Volks genommenen Worte tausendfach wiederhallten.“
„Böhmen. Fortsetzung der Nachrichten über die letzte Reise Sr. Maj. Des Kaisers durch Böhmen. […]
[6. Juni 1810, von Pisek über Beneschau nach Buchers]
Am 6. Juny um 5 Uhr früh geruheten Se. Maj. die Militair-Caserne, das Militair-Spital, das Regiments-Erziehungshaus, die neu erbauten Criminal-Arreste und die Kreiskanzley in Augenschein zu nehmen, und insbesondere dem Spitals-Director und Regiments-Oberarzt, Doctor Weberzik, die höchste Zufriedenheit zu bezeugen.
Um 7 Uhr verließen Se. Maj. Pisek unter denselben Feyerlichkeiten, wie bey ihrer Ankunft, und von den besten Segenswünschen aller Bewohner dieser Stadt begleitet.
An diesem Tage ging die Reise über Pistin [Pištín], wo der Kaiser, als dem ersten Orte des Budweiser-Kreises, von dem Kreishauptmanne empfangen wurde, über Budweis, wo der Bischof mit dem Kapitel, der Stab des 4ten Artillerie-Regiments, der Magistrat ec. Sr. Maj. während dem Umspannen ehrerbietigst aufwarten durften, über Kaplitz, wo Allerhöchstdieselben das Mittagsmahl einnahmen, und über Beneschau, wo Sie das nahe gelegene Eisenwerk, und die hinter Theresiendorf befindliche Holzschwemme zu besichtigen geruheten, bis Puchers, einem in einer rauhen Waldgegend liegenden Gute des Grafen Buquoi, wo Allerhöchstdieselben übernachteten, und wo ausser der festlichen Erleuchtung des ganzen Ortes, die Freudenfeuer auf den nächsten Bergspitzen der umliegenden Gegend das Glück seiner Bewohner verkündeten. Auch an diesem den letzten auf böhmischen Boden zugebrachten Tage erhielten Se. Maj. allenthalben die sprechendsten Beweise von der Liebe Ihres treuen böhmischen Volks, von dessen ungeheuchelten Vergnügen, den gütigsten Landesherrn in seiner Mitte zu wissen, und von seinem Schmerz, diese glücklichen Augenblicke so karg zugezählt zu sehen.
[7. Juni 1810, Ende der Reise durch Böhmen]
Am folgenden Morgen nahm der Kaiser noch die in der Nähe von Puchers zu Silberberg befindliche Glasfabrik des Herrn Joseph Maier in Augenschein, überzeugte sich bis ins kleinste Detail von ihren Fortschritten, geruhete selbst eine ihm angebotene Glastasse gnädigst anzunehmen, und setzte sonach, von den heissen Segnungen des von allen Seiten herbeygeströmten Volkes geleitet, seine Reise über die böhmische Gränze nach Österreich fort.“
[1] Seite 49 bis 57
[2] Benešov nad Černou nach Buchers, Pohoří na Šumavě
[3] „gach“, jäh
[4] Hradišťský vrch. Heute steht dort oben ein Aussichtsturm, der Rozhledna Hradišťský vrch
[5] Gemeint ist wahrscheinlich Gutenbrunn südwestlich von Ottenschlag. Franz besaß die Herrschaft dort seit 1795. Gutenbrunn liegt auf 858 m Seehöhe, Buchers auf 910 m.
[6] Kann nicht genug erzeugen
[7] Eigentlich „Graveure“
[8] Vielleicht ist der Frieden von Pressburg 1805 gemeint, nach dem Österreich unter anderem Venetien abtreten musste
[9] Rotes Bleioxidpulver
[10] Ehemals
[11] Es kann sich nur um Jagenbach handeln
[12] Richtig: Graf von Hardenberg (1754-1827), der das Schloss 1803 erworben hatte.
[13] Konnte nicht identifiziert werden.
[14] Der Oesterreichische Beobachter, 18. Mai 1810, S. 1
[15] Der Oesterreichische Beobachter, 21. Mai 1810, S. 1
[16] Der Oesterreichische Beobachter, 20. Juni 1810, S. 1
[17] Der Oesterreichische Beobachter, 15. Juni 1810, S. 1
[18] Online unter https://www.yumpu.com/de/document/read/2654038/abschrift-bucherser-heimat-verein, S. 73.